Bundesliga-TV-Rechte-Verkauf steht kurz vor dem Anpfiff
Bundesliga-TV-Rechte-Verkauf steht kurz vor dem Anpfiff
Die 2 Mrd. Euro, die ein Finanzinvestor für eine 12,5%-Beteiligung zahlt, fehlen der Liga später. Die Clubs entscheiden am 24. Mai.
Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt
Fans in der Fußball-Bundesliga protestieren mit Spruchbändern und Gesängen gegen den möglichen Teilverkauf von Medienrechten an Finanzinvestoren durch die Deutsche Fußball Liga (DFL). Auf einem der Banner während der Partie zwischen Borussia Dortmund und dem 1. FC Union Berlin stand: „Nein zu Investoren in der DFL!“ Auf anderen hieß es: „Ihr verkauft unsere Seele“ und „Die Liga gehört uns allen – gegen Investoren.” Zur Aktion aufgerufen hatte das Bündnis Südtribüne Dortmund.
Im Ringen um eine Beteiligung an den Medienrechten der deutschen Fußball-Bundesliga steht bald die Entscheidung an. Am 24. Mai stimmen die 36 Clubs der ersten und zweiten Bundesliga darüber ab, ob eine milliardenschwere 12,5%-Beteiligung an der DFL an einen Finanzinvestor verkauft werden soll. Im Rennen dafür sind noch CVC, Blackstone, EQT und Advent International, nachdem KKR und Bridgepoint bereits ausgeschieden waren. Im ersten Schritt sollen nun drei Bieter in die engere Wahl genommen werden. Es muss also noch einer ausscheiden.
Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung der DFL sollen die Clubs am 24. Mai “die Eckpunkte einer strategischen Partnerschaft” billigen, bevor es in die Detailverhandlungen geht, wie der Liga-Verband im April mitgeteilt hatte. Die Clubs müssen überzeugt werden. Denn es braucht eine Zweidrittelmehrheit. In mehreren Gesprächsrunden, bei denen pro Club drei Vertreter dabei sein dürfen, wirbt die Interims-Geschäftsführung mit Axel Hellmann und Oliver Leki derzeit für die “zeitlich begrenzte Minderheitsbeteiligung” eines Private-Equity-Unternehmens. Vereinfacht ausgedrückt lautet der Plan: Ein Finanzinvestor zahlt Milliarden und erhält über einen jahrzehntelangen Zeitraum einen Teil der Erlöse aus dem Verkauf der TV-Rechte.
Es geht nach jetzigem Stand um einen Anteil von 12,5% an einer Gesellschaft zur Verwertung der Vermarktungsrechte an der Fußball-Bundesliga, mit der die DFL in den nächsten Jahren ihre Medieneinnahmen vor allem im Ausland steigern will. Der Investor soll rund 2 Mrd. Euro zahlen und bekommt dann über 20, 25 oder 30 Jahre einen Anteil an den Erlösen.
Das lohnt sich. Für die Saison 2021/22, die in weiten Teilen durch die Corono-Pandemie geprägt war, gibt es Kennzahlen: 3,61 Mrd. Euro Umsatz erzielten die 18 Clubs des Bundesliga. Das entspricht einer Steigerung von 3,9% im Vergleich zur Vorsaison. Von den gesamten Einnahmen entfallen 1,38 Mrd. Euro oder 38% auf die mediale Verwertung. Zum Vergleich: Der Umsatz der höchsten deutschen Spielklasse in der letzten Vor-Corona-Saison 2018/19 lag bei 4,02 Mrd. Euro.
Aus Sicht der Fans wäre der Verkauf jedoch eine Art Dammbruch. Sie unterscheiden kaum, ob ein Teil der Vermarktungserlöse versilbert wird, um damit in Themen wie die Digitalisierung zu investieren – oder ob einem Private-Equity-Unternehmen die Mehrheit an einem einzelnen Verein gehört. Beides ist für viele Fußballbegeisterte des Teufels. Durchgesickert ist, dass knapp 1 Mrd. Euro in ein Digitalisierungsprojekt fließen soll. Der größere Teil soll an die Clubs gehen – teils frei verfügbar, teils zweckgebunden. Was dementsprechend erwartbar kurzfristig steigen wird, sind die Spielergehälter, Ablösesummen und Beraterhonorare.
