Die SEC rennt mit ihrer Reformagenda in die Irre
US-Börsenaufsicht
Mit Reformagenda in die Irre
Von Alex Wehnert
Die SEC wirft mit ihrer Transparenzkampagne in der US-Wirtschaft mehr Probleme auf, als sie löst.
Die US-Börsenaufsicht SEC hat sich einer radikalen Reformagenda für Unternehmen und Märkte verschrieben – wirft damit aber mehr Probleme auf, als sie löst. Bestes Beispiel sind die Anfang März beschlossenen neuen Klima-Transparenzpflichten, die zum bedeutendsten Werk von Behördenchef Gary Gensler werden sollen. Durch die auf 886 Seiten festgehaltenen Verordnungen will die demokratisch kontrollierte Aufsicht Unternehmen verpflichten, ab 2026 detailliert über ihren Kohlendioxid-Ausstoß und verbundene „Transitionsrisiken“ zu berichten. Was nach einem hehren Ansinnen klingt, droht aber nach hinten loszugehen.
Steigende rechtliche Risiken
Schließlich fällt unter die „Transitionsrisiken“ eine breite Anzahl an Faktoren, die für Firmen egal welcher Größe kaum seriös prognostizierbar sind, darunter die Effekte hypothetischer Änderungen an der Klimapolitik Washingtons und einzelner Bundesstaaten. Besonders absurd: Höhere Prozesskosten für die Offenlegung können wiederum zum Reporting-pflichtigen Risiko werden. Während die SEC für Unternehmen also unmäßige bürokratische Hürden und finanzielle Belastungen schafft, fällt der Informationsgewinn für Investoren überschaubar aus. Denn nach US-Wertpapierrecht müssen Gesellschaften materielle Klimarisiken schon jetzt offenlegen. Die Neuregelung weitet die Definition lediglich aus, verkompliziert Prozesse und zieht rechtliche Risiken nach sich – letzteren Punkt räumt selbst der Regulator ein.
Denn beim künftigen Klima-Reporting sind Missverständnisse und Irreführungen praktisch programmiert. Diese dürften vermehrt zu Investorenklagen führen. Unternehmen können dem dadurch begegnen, dass sie unabhängige Prüfer beauftragen. Angesichts der verbundenen Kosten und sonstigen Mehraufwände im öffentlichen Handel dürften Firmen künftig verstärkt vor Börsengängen zurückschrecken.
Bei einzelnen Beschwerden wird es nicht bleiben
Kein Wunder, dass Wirtschaftsvertreter sich auch nach dem zweijährigen Kampf, der dem Beschluss der neuen Regeln vorausging, noch gegen die Klima-Verordnung wehren. Ein US-Berufungsgericht hat der SEC nun verboten, die Offenlegungspflichten anzuwenden, solange es eine Klage des Ölfelddienstleisters Liberty Energy und des Quarzsandlieferanten Nomad Proppant Services anhört. Die beiden Unternehmen dürften nicht die letzten bleiben, die Beschwerden einlegen, um die Einführung der Klima-Verordnung zu verzögern.

Wer nun argumentiert, dass die SEC im Sinne der Zukunft des Planeten auch den Mut haben muss, negative ökonomische Effekte neuer Regulierungen zu riskieren, dem sei entgegnet: Die Aufsicht macht es auch Klimaschützern nicht recht. Denn nach Gegenwind aus der Wirtschaft hat die Aufsicht geplante Pflichten zum Reporting sogenannter Scope-3-Emissionen wieder gestrichen. Eine detaillierte Offenlegung solcher Ausstöße, die entlang der Lieferkette anfallen, wäre für einen Großteil der US-Aktiengesellschaften erst recht nicht leistbar gewesen. Der Rückzieher der demokratischen SEC-Kommissare lässt aber darauf schließen, dass die Klima-Verordnung eher Image- denn Überzeugungsprojekt ist.
Unausgereifte Ideen
Auch bei ihrer Transparenzkampagne im Private-Funds-Markt prescht die Wertpapieraufsicht häufig mit unausgereift wirkenden Neuregulierungen vor und ist in der Folge gezwungen zurückzurudern. So ist es bei im August 2023 beschlossenen Informationspflichten für Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften geschehen. Zu Beginn der laufenden Woche reichten mehrere Private-Funds-Verbände indes Klage ein, um eine Regel zu kippen, mit der die SEC Risiko-Vehikel und Hochfrequenzhändler zu umfangreicheren Registrierungen als Aktien- und Staatsanleihe-Dealer zwingen will. Konkret bedeutet dies härtere Kapitalvorgaben und höhere Verwaltungskosten.
Bei allem Verständnis für Bemühungen um Transparenz und Stabilität der Finanzmärkte: Die SEC verstrickt sich durch ihr überambitioniertes Vorgehen an mehreren Fronten in ein Dickicht an rechtlichen Prozessen. Damit macht sie sich weniger um den Investorenschutz verdient, als sie Geschenke an Wirtschaftsanwälte verteilt.
US-Aufsicht zieht bei Hedgefonds die Daumenschrauben an
Die SEC will durch neue Regeln für Private Funds systemische Risiken reduzieren. Kritiker befürchten, dass sie damit das genaue Gegenteil erreicht.
SEC treibt Offenlegungs-Offensive voran
Die US-Börsenaufsicht SEC hat in kurzer Folge mehrere Vorgaben finalisiert, die Hedgefonds zu höherer Transparenz verpflichten. So gelten künftig schärfe Regelungen für aktivistische Long-Investoren wie auch für Leerverkäufer.
Der Sheriff der Wall Street schießt häufig daneben
Die US-Börsenaufsicht SEC verhängt unter ihrem Vorsitzenden Gary Gensler rekordhohe Geldstrafen und stößt ambitionierte Regulierungsprojekte an. Doch zunehmend häufiger feuert sie dabei folgenschwere Fehlschüsse ab.