Notiert inNew York

Der Hafen der Zukunft

New York treibt eine Masse an Innovationsprojekten an, die künftig milliardenschwere Beiträge zur städtischen Wirtschaft leisten sollen. Gefördert werden diverse Start-ups und Klimatechnologien. Die Glücksspielindustrie, die in Manhattan neue Casinos hochziehen will, muss sich indes gedulden.

Der Hafen der Zukunft

Notiert in New York

Der Hafen der Zukunft

Von Alex Wehnert

Die Passagiere der kleinen Fähre, die an diesem eisig kalten Märzmorgen auf dem East River auf und ab kreuzt, werden ordentlich durchgerüttelt. Denn das weiß lackierte, doppelstöckige Boot ist abseits der üblichen Route von der Wall Street nach Astoria unterwegs und schneidet daher durch die Bugwellen größerer Wasserfahrzeuge. Die Abweichung vom Fahrplan ist nicht auf die Kapriolen eines Kapitäns zurückzuführen, der nach 40 Jahren Flussschifffahrt mental abgetakelt hat. Vielmehr will Andrew Kimball, CEO der New York City Economic Development Corporation, die auch Eigentümerin der städtischen Fähren ist, den an Bord Anwesenden bei strahlender Sonne und pfeifendem, von der Bucht hereinwehenden Wind einige seiner ambitioniertesten Stadtentwicklungsprojekte zeigen – und das geht am besten vom Fluss aus.

Milliardenbeitrag zur städtischen Wirtschaft

Denn entlang des East River soll in New York der „Hafen der Zukunft“ entstehen. Vom Lebensmittelgroßmarkt im Bronx-Viertel Hunts Point, der umfangreich modernisiert werden soll, über Kips Bay in Midtown Manhattan, wo ein Wissenschaftspark entsteht, und das Start-up-Labor in der ehemaligen Militärwerft Brooklyn Navy Yard bis hin zum South Brooklyn Marine Terminal als Basis für den Aufbau von Offshore-Windfarmen hat die Stadt eine Masse an Innovationsprojekten angestoßen. Diese sollen insgesamt 53.000 Jobs generieren und einen Beitrag von 95 Mrd. Dollar zur kommunalen Wirtschaft leisten.

Dafür sind große Investitionen nötig, die aus Mitteln der Stadt und des Bundesstaats, aber auch Bundesprogrammen wie dem Inflation Reduction Act fließen sollen. Allerdings betont Entwicklungsdirektor Kimball auch die Bedeutung von Mittelzuflüssen aus dem Privatsektor – die beileibe nicht nur aus den USA stammen. Deutschland ist beispielsweise der drittgrößte Investor in New Yorks grüne Wirtschaft.

Bedarf an neuen Geldgebern

Im „Hafen der Zukunft“ gibt es dabei durchaus noch Bedarf an Geldgebern: Für das Brooklyn Army Terminal, das dem eisigen Wind aus der Bucht Ende März besonders ausgeliefert ist und das zum Klima-Innovationshub werden soll, sucht die Economic Development Corporation noch ein Konsortium, das Investitionen von 100 Mill. Dollar stemmen soll. Noch herrscht auf vielen Stockwerken des ehemaligen Verladezentrums der US-Armee nämlich gähnende Leere.

Umso ambitionierter treiben der demokratische Bürgermeister Eric Adams und seine Parteifreundin, Gouverneurin Kathy Hochul, ihre übrigen Entwicklungsprojekte voran – zumindest auf dem Feld der Klimatechnologie und der Start-up-Förderung. In anderen Bereichen benötigen Unternehmer mehr Geduld. So will die Glücksspielindustrie am Hudson River neue Casinos hochziehen. Die staatliche Glücksspielkommission will über die Freigabe für Lizenzen aber erst im kommenden Jahr entscheiden. Kritiker, auch aus der Stadtverwaltung, argumentieren, dass die Verzögerung ökonomischen Schaden verursache. Im Gegensatz zu Klima-Zukunftsprojekten schüfen die Casinos nämlich sofort Jobs.

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