Im BlickfeldLuxusgüterindustrie

Dunkle Wolken am Luxus-Himmel

Der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Handelskrieg macht die Hoffnungen der Luxusgüter-Industrie zunichte, die USA könnten die Konsumschwäche in China ausgleichen.

Dunkle Wolken am Luxus-Himmel

Dichte Wolken
am Luxus-Himmel

Der von Donald Trump angezettelte Handelskrieg macht die Hoffnungen der Luxusgüter-Industrie zunichte, die USA könnten die Konsumschwäche in China ausgleichen.

Von Gesche Wüpper, Paris

Der Unterschied könnte nicht größer sein. „Ich möchte zwei meiner sehr guten Freunde willkommen heißen, Bernard Arnault und Alex Arnault“, sagte Donald Trump. Nur wenige Wochen nachdem er seinen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj bei einem Besuch in Washington öffentlich vorgeführt hat, schmeichelte der US-Präsident dem Chef des Luxusgüter-Riesen und seinem zweitältesten Sohn im Weißen Haus. Die beiden Arnaults nahmen an einem Treffen zur Fußball-Weltmeisterschaft 2026 in den USA teil, für die der LVMH-Juwelier Tiffany den Pokal entworfen hat.

Die Zusammenkunft steht stellvertretend für die Strategie, die die Nummer 1 der Luxusgüterbranche angesichts drohender Strafzölle fährt. Während Wettbewerber wie Hermès öffentlich darüber nachdenken, diese über Preiserhöhungen an Kunden weiterzugeben, sucht LVMH die Nähe zu Trump. So waren der LVMH-Chef und seine Familie auch bei dessen Amtseinführung dabei. Branchenkenner hatten bis dahin gehofft, die USA könnten die schwächere Nachfrage in China und die Normalisierung nach dem Nachfrageboom der Covid-Jahre ausgleichen. Doch nun gefährdet der von Trump initiierte Handelskrieg die Hoffnung auf eine Renaissance der Luxusgüter-Industrie.

Eingetrübte Aussichten

„Wir haben letztes Jahr an eine Art aus den USA kommenden Optimismus geglaubt“, meint Olivier Abtan von der Unternehmensberatung Alix Partners. Doch das habe sich als Illusion entpuppt. „Wir sind schnell wieder zu einem Schema der Luxusgüterbranche in der Krise zurückgekehrt.“ Hatten die Analysten von Bernstein beispielsweise zuvor noch mit einem Wachstum der Branche in diesem Jahr von 5% gerechnet, gehen sie inzwischen von einem Rückgang um 2% aus.

Volatilität führt zu Abwarten

Selbst wenn sich die USA und China jetzt auf ein wenig niedrigere Zölle einigen, treffen diese die Branche. Und trotz der 90-Tage-Frist für die meisten anderen Länder bleiben die reziproken Zölle von 10% bestehen. Kaum ein Konsument mag das ständige Hin und Her, die große Volatilität, die Trump mit seiner Handelspolitik auslöst. Deshalb dürften jetzt etliche von ihnen in Märkten wie den USA und China erstmal abwarten, bevor sie sich ein neues Luxusprodukt kaufen. Gerade Verbraucher aus den USA und China sind jedoch für die Branche wichtig. Laut Bank of America machten US-Verbraucher im vergangenen Jahr 21% der globalen Umsätze der Luxusgüter-Industrie aus. Den Anteil Chinas schätzte Bain and Company ein Jahr zuvor auf 22% bis 24%.

Die Zahlen deuteten auf ein schwierigeres Umfeld für die Branche als angenommen, urteilten die Experten von RBC nach den jüngsten Ergebnissen von LVMH. Der Luxusgüter-Riese hat im Auftaktquartal mit einem Umsatzrückgang um 2% auf 20,3 Mrd. Euro die Erwartungen der Analysten verfehlt. Bei Kering brach der Umsatz in den ersten drei Monaten aufgrund von anhaltenden Problemen bei Gucci sogar um 14% auf 3,9 Mrd. Euro ein.

Preiserhöhungen in den USA

Nur dem Ultra-Luxus-Hersteller Hermès gelang es, die Verkäufe im selben Zeitraum zu steigern — um satte 9% auf 4,1 Mrd. Euro. Der für seine Kelly-Handtaschen bekannte Konzern wiegt mit einer Börsenkapitalisierung von 267,1 Mrd. Euro inzwischen sogar mehr als LVMH mit seinen 75 verschiedenen Marken (261,3 Mrd.) und ist damit das wertvollste Unternehmen des CAC 40. Während einige Analysten LVMH und Kering herabstuften, glauben viele immer noch, dass sich Hermès besser als die Branche entwickeln wird.

Der Luxusgüter-Spezialist hat seine Preise in den USA Anfang Mai noch einmal erhöht, um die amerikanischen Zölle von 10% komplett auszugleichen, nachdem er sie zu Beginn des Jahres bereits weltweit um 6% bis 7% angehoben hatte. Die Preiserhöhungen in den USA betragen nach Angaben von Analyst Luca Solca von Bernstein jetzt noch mal bis zu 5%. Die Preissetzungsmacht von Hermès sei dabei deutlich erkennbar, denn die Erhöhungen wirkten umfangreicher als die für US-Handtaschen von Louis Vuitton, meint er. Die Knappheit der oft per Hand vor allem in französischen Ateliers gefertigten Produkte von Hermès macht das möglich.

LVMHs problematische US-Produktion

Experten von UBS schätzen, dass europäische Marken ihre Preise in den USA um 6% erhöhen müssen, um die Zölle auszugleichen, Deutsche Bank geht sogar von 7% aus. LVMH-Chef Arnault hat bereits durchklingen lassen, dass der Luxusgüter-Riese seine Produktion in den USA weiter ausbauen könnte, um höhere Zölle aufzufangen. Er hatte bereits während der ersten Amtszeit Trumps ein neues Vuitton-Werk in Texas eingeweiht, um möglichen Strafzöllen zu entgehen. Daneben besitzt LVMH seit langem zwei weitere Produktionsstätten in Kalifornien.

Doch die Strategie Arnaults stößt offenbar an ihre Grenzen. Laut einem Bericht von Reuters soll das Werk in Texas zu den leistungsschwächsten Standorten von LVMH gehören. Der Konzern habe Mühe, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, heißt es. Mangelnde Qualität und Vergeudung von Ressourcen durch falsche Zuschnitte von Lederhäuten für Taschen seien die Folge. Für das Image von Louis Vuitton ist das nicht gerade förderlich.

Konflikt trifft erschwinglichen Luxus

Die Marke ist nicht nur die wichtigste von LVMH, sondern auch eines der in den USA beliebtesten Luxus-Labels, zusammen mit Burberry, Chanel, Dior und Gucci. Vuitton, Chanel und Dior sind auch in China gefragt. In den beiden Märkten gehören Schuhe, Handtaschen sowie andere Lederwaren und Schönheits- und Kosmetikprodukte zu den am meisten gekauften Luxus-Erzeugnissen.

Der Handelskrieg dürfte vor allem Hersteller von relativ erschwinglichen Luxusprodukten treffen, glauben Branchenkenner. Auch Marken, die so wie Gucci mitten in einem Umbau stecken, dürften die Zölle zu spüren bekommen. Dagegen dürfte das ultimative Luxus-Segment den Sturm relativ unbeschadet überstehen. Wie sich die Strafzölle auf die Zulieferer der Branche auswirken, ist eine andere Frage.

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