Fans gebeutelt
Schon gebeutelt von Finanzinvestoren fühlen sich beispielsweise die Anhänger von Hertha BSC. Im November 2022 hat der US-Finanzinvestor 777 Partners vom umstrittenen Unternehmer Lars Windhorst dessen Anteile in Höhe von 64,7 % an der Hertha BSC GmbH & Co KGaA übernommen. Die Transaktion ist der bisher größte Kauf eines ausländischen Unternehmens in der Fußball-Bundesliga und für 777 Partners das größte einzelne Investment im Sportgeschäft.
Es ist auch das jüngste Beispiel für den Trend, mehrere Clubs in einer Unternehmensgruppe zu versammeln. Der in Miami ansässige Finanzinvestor 777, der von den Mitbegründern Steven Pasko und Josh Wander geleitet wird, gehört zu den Firmen, die Vereine aufkaufen, um sich die lukrativen Erträge aus dem Geschäft mit dem Fußball zu erschließen. Die starke Nachfrage der Investoren nach Beteiligungen an Vereinen hat sie sogar nach Deutschland gelockt, obwohl hierzulande strenge Eigentumsvorschriften, die den Bedürfnissen der Fans Vorrang vor finanziellen Exzessen einräumen, Käufer jahrelang abgeschreckt haben. Vor allem US-Investoren sind vom Wachstumspotenzial und den niedrigeren Bewertungen des europäischen Fußballs im Vergleich zu ihrer Heimat angetan.
Während sich die Befürworter des DFL-Rechteverkaufs bisher öffentlich kaum äußern, sind einige Kritiker des Milliarden-Segens auf Pump schon deutlich geworden. “Das Geld, das die Liga jetzt bekommt, wird ihr mittel- bis langfristig fehlen”, sagte der Kölner Vizepräsident Eckhard Sauren der “Süddeutschen Zeitung”. Er kritisierte, dass “zentrale künftige Einnahmen vorgezogen werden sollen”.
“Es geht um Kapitalmaximierung”
Sauren ist als Fondsmanager ein Mann vom Fach und sagte über Private-Equity-Unternehmen: “Es ist kein Ziel einer solchen Gesellschaft, die deutsche Fußballkultur zu erhalten. Da geht es um Kapitalmaximierung.” So etwas hören viele Fans, deren Meinung in einigen Clubs großen Einfluss hat, nicht gerne.
Andere Ligen haben bereits über Investoren-Modelle viel Geld eingenommen: 2,7 Mrd. Euro kassierte die spanische La Liga, 1,5 Mrd. Euro bekam die französische Ligue 1. Investiert hat in beiden Fällen CVC Capital Partners. Nur Real Madrid und der FC Barcelona lehnten das Zusammenkommen der La Liga mit dem Finanzinvestor ab. Im Falle der Ligue 1 ging es um einen Anteil von 13%. Das Geld wurde unter den Erstligisten aufgeteilt.
CVC hat Erfahrung mit der Vermarktung von Senderechten an Sportveranstaltungen. Die Briten, die formal ihren Sitz wie viele andere Private-Equity-Firmen in Luxemburg haben, waren Eigentümer des milliardenschweren Autorennenveranstalters Formel 1. Das Private-Equity-Unternehmen, das in Deutschland von Ex-Goldman-Sachs-Investmentbanker Alexander Dibelius geführt wird, gehört vor dem Hintergrund dieser einschlägigen Erfahrungen mit der Sportbranche zu den Interessenten, denen die größte Chance auf den Zuschlag für die DFL-Rechte eingeräumt wird.
Dementsprechend groß wird das Interesse daran sein, wie sich der Einstieg von CVC bei der Ligue 1 auswirkte. Der Aufteilungsschlüssel der französischen Erstligisten für den Erlös aus dem Anteilsverkauf ist jedenfalls bekannt – und recht ungleich: Paris Saint-Germain erhielt mit rund 200 Mill. Dollar den größten Anteil. Lyon und Marseille erhielten jeweils etwas weniger als 100 Mill. Dollar, während mehrere andere Vereine, darunter Nizza und Monaco, etwa 87,7 Mill. Dollar bekamen.
Mit zahlreichen Spruchbändern haben Fans in der Fußball-Bundesliga gegen den möglichen Teilverkauf von Medienrechten an Finanzinvestoren durch die Deutsche Fußball Liga (DFL) protestiert.