KommentarStrahlender Stern

Der Preis des Erfolgs von Mercedes

Der Absturz der operativen Marge von Tesla machte die Aktionäre von Autoherstellern nervös. Mercedes-Benz beruhigt mit vorläufigen Ergebniszahlen.

Der Preis des Erfolgs von Mercedes

Mercedes-Benz

Der Preis
des Erfolgs

Von Joachim Herr

So schnell kann sich die Stimmung drehen: Der Absturz der operativen Rendite von Tesla lastete am Donnerstag an der Börse auf der ganzen Autoindustrie. Wenige Stunden später sorgte Mercedes-Benz nicht nur für einen Lichtblick, sondern für einen hellen Strahl. Der Stuttgarter Konzern schneidet mit seinen vorläufigen Zahlen für das erste Quartal viel besser ab, als ihm Analysten zugetraut haben und als es nach der Enttäuschung von Tesla zu ahnen gewesen ist.

Dazu ein paar Zahlen: Die Marge von Tesla fiel um fast 8 Punkte auf 11,4%, Mercedes-Benz erreichte im Segment Cars 14,8% nach außergewöhnlich hohen 16,4% im Jahr zuvor. Quartalszahlen sind freilich nur eine Momentaufnahme. Doch sie spiegeln die Strategie wider. Da sich die Lücke in der Versorgung mit Material und Komponenten langsam schließt, drehen sich die Fragen nun vor allem um die Verkaufspreise. Tesla geht dabei offensichtlich so erratisch vor wie Gründer und Selbstdarsteller Elon Musk in seinen Beiträgen in den sozialen Medien.

Es fällt nicht leicht, den Überblick zu behalten: Wenn die Nachrichtenagenturen richtig gezählt haben, senkte Tesla in diesem Jahr allein in den USA schon sechsmal die Preise. So will das Unternehmen den Absatz ankurbeln und seine führende Position für Elektroautos stärken. Die nun geschrumpfte Marge ist der Preis eines solchen Erfolgs. Doch plötzlich geht es in die andere Richtung: Am Freitag meldete Reuters, Tesla verlange auf der Internetseite mehr für die Modelle S und X.

Mercedes-Benz nutzt die Gunst, weiter stattliche Preise durchzusetzen. Diese Preise sind die Basis für den Erfolg. Die Nachfrage ist robust, den Kunden gefallen die Autos. Der Vorstand um Ola Källenius gibt Klasse statt Masse den Vorrang. Um Rabattaktionen des Handels zu vermeiden, wird der Direktvertrieb ausgebaut. Die Marge zu schützen und zu pflegen, ist nicht nur ein Anliegen der Premiumhersteller. Von Renault ist in diesen Tagen Bemerkenswertes zu hören: Der französische Volumenkonzern nähme kurzfristig weniger Absatz in Kauf, um nicht in eine Spirale mit bröckelnden Preisen zu geraten.

Noch können sich die traditionellen Hersteller relativ leicht von der sprunghaften Tesla-Strategie abkoppeln. Mercedes-Benz hat den Absatz der rein batterieelektrischen Pkw zuletzt mehr als verdoppelt, der Anteil des Verbrennungsmotors liegt aber noch bei 90%. Mit dem Wechsel der Antriebstechnik wird der Wettbewerb für E-Autos in den nächsten Jahren viel rauer – auch weil chinesische Anbieter in allen Klassen im Heimatmarkt sehr erfolgreich sind und in die anderen Märkte streben.

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