Chatbots und Storys reichen nicht
Zalando
Chatbots und Storys reichen nicht
Von Karolin Rothbart
Europas größter Online-Modehändler Zalando will noch größer werden – und zwar per sofort, mithilfe eines Zukaufs. Der Berliner Dax-Konzern plant, sich den Hamburger Rivalen About You für 1,1 Mrd. Euro einzuverleiben und mit ihm „bestehende Ineffizienzen in der Branche zu überwinden“. Gemeint sind vor allem Doppelstrukturen im Unternehmenskundengeschäft, in der Logistik, im Zahlungsverkehr und in der kommerziellen Zusammenarbeit. Wer in diesen Bereichen seine Kräfte bündelt, so das Kalkül des Konzerns, dem können sich in dem mehr als hart umkämpften Markt nochmal ganz neue Wachstumsperspektiven eröffnen.
Für Zalando bedeutet das eine Anpassung der bisherigen Strategie. Angesprochen auf die immer aggressiver vorgehenden Fast-Fashion-Konkurrenten aus Fernost wie Temu, Shein wies das Unternehmen in der Vergangenheit stets darauf hin, sich mit seinem Fokus auf hochwertige Markenprodukte von diesem Ultrabillig-Segment abzugrenzen. Stattdessen arbeiteten die Berliner regelmäßig und beflissen daran, das Shopping-Erlebnis auf ihrer Plattform immer weiter zu optimieren, etwa mit einer KI-basierten Größenempfehlung, mit einer Kaufberatung via Chatbot oder mit der Einführung sogenannter Storys, also kurzer Video- oder Foto-Clips.
Im unerbittlichen Wettbewerb mit chinesischen Dumping-Anbietern scheint das aber nicht zu genügen, zumal diese ihre Einkaufstechnologien ja selbst ständig verbessern. So hat sich Zalando mit der Übernahme von About You nun also den Rat von Kritikern zu Herzen genommen und den Fokus zusätzlich auf eine jüngere Zielgruppe gerichtet, die der Konzern – wenn es gut läuft – von Anfang an langfristig an sich binden kann. Dies ist ein weiterer Pluspunkt, der zu den erhofften Skaleneffekten hinzukommen kann.
Die Zalando-Aktionäre müssen davon freilich erst mal überzeugt werden. Ihre anfangs skeptische Reaktion auf den Deal dürfte damit zusammenhängen, dass About You noch immer defizitär ist und die Profitabilität der Berliner kurzfristig belasten könnte. Es kommt nun darauf an, wie schnell die Modehändler liefern können.