LeitartikelKreditwirtschaft

Der Abschied der alten Banker

Personalmanagement in Banken und Sparkassen sollte Chefsache sein - auch wegen der engen Wechselbeziehung zur nachhaltigen und digitalen Transformation.

Der Abschied der alten Banker

Kreditwirtschaft

Der Abschied der alten Banker

Von Detlef Fechtner

Personalmanagement ­sollte Chefsache sein – auch ­wegen der Wechsel­beziehung zur digitalen und nachhaltigen ­Trans­formation.

Früher einmal wurden die Geschäftsmodelle von Banken nach wettbewerblichen Aspekten gesteuert. Entscheidend war, in welchen Aktivitäten eine Bank den Kunden mehr bieten konnte als die Konkurrenz. Nach der Finanzkrise gewann die Regulatorik an Einfluss auf die Geschäftsmodelle. Die maßgebliche Frage lautete, welche Aktivitäten sich angesichts von Berichtspflichten und anderen Vorgaben für eine Bank überhaupt lohnten. Und heute? Vorstände berichten, dass immer häufiger relevant ist, ob ein Haus für eine bestimmte strategische Weichenstellung über das erforderliche Personal verfügt.

So hängt zum Beispiel der Umfang des Filialnetzes eines Instituts längst nicht mehr nur am Kundenbedarf, sondern auch an der Frage, ob an einem Standort ausreichend Mitarbeiter zum Betrieb der Zweigstelle zur Verfügung stehen. Einige Institute haben begonnen, Personal von Supermarktkassen oder Hotelrezeptionen für Bankfilialen abzuwerben. Der darin zum Ausdruck kommende (Fach-)Kräftemangel dürfte noch erheblich wachsen, weil die Babyboomer in den kommenden Jahren in Rente gehen. Studien rechnen vor, dass in diesem Jahrzehnt mehr als 30% aller Stellen in Banken durch Renteneintritt frei werden dürften – was in einer Branche, in der das Durchschnittsalter der Beschäftigten oberhalb von Mitte 40 liegt, nicht überrascht.

Mit den langjährigen Mitarbeitern verlieren die Finanzinstitute Erfahrung und Expertise, manchmal sogar Kundenbeziehungen, die sich auf persönliche Beziehungen gründen. Und doch könnte sich der absehbare Abschied der alten Banker – darunter viele Banker der alten Schule – nicht nur als Fluch, sondern auch als Segen für die Kreditwirtschaft erweisen. Schließlich schafft der Ausstieg langjähriger und deshalb meist gutbezahlter Angestellter zum einen finanzielle Ressourcen für attraktive Angebote an Berufseinsteiger und erleichtert zum anderen die oft notwendigen Anpassungen des Personalbestands an neue Realitäten. Immerhin ist ja auch der Bedarf an Arbeitskraft in Banken und Sparkassen merklich gesunken. Seit der Jahrtausendwende haben vor allem Konsolidierung, Standardisierung und Automatisierung im Bankgewerbe dafür gesorgt, dass sich in Deutschland die Stellenzahl in der Kreditwirtschaft um ein Drittel verringert hat.

Darüber hinaus könnte der Renteneintritt der Babyboomer sowohl die digitale als auch die nachhaltige Transformation der Banken beschleunigen. Viele Prozesse in Banken verändern sich gerade radikal – angefangen von der Kundenansprache, die Vertrautheit mit digitalen Arbeitsmitteln erfordert, bis hin zur ESG-Integration, also der wachsenden Bedeutung nichtfinanzieller Kennziffern in Geldanlage und Kreditvergabe, die eine andere Denke nötig macht. Das alles können sich natürlich auch diejenigen aneignen, die schon lange in der Bank sind. Aber längst nicht alle, so berichten Manager, sind dazu bereit – während die Jungen als Digital Natives und früh für die Folgen des Klimawandels sensibilisierte Menschen andere Voraussetzungen für die Transformation mitbringen. Nicht zuletzt wegen dieser engen Wechselbeziehung zur Transformation rücken Personalplanung und -entwicklung immer stärker ins Zentrum strategischer Planung. Anders ausgedrückt: Personalmanagement sollte Chefsache werden.

Der personelle Wandel in den nächsten Jahren könnte die Kreditinstitute sogar als Arbeitgeber attraktiver machen. Denn Studien und Umfragen kommen zum Ergebnis, dass es nicht in erster Linie das Gehalt ist, das für talentierte Arbeitskräfte spielentscheidend ist, sondern vielmehr die Aussicht auf eine abwechslungsreiche Tätigkeit mit glaubwürdigen Entwicklungschancen. Also ein Job, der die Kompetenz nicht unterfordert. Das bedeutet, dass man diejenigen, die schon da sind, nur bindet und diejenigen, die man anheuern will, nur gewinnt, wenn man ihnen sowohl Verantwortung als auch Perspektive bietet. Das wiederum dürfte sich wesentlich glaubwürdiger in Zeiten umsetzen lassen, in denen sich auch in den oberen Etagen viel bewegt – und eine Generation in Führung gelangt, für die Homeoffice, Fehlerkultur, Diversität oder datenunterstütztes Arbeiten von Beginn ihres Berufslebens an vertraute Begriffe gewesen sind.

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