KommentarVerbraucherpreise

Ein Denkanstoß für die Fed

Die US-Inflation geht weiter zurück und beweist, dass die geldpolitischen Straffungen der vergangenen 15 Monate Wirkung gezeigt haben. Folglich sollte die Notenbank mit weiteren Zinserhöhungen vorsichtig sein.

Ein Denkanstoß für die Fed

US-Verbraucherpreise

Ein Denkanstoß für die Fed

Von Peter De Thier

US-Notenbankchef Jerome Powell lässt keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, dass Zinserhöhungen Zeit brauchen, um Wirkung zu entfalten. Und dass die Fed bei weiteren Beschlüssen diesen Verzögerungseffekt im Auge behalten werde. Es ist aber zu erwarten, dass die Währungshüter trotz des kontinuierlichen Rückgangs der Inflation in zwei Wochen die Zügel zum elften Mal seit Beginn des laufenden Zinszyklus straffer ziehen werden. Auch damit dürfte es nicht getan sein. Denn eine klare Mehrheit der Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) geht davon aus, dass die Fed noch zweimal im laufenden Jahr den Leitzins hochschrauben wird. 

Powell hat damit bewiesen, dass die Anerkennung der Verzögerungseffekte kaum mehr als ein Lippenbekenntnis ist. So rutschte der Verbraucherpreisindex im Juni auf 3,0%. Das ist weniger als ein Drittel der Teuerungsrate von 9,1%, die genau ein Jahr zuvor gemessen wurde, und beweist, dass die deutliche Kursverschärfung während der letzten 15 Monate tatsächlich Wirkung entfaltet hat. 

Ein weiterer Aspekt, den Powell übersieht, ist die Komplexität der Inflation, die sowohl eine nachfrageseitige als auch eine angebotsseitige Komponente hat. Mit höheren Zinsen können die Investitionstätigkeit und der Privatkonsum gebremst werden. Auf die Angebotsseite der Wirtschaft haben sie hingegen keinen Einfluss. Das betrifft unter anderem den Dienstleistungssektor, wo Firmen weiter an hohen Preisen festhalten. Noch stärker aber die Wohnkosten, die den größten Teil der noch verbleibenden Inflation ausmachen. Dort entfalten die Zinserhöhungen sogar einen kontraproduktiven Effekt. 

Durch die höheren Finanzierungskosten ist nämlich der Eigenheimkauf für viele Haushalte unerschwinglich geworden. Das wiederum treibt die Mieten hoch. Ohne diese Komponente läge auch die Kernrate, die mit 4,8% noch viel zu hoch ist, bei etwa 3%. So gesehen ist es kein Wunder, dass einige Ökonomen dafür plädieren, nach europäischem Vorbild einen harmonisierten Verbraucherpreisindex anzuwenden, der auch bei der Kernrate eine deutlich geringere Teuerung widerspiegeln würde.

Powell wird dem entgegenhalten, dass nicht der CPI, sondern der PCE-Preisindex das bevorzugte Inflationsmaß der Fed ist. Dieser geht aber ebenfalls zurück und liefert ein weiteres Argument für eine längere Zinspause. Vielleicht signalisiert er zumindest nach der nächsten Straffung Ende des Monats, dass die Fed angesichts des nachlassenden Inflationsdrucks nun doch den Fuß vom Gas nehmen wird.

Die US-Notenbank sollte angesichts der nachlassenden Inflation erwägen, eine längere Zinspause einzulegen.

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