KommentarImmobilienmarkt

Das unsichere Spiel der Preisprognosen

Die Bundesbank äußert sich nur vage über den künftigen Verlauf der Immobilienpreise, denn Märkte halten sich selten an Prognosen. Die Unsicherheit hat einen hohen Preis.

Das unsichere Spiel der Preisprognosen

Immobilienpreise

„Gewiss“ heißt „ungewiss“

Von Jan Schrader

Die Bundesbank äußert sich vage zum künftigen Verlauf der Immobilienpreise. Komplexe Märkte halten sich selten an Prognosen. Die Unsicherheit hat einen Preis.

Niemand weiß, wann die Immobilienpreise ihren Tiefpunkt erreichen. Die Bundesbank bleibt mehrdeutig: Verschiedene Schätzungen zeigen demnach zwar noch immer eine Überbewertung deutscher Immobilien an, und zwar je nach Modell von 10%, 15% oder 20%. Droht nun also ein weiterer Preisrutsch? So genau wollen es die Ökonomen und Statistiker dann doch nicht prophezeien. Es besteht demnach ein „gewisses“ Risiko. Das ist reichlich vage. War nicht viel eher „ungewiss“ gemeint?

Schon die Vermessung der Preisentwicklung ist für heterogene Güter wie Immobilien unscharf. Statistisches Bundesamt, Bankenverband VDP, Kreditplattformbetreiber Hypoport, Kieler Institut für Weltwirtschaft und die Bundesbank auf Grundlage von Daten der Analysefirma Bulwiengesa melden zwar allesamt fallende Preise, doch im Detail sind die Ergebnisse verschieden. Wann Erholung einsetzt, lässt sich noch schwerer bestimmen.

Hinterher scheint freilich alles klar: Sinkende Zinsen, steigende Einkommen und ein hohes Vertrauen in Betongold haben – neben anderen Veränderungen – den Boom bis ins Jahr 2022 hinein getragen. Wie aber sieht die Formel für die künftige Entwicklung aus, und wie entwickeln sich Variablen wie Energieeffizienz und Heizkosten, demografischer Wandel und Arbeitsmarkt, Konjunktur und Bautätigkeit, Zinsniveau und Erwartungen? Eine kleine Verschiebung hier, eine neue Gewichtung dort, und schon sieht die Prognose gänzlich anders aus. Auch diesmal wird die Entwicklung erst hinterher klar erscheinen.

Wo droht der Preisverfall?

Auguren setzen unterschiedliche Akzente. Während die Bundesbank eine Überbewertung auch in Städten ausmacht, erwartet der Kreditvermittler Dr. Klein stärker fallende Preise in ländlichen und strukturschwachen Regionen. Wo droht die stärkste „Korrektur“? Das ist gewiss ungewiss!

Unsicherheit hat ihren Preis. In der gewerblichen Immobilienfinanzierung geraten Banken wegen trüber Aussichten und hoher Risikovorsorge unter Druck. In der Wohnfinanzierung haben sich die Geldhäuser mit einer langen Zinsbindung Stabilität erkauft, so dass sich hohe Kreditausfallquoten – diese Prognose sei gewagt – nicht abzeichnen. Zugleich können die Kreditinstitute den Zinsanstieg aus dem Jahr 2022 nur langsam im Kreditgeschäft umsetzen. Leider ist unsicher, wann das Wohnkreditgeschäft wieder in Fahrt kommt. Nicht nur Preise unterliegen einem „gewissen Risiko von Korrekturen“, sondern auch Prognosen.

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