Kommentar Anti-Geldwäschebehörde

Diesmal ist anders

Der Zuschlag für Frankfurt als künftigen Sitz der Anti-Geldwäsche-Behörde AMLA ist kein Selbstläufer. Aber Frankfurt darf sich durchaus Hoffnungen machen.

Diesmal ist anders

Anti-Geldwäsche-Amt

Diesmal ist anders

Von Detlef Fechtner
Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Entscheidungen über den Sitz europäischer Institutionen sind nur schwer voraussagbar. Das gilt für die nun anstehende Auswahl des Sitzes der künftigen Anti-Geldwäsche-Behörde noch mehr als für frühere Beschlüsse. Denn im Gegensatz zu bisherigen Vergaben ist dieses Mal das EU-Parlament an der Entscheidung aktiv beteiligt. Immerhin die Hälfte aller Stimmen liegt in der Hand von Europaabgeordneten – und das auch noch in einer gemeinsamen Sitzung mit Vertretern der nationalen Regierungen. Die Chancen, Deals hinter verschlossenen Türen auszuschachern, sind deshalb begrenzt.

Trotzdem wäre es politisch naiv, würde man davon ausgehen, dass im Februar oder März (oder wann letztlich die Abstimmung stattfinden wird) diejenige Stadt auserkoren wird, die aus Sicht der künftigen EU-Beamten besonders attraktiv ist  – etwa weil sie europäische Schulen beheimatet oder eine besonders günstige Verkehrsinfrastruktur hat. Derlei Faktoren sind nach Einschätzung derer, die in den vergangenen Jahrzehnten Sitz-Entscheidungen in Europa miterlebt haben, nicht spielentscheidend.

Vielmehr ist von Bedeutung, wie ambitioniert eine nationale Regierung hinter einer Bewerbung steht – und damit einhergehend, wie groß ihre Bereitschaft ist, Zugeständnisse bei anderen europäischen Streitpunkten zu machen. Das ist der wesentliche Grund, warum der Bewerbung Deutschlands für den AMLA-Sitz in Frankfurt recht gute Chancen beigemessen werden. Denn diesmal ist anders: Im Kontrast zum Auswahlverfahren für die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) 2017, für die schließlich Paris den Zuschlag erhielt, hat sich Berlin im Rennen um die AMLA offensiv positioniert. Bundesfinanzminister Christian Lindner hat selbst die Abgabe der Bewerbung zur Chefsache gemacht, sein Team hat viele Gespräche mit Vertretern aus anderen Ländern geführt. Und zuletzt hat Deutschland Wettbewerber im AMLA-Poker an anderer Stelle unterstützt, etwa Spanien beim Ringen um den Chefposten der EU-Investitionsbank.

Ein Zuschlag für die AMLA in Frankfurt ist zwar kein Selbstläufer. Hauptkonkurrenten dürften Paris und Wien sein – und schlussendlich Brüssel als ewiger kleinster Kompromiss. Aber Frankfurt darf sich dieses Mal – anders als im Rennen um die EBA – realistische Hoffnungen machen. Und die Tatsache, dass die Stadt sogar schon Gebäude für einen sofortigen Einzug der AMLA ausgeguckt hat, könnte am Ende dann noch die letzten Unentschlossenen überzeugen, die man für eine Mehrheit benötigt.

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