Im BlickfeldSpanische Banken

Der Blick auf die Politik trübt die Rekorde

Spaniens Banken feiern ein hervorragendes erstes Halbjahr, doch es drohen neue Auflagen und Abgaben, sollte die Linksregierung von Pedro Sánchez im Amt bleiben.

Der Blick auf die Politik trübt die Rekorde

Der Blick auf die Politik trübt die Rekorde

Spaniens Banken feiern ein hervorragendes erstes Halbjahr, aber es könnten neue Auflagen und Abgaben auf sie zukommen, sollte die Linksregierung von Pedro Sánchez im Amt bleiben.

Von Thilo Schäfer, Madrid

Bei der Vorlage der Halbjahresbilanzen Ende Juli konnten Spaniens Banken mit üppigen Ergebniszuwächsen und Rekorden auftrumpfen. Die Reingewinne der sechs börsennotierten Kreditinstitute erhöhten sich bis Juni gegenüber dem Vorjahr um 21%. Santander, BBVA und Banco Sabadell verbuchten sogar ihr bestes erstes Halbjahr überhaupt. Der Grund für die sprudelnden Einnahmen ist die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB), wobei die international breit aufgestellten Santander und BBVA in den Auslandsmärkten ebenfalls von höheren Zinsen profitierten.

Spaniens Banken verdienen ihr Geld – mehr als die meisten europäischen Mitbewerber mit dem klassischen Kreditgeschäft für Privatkunden und Unternehmen. Die steigenden Zinsen schlagen sich daher in höheren Erträgen nieder, vor allem bei den hierzulande traditionell stark verbreiteten Hypotheken. Die Bilanzen wären sogar noch besser ausgefallen, gäbe es da nicht die Sondersteuer auf die vermeintlichen Übergewinne der Geldhäuser. Die Koalitionsregierung der Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez und den Linken besteuert die Einnahmen aus Zinsertrag und Provisionen für 2022 und 2023 mit 4,8%. Das Argument lautet, dass die Banken, ähnlich wie die Energieversorger, von der durch die Zinswende ausgelösten Krise profitieren würden. Sánchez verteidigte die Maßnahme sogar mit persönlichen Angriffen auf Vorstände wie Ana Botín, die Vorsitzende von Branchenprimus Santander.

Ohne diese Abgabe wäre der Gewinn von BBVA in Spanien statt um 57% sogar um 80% gestiegen und der von Caixabank, die als Markführer daheim mit 379 Mill. Euro den größten Batzen der Steuer zahlen musste, statt um 45% um 60%.

Wäre es nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 23. Juli zu einem Regierungswechsel gekommen, hätten die Kreditinstitute mit einem Ende der Bankensteuer und anderen ihnen unangenehmen Maßnahmen rechnen können. Doch es reichte für den Konservativen Alberto Núñez Feijóo nicht zur erforderlichen Mehrheit im Unterhaus, obwohl seine PP die meisten Stimmen und Sitze errang. Sánchez hat dagegen rechnerisch die Möglichkeit, wiedergewählt zu werden, doch steht ihm ein äußerst schwieriger Verhandlungsprozess mit katalanischen und baskischen Nationalisten bevor, der sich über Wochen hinziehen dürfte.

Weniger Kredite

Auf den Bilanzpressekonferenzen wichen die Bankvorstände Fragen zur Politik aus unter Verweis darauf, dass man ja noch nicht wisse, wer demnächst das Land regieren wird. Lediglich Gonzalo Gortázar, der CEO von Caixabank, hielt erneut ein Plädoyer gegen die Bankensteuer. “Unsere Ergebnisse sind gut, denn wir wachsen ausgehend von einem sehr niedrigen Ausgangspunkt.“ Unter Verweis auf das Platzen der Immobilienblase 2008 erklärte er: “Wir kommen aus einer sehr schweren Krise und einer langen Periode mit Negativzinsen, während der wir für die Einlagen der Kunden nichts berechnet haben.“

Just bei den Spareinlagen droht den Banken nun ebenfalls Ungemach, sollte Sánchez im Amt bleiben. Seine Stellvertreterin und Finanzministerin Nadia Calviño beauftragte im Juni die spanische Wettbewerbsaufsicht CNMC mit einem Gutachten darüber, warum die Vergütung der Sparkonten in Spanien weit unter dem Durchschnitt in Europa liegt. Sabadell zahlte im Juni mit 0,76% die höchsten Zinsen in der Branche. Der Ärger der Kunden wächst spürbar. Doch die Banker machten auf den Pressekonferenzen klar, dass es auf absehbare Zeit kein Geld fürs Spar- und Girokonto geben wird und allenfalls 2024 sich etwas ändern könnte.

