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Bund gibt Richtung vor

Der Bund zieht sich aus den Inflationsanleihen zurück, und zwar ab 2024. Andere Emittenten der Eurozone könnten dem Beispiel folgen.

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Von Kai Johannsen

Die Nachricht sorgt am europäischen Staatsanleihemarkt für Aufsehen: Der Benchmark-Emittent der Eurozone, an dem sich alle anderen Emissionsadressen des Euroraumes messen lassen müssen, beendet mit Beginn des Jahres 2024 komplett die Emissionen von inflationsgeschützten Bundesanleihen (sogenannte Linker). Ein rund 18 Jahre langes Kapitel des europäischen Kapitalmarktes schließt sich damit, so wie es aussieht, für immer.

Dem Bund ist aus dem Rückzug aus den Inflationsanleihen absolut kein Vorwurf zu machen. Denn die Absage an dieses Refinanzierungsinstrument erfolgt deshalb, weil es sich für den Bund nicht mehr rechnet, sondern das Produkt sogar konterkarierend mit anderen Zielen wirkt. Jeder Emittent ist verpflichtet, die Wirtschaftlichkeit seiner Funding-Instrumente regelmäßig zu überprüfen, um zu sehen, ob er die Gelder anderweitig nicht günstiger beschaffen kann. Anleiheemissionen erfolgen ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern der Emittent handelt ja für „fremde Rechnung“, im Falle des Bundes für den Steuerzahler. Und wenn der deutsche Steuerzahler Geld sparen kann, weil das Kapital in anderen Marktsegmenten günstiger aufgenommen werden kann, hat der Bund das gefälligst zu machen, sprich die Finanzagentur als Liquiditäts- und Schuldenmanager des Bundes ist schlichtweg dazu verpflichtet, dem Bund eine Einstellung zu teurer Refinanzierungsinstrumente zu empfehlen. Das hat die Finanzagentur gemacht, das ist ihr Job.

Nun drängt sich natürlich eine Frage auf: Wenn schon der Benchmark-Emittent der Eurozone, der ja aufgrund seines Status über die günstigsten Konditionen am Eurozonen-Kapitalmarkt verfügt, eine mangelnde Wirtschaftlichkeit der Inflationsanleihen feststellt, wie sieht es dann bei den Emittenten aus der zweiten und dritten Reihe des Euroraumes, also Frankreich, Spanien, Italien etc. aus? Können diese Adressen ihre eigenen Linker noch wirtschaftlich einsetzen? Oder atmen sie nun auf, nachdem der Platzhirsch mal dargestellt hat, dass für ihn Inflationspapiere schlichtweg nichts mehr bringen, nach der Devise: endlich? Könnte also gut sein, dass dem Bund bald der nächste Eurozonen-Emittent folgt und sein Linker-Engagement ebenfalls an den Nagel hängt, wenn es ihn zu viel kostet. Im Sinne des Steuerzahlers wäre es auf jeden Fall und damit definitiv zu begrüßen. Es ist zu hoffen, dass die Finanzagenturen anderer Länder mit diesen Entscheidungen dann nicht allzu lange hinter dem Berg halten und sinnlos Zeit und Geld verplempern, sondern dem Beispiel des Bundes schnell folgen.

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