Im BlickfeldUS-Großbank

Der Kampf um die Spitze von J.P. Morgan beginnt

CEO Jamie Dimon hat die Führungsmannschaft von J.P. Morgan neu aufgestellt. Das heizt Spekulationen darüber an, welcher Spitzenmanager den Vorstandschef beerben könnte.

Der Kampf um die Spitze von J.P. Morgan beginnt

Der Kampf um die Spitze
von J.P. Morgan beginnt

Potenzielle Nachfolger von CEO Jamie Dimon bringen sich in Stellung

Von Alex Wehnert, New York

Bei Amerikas bedeutendster Bank bahnt sich ein hartes Gerangel in der Führungsetage an. Der CEO von J.P. Morgan, Jamie Dimon, hat sein Spitzenteam Ende Januar neu aufgestellt – damit bringen sich nun mehrere aussichtsreiche Kandidaten in Position, die den Vorstandsvorsitzenden beerben könnten.

Zwar hat das nach Bilanzsumme größte US-Geldhaus erst 2021 einen Vergütungsplan für den Konzernlenker aufgelegt, der ihm über Boni Anreize bietet, bis mindestens 2026 auf seinem Posten auszuharren. Allerdings sorgen Aktienverkäufe Dimons für Spekulationen, dass der 67-Jährige seinen Abschied vorbereitet. So legte er Ende Oktober offen, sich im laufenden Jahr von 1 Million seiner 8,6 Millionen J.P.-Morgan-Anteile trennen zu wollen. Zuvor hatte er seine Aktienpakete, die einen großen Teil seines auf 1,9 Mrd. Dollar geschätzten Vermögens stützen, über Jahre nicht angerührt.

Managerinnen laufen sich warm

Als Favoritinnen für die Dimon-Nachfolge gelten derzeit Marianne Lake und Jennifer Piepszak. Die beiden Managerinnen führten bis vor kurzem das Consumer und Community Banking mit seinen nahezu 80 Millionen Privat- und 6 Millionen Kleinunternehmenskunden. Seit der jüngsten Neuaufstellung leitet Lake die Abteilung allein. Piepszak lenkt dagegen die ausgeweitete Corporate- und Investmentbank, in die J.P. Morgan auch die Commercial Bank mit ihren umfangreichen Finanzierungsaktivitäten für Unternehmen integriert.

CEO Jamie Dimon hat die Führungsebene von J.P. Morgan in seiner Amtszeit bereits mehrfach durchgerüttelt. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alex Brandon.

Gleichberechtigt an die Seite gestellt hat ihr Dimon dabei den vorherigen Chef der Kapitalmarkt- und Wertpapierdivision, Troy Rohrbaugh. Auch dieser rückt damit in den Kreis der Kandidaten für die Konzernspitze auf, während sein bisheriger Co-Abteilungsleiter Marc Badrichani das Geldhaus verlassen wird. In Rohrbaughs Schatten weiten auch Commercial-Banking-Leiter Doug Petno und Viswas Raghavan, der nun alleiniger Chefdealmaker ist, während sein bisheriger Investment-Banking-Copilot Jim Casey eine noch nicht spezifizierte neue Rolle bekommen soll, ihre Kompetenzen aus.

Unterdessen gibt Chief Operating Officer und Präsident Daniel Pinto, der als Dimons rechte Hand gilt, die Kontrolle über die täglichen Geschäfte der Corporate- und Investmentbank ab. Er soll sich nun gemeinsam mit dem CEO auf die langfristige strategische Ausrichtung des Geldhauses konzentrieren.

Methodisch durchgerüttelt

Dimon, der seit dem Merger zwischen J.P. Morgan und Bank One im Jahr 2004 für das Finanzinstitut aktiv ist und es seit 2005 leitet, hat die Führungsebene in seiner Amtszeit schon häufiger durchgerüttelt. Indem er Spitzenkräfte auf verschiedene Positionen verschiebt, will er diesen nach eigener Aussage einen möglichst umfassenden Überblick über das komplexe Finanzkonglomerat verschaffen. Dabei orientiert er sich wohl am Vorgehen seines ehemaligen Förderers Sandy Weill, der Dimon in den 1990er Jahren mit der Leitung verschiedener Unternehmen betraute, während die beiden durch eine Serie an Fusionen und Übernahmen die heutige Citigroup schufen.

Piepszak hat während ihrer 29 Jahre bei J.P. Morgan bereits eine Vielzahl von Führungsrollen bekleidet und war unter anderem als Controllerin im Investment Banking tätig sowie für das Hypothekengeschäft und die Kredit- und Debitkartensparte zuständig. Zwischen 2019 und 2021 war sie Chief Financial Officer des Geldhauses – ein Posten, den in den sechs Jahren zuvor ihre heutige interne Konkurrentin Lake bekleidete.

Diese gewinnt nun indes auch dadurch an Einfluss, dass sie als alleinige Privatkundenchefin ein stark wachsendes Filialnetz kontrolliert. Während die Konkurrenz – mit Ausnahme des zweitgrößten US-Geldhauses Bank of America – jährlich Hunderte Standorte schließt, hat J.P. Morgan seit 2018 mehr als 650 neue Zweigstellen eröffnet und ist in 25 neue Staaten vorgedrungen. Als erste Bank überhaupt ist der Branchenprimus nun in allen US-Bundesstaaten außer Hawaii und Alaska vertreten, die Kundeneinlagen haben sich über das vergangene Jahrzehnt auf mehr als 2 Bill. Dollar nahezu verdoppelt. Am Dienstag kündigte J.P. Morgan an, über die kommenden drei Jahre 500 zusätzliche Filialen zu eröffnen.

Ein umstrittener Konzernlenker

Investoren betrachten einen möglichen Dimon-Abschied mit gemischten Gefühlen. Denn der langjährige Konzernlenker gilt einerseits als einzigartig qualifiziert, um das hochkomplexe Institut zu lenken, das neben der Consumer-Sparte sowie dem Investment Banking mit dem Asset- und Wealth Management noch über einen dritten großen Geschäftsbereich verfügt, in dem es nicht erst seit der Notübernahme der bei vermögenden Privatkunden äußerst beliebten First Republic Bank im vergangenen Jahr hochfliegende Wachstumsambitionen verfolgt.

Andererseits ruft Dimons hohe Vergütung mitunter Kontroversen hervor. Ein 2021 erteilter Bonus aus 1,5 Millionen Aktienoptionen, die er bei einem Verbleib in der Bank bis 2026 ausüben kann, weckte den Zorn der Investoren. Diese votierten auf der Hauptversammlung 2022 gegen die Zuteilung – allerdings war die Abstimmung nicht bindend. Für das abgelaufene Geschäftsjahr erhielt Dimon inklusive Cash- und Aktienboni 36 Mill. Dollar und damit so viel wie noch nie.

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