Notiert in New York

Burger gegen alle Widerstände

Wer als Kunde im New Yorker Dienstleistungssektor unterwegs ist, braucht starke Nerven. Die Burgerkette Shake Shack wehrt sich fast ebenso standhaft gegen die eigenen Restaurantgäste wie gegen aktivistische Investoren.

Burger gegen alle Widerstände

Notiert in New York

Hart erkämpfte Burger

Von Alex Wehnert

In der Filiale der Burgerbraterei Shake Shack in Harlem herrscht große Verwirrung. Zahlreiche Kunden stehen mit gezückten Mobiltelefonen vor dem Abholschalter – eigentlich hätten sie eine SMS erhalten sollen, sobald ihre Bestellung fertig ist, doch die Nachrichten bleiben aus. Endlich wagt sich ein Kunde vor, durchkämmt eine Art Wühltisch, auf dem mehrere Shake-Shack-Tüten aufgetürmt sind, und zerrt aus dem Haufen sein Mittagessen hervor. Als eine Mitarbeiterin vorbeikommt, um kommentarlos die nächsten Bestellungen auf den Stapel zu knallen, fragt ein Gast nach, warum es keine Benachrichtigung aufs Handy gab – er stehe nun schon länger in der Filiale herum und sein Burger sei in der unnötig auf dem Wühltisch verbrachten Zeit kalt geworden. Das SMS-Gerät sei kaputt, antwortet die Beschäftigte lapidar und dampft ab.

Null-Bock-Haltung als Berufsgrundsatz

Viele New Yorker sind bereits daran gewöhnt, sich ihre Bestellungen bei Shake Shack und anderen Fast-Food-Anbietern gegen die Widerstände des Personals erkämpfen zu müssen, dem in Eigeninitiative getätigte Hinweise an die Kundschaft abseits von "Wir schließen gleich" nie in den Sinn kämen. Schlecht bezahlte Mitarbeiter mit niedrigem Ausbildungsniveau, deren Berufsethos sich mit den Worten "Null Bock" zusammenfassen lässt, sind gar im gesamten Dienstleistungssektor der Empire City die Norm. Wer schon einmal versucht hat, beim Elektronikhändler Best Buy einen defekten Drucker umzutauschen, der weiß, wovon hier die Rede ist. Dieser eigentlich so simple Vorgang kann gut und gerne zwei Stunden in Anspruch nehmen, in deren Verlauf der Kunde innerhalb des Geschäfts von Pontius zu Pilatus pilgern und drei verschiedenen Mitarbeitern ihre Store Policy (Umtausch von Geräten binnen zwei Wochen nach Erwerb möglich, angeblich ohne Rückfragen) erklären muss.

Flaggschifffiliale von Macy's am Herald Square: Bei der Kaufhauskette bahnt sich der Versuch einer feindlichen Übernahme an. Foto: NDZ/STAR MAX/IPx.

Dabei kristallisiert sich ein Grundsatz im New Yorker Retailbetrieb heraus: Geduld hilft nicht – nur, wer ohne Rücksicht auf Verluste ein möglichst großes Rambazamba veranstaltet, erhält auch Hilfe. Die zweite Maxime: Die in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen stehenden Grüßauguste, die durch die Läden streifen, im Geiste großer Bürokraten wirken und Kunden darauf hinweisen, sich in der Kassenschlange doch bitte exakt 15 Zentimeter rechts von ihrer aktuellen Position einzureihen, sind getrost zu ignorieren. Wer im Flaggschiffstore des Kaufhausbetreibers Macy's am Herald Square einkauft, hat sonst bald den Eindruck, an der Echternacher Springprozession teilzunehmen.

Die Warenhauskette will durch Filialschließungen und Entlassungen von Bürokräften Mittel freisetzen, um in ein verbessertes Shopping-Erlebnis sowie den Online-Auftritt zu investieren – und somit nebenbei weniger Angriffsfläche für zwei aktivistische Investoren bieten, die gerade den Versuch einer feindlichen Übernahme einleiten. Shake Shack hat sich hingegen bereits im vergangenen Jahr fast ebenso erfolgreich gegen einen Aktivistenattacke gewehrt wie gegen die eigene Kundschaft.