“Wir erwarten in der nahen Zukunft keine wesentlich höhere Verzinsung der Konten.”

Héctor Grisi, Santander

“Wir erwarten in der nahen Zukunft keine wesentlich höhere Verzinsung der Konten“, erklärte der CEO von Santander, Héctor Grisi, fast wortgleich wie sein Kollege Onur Genç von BBVA. Die Banken müssten gerade nicht um das Ersparte der Bürger buhlen, denn sie verfügten über ausreichende Liquidität, sagten die Vorstände. Das gilt sogar, nachdem Spaniens Banken den Großteil der TLTRO-III-Kredite der Europäischen Zentralbank zurückgezahlt haben.

Die üppigen liquiden Mittel der Banken zeigen aber auch die andere Seite der Folgen der Zinswende. Die Nachfrage nach Krediten geht in Spanien zurück. Das gilt besonders für Hypotheken, denn viele Menschen schrecken beim Wohnungskauf vor den hohen Zinsen zurück. „Das Kreditportfolio ist im Verhältnis zu den Einlagen gesunken, deshalb gibt es mehr Liquidität“, erklärte Gortázar von Caixabank. Bis zum Jahresende wird die Kreditvergabe weiter zurückgehen, glauben die Banker.

Hilfen für Hypothekenkunden

Die Qualität der Kredite hat sich allen Befürchtungen zum Trotz nicht erheblich verschlechtert. Der Anteil fauler Kredite betrug im Juli 3,6%, weit entfernt von den mehr als 13% von 2013 infolge der Finanzkrise. Spaniens Konjunktur zeigt sich derzeit robuster als anderswo in Europa, und der Arbeitsmarkt ist stabil. Die Banken sind selbst überrascht darüber, dass sich bislang nur 33.000 Haushalte für Hilfen bei der Zahlung ihrer Hypothek beworben haben, wie etwa Stundungen oder das Einfrieren variabler Zinsen. Die Linksregierung hatte mit der Finanzbranche einen freiwilligen Kodex vereinbart, den die Banken nach eigenen Angaben rigoros umsetzen.

Doch im Wahlkampf spielten Sánchez und Calviño mit dem Gedanken, die Freiwilligkeit durch feste Vorgaben zu ersetzen, die dann auch härter würden. So denken die Sozialisten über eine Laufzeitverlängerung der Hypotheken von bis zu sieben Jahren nach, um einkommensschwache Haushalte bei der Rückzahlung zu unterstützen. Das würde nicht nur an die Rendite dieser Produkte schmälern. Die Banken fürchten auch, dass sie die betroffenen Darlehen im Kreditportfolio schlechter einstufen müssten, was wiederum zu mehr Aufwendungen für die Risikovorsorge führen könnte.

Gute Kapitalausstattung

Derzeit ist die Kapitalausstattung der spanischen Banken jedoch so gut wie seit Jahren nicht mehr. Die Eigenkapitalrendite (RoTE) der vier Großen beträgt über 12%, im Fall von BBVA erreicht sie sogar fast 17%. Das harte Eigenkapital (CET1) liegt ebenfalls locker über dem angestrebten Wert von 12%. BBVA und Caixabank gaben aufgrund des Überschusskapitals sogar Aktienrückkäufe im Wert von 1 Mrd. Euro beziehungsweise 500 Mill. Euro bekannt. Bei den jüngsten europäischen Stresstests der Bankenaufsicht EBA schnitten Spaniens Geldinstitute besser ab als der Durchschnitt.

Trotz der guten Geschäftsentwicklung nach der langen Dürre durch die Negativzinsen klagen die Bankvorstände darüber, dass die Aktienkurse weiterhin unter dem Buchwert der Geldhäuser liegen. Ob sich das bald bessert, hängt auch mit den Verhandlungen zur Regierungsbildung zusammen. Bei den Präsentationen der Zahlen für das dritte Quartal Ende Oktober sollten die Banker im Prinzip wissen, ob Sánchez und Calviño im Amt bleiben und ihre Pläne, wie eine Verlängerung der Bankensteuer, weiterverfolgen können oder ob es zu Neuwahlen kommt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.