LeitartikelGmbH statt AG

Die durchregierte HypoVereinsbank

Die Umfirmierung der HVB in eine GmbH ist eine Zäsur in der Geschichte der drittgrößten deutschen Geschäftsbank. Der Mutterkonzern Unicredit kann nun noch stärker durchgreifen. Das birgt Risiken.

Die durchregierte HypoVereinsbank

Unicredit-Konzern

Die durchregierte HypoVereinsbank

Von Stefan Kroneck

Die Umfirmierung der HVB von einer AG in eine GmbH ist eine Zäsur in der Geschichte der Bank. Der Mutterkonzern Unicredit kann noch stärker bei der Münchner Tochter durchgreifen. Das birgt Risiken.

Grenzübergreifende Bankenfusionen sind hochsensible Themen. Das zeigt Unicredit. Selbst 18 Jahre nach der Übernahme der HypoVereinsbank (HVB) durch die italienische Großbank sorgt die jüngste Umfirmierung der drittgrößten deutschen Geschäftsbank für Aufsehen. So ließ die Nachricht aufhorchen, dass die Muttergesellschaft aus Mailand die Rechtsform ihrer Münchner Tochter von einer AG in eine GmbH ändert. Der Vollzug erfolgte Mitte Dezember.

Bei der HVB, die juristisch schon längst Unicredit Bank heißt, war man darum bemüht, die Sache kleinzureden. Für Kunden und für Mitarbeiter würde alles beim Alten bleiben, hieß es beschwichtigend. Der Konzern suggerierte, dass es sich um eine Angelegenheit wie im normalen Geschäftsbetrieb handele, die keiner großen Rede wert sei. Dem ist aber nicht so. Es ist eine weitere Zäsur in der Geschichte des weiß-blauen Kreditinstituts, welches einst dem Dax angehörte. In Deutschland sind als GmbH firmierende Geldhäuser unüblich.

Effizienzziel erreicht

Es mag sein, dass der Schritt aus Sicht des Mutterkonzerns überfällig war, schließlich verfügt die HVB seit Jahren nur noch über einen einzigen Eigentümer, nämlich die an der Mailänder Börse gelistete zweitgrößte Bankgesellschaft Italiens. Daher waren Hauptversammlungen der HVB seitdem bizarre Veranstaltungen, die kein öffentliches Interesse erregten. Die Pflicht des Vorstands einer AG, gegenüber den Aktionären Rechenschaft abzulegen, war in diesem Fall formell obsolet.

Aus diesem Grunde spiegelt der mit einer GmbH verbundene Wandel von einem Vorstandsorgan hin zu einer Geschäftsführung die Realität im Innenverhältnis besser wider. Marion Höllinger, die im März 2023 als Vorstandssprecherin angetreten war, ist nun Sprecherin einer sechsköpfigen Geschäftsführung, die gegenüber dem Management der Muttergesellschaft weisungsgebunden ist. Das könnte mancher Traditionalist hausintern als Degradierung interpretieren. Unicredit-CEO Andrea Orcel, der zugleich Chefaufseher der Münchner Tochter ist, hat damit sein Ziel erreicht: Entscheidungswege effizienter zu gestalten mit weniger Aufwand. Das heißt, der Konzernchef kann bei der HVB stärker als je zuvor durchregieren.

Bankenunion birgt hohe Risiken

Dass Unicredit die Umfirmierung im „Einvernehmen“ mit der deutschen Finanzaufsicht BaFin traf, kann man als eine Geste der Vertrauensbildung gegenüber dem Regulator verstehen, aber in einer wachsenden EU-Bankenunion mit ihrem komplizierten Haftungsgeflecht ist das keine Selbstverständlichkeit mehr. Schließlich hat die Oberaufsicht gegenüber dem Unicredit-Konzern und damit gegenüber der HVB nicht mehr wie einst die Bonner Behörde, sondern die Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank.

Die Einbettung der HVB in eine paneuropäische Unternehmensstruktur birgt hohe Finanzrisiken, die bislang nur theoretisch bestehen. In einer existenzbedrohlichen Krise könnte Unicredit notfalls Liquidität von der kapitalstarken HVB abziehen, um auf Kosten der Tochter den eigenen Fortbestand zu sichern. In der zurückliegenden Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise hatte die BaFin insbesondere ein Auge darauf, dass Unicredit nationale Sicherungsmechanismen (Stichwort Ringfencing) beachtet, um zu verhindern, dass im Extremfall für Bankenrettungen abermals der deutsche Steuerzahler einspringen muss. Seinerzeit überwand der HVB-Mutterkonzern mit Kapitalerhöhungen, drastischen Einsparungen sowie zwei Sonderausschüttungen in Milliardenhöhe der Münchner Tochter die eigene Misere.

Mutterkonzern braucht keine Finanzspritzen mehr

Die gesundete Unicredit benötigt heute keine Kapitalspritzen. Das impliziert, dass der Eigentümer auch nicht auf einen Börsen-Comeback der HVB angewiesen ist, wie in der Krise noch spekuliert worden war. Die Umfirmierung bietet dazu keinen Anhaltspunkt. Der Markenname HypoVereinsbank ist das letzte Überbleibsel der einst eigenständigen Adresse. Unicredit belässt es wohl vorerst dabei, nachdem 14 Jahre zuvor die Italiener Pläne dafür zurückgenommen hatten, und zwar infolge massiver Proteste von HVB-Kunden. Das ist aber nicht in Stein gemeißelt.