LEITARTIKEL

Energiewende der BASF

Der Chemiekonzern BASF steht vor einer Zäsur. Mit dem mittelfristig angekündigten Börsengang des in der Tochtergesellschaft Wintershall geführten Öl- und Gasgeschäfts verabschiedet sich das Unternehmen von der Strategie, die Rohstoffversorgung aus...

Energiewende der BASF

Der Chemiekonzern BASF steht vor einer Zäsur. Mit dem mittelfristig angekündigten Börsengang des in der Tochtergesellschaft Wintershall geführten Öl- und Gasgeschäfts verabschiedet sich das Unternehmen von der Strategie, die Rohstoffversorgung aus eigener Quelle zu speisen. Als eine der Letzten in der Branche fokussiert sich BASF damit auf das Chemieportfolio. Der Konsolidierungsdruck in dem Markt und der zunehmende Unmut der Investoren über das Festhalten an der Energiesparte sorgen für die Energiewende, vor der Wintershall mit der Übernahme des Wettbewerbers Dea auf Größe gebracht und für ein eigenständiges Leben vorbereitet wird.Das Öl- und Gasgeschäft der BASF war strategisch darauf ausgerichtet, wesentliche Rohstoffe für die Chemieproduktion im eigenen Haus bereitstellen zu können, um die Ressourcenversorgung abzusichern, sich nicht von Lieferanten abhängig zu machen und sich gegen Preisschwankungen zu schützen. Nach der Übernahme des Öl- und Gasförderers Wintershall im Jahr 1969 wurden die Aktivitäten mit hohen Investitionen ausgebaut. BASF scheute nicht vor dem Kraftakt zurück, ein eigenes Gaspipelinenetz in Deutschland einzurichten, um dem damaligen Monopolisten Ruhrgas Paroli zu bieten. Doch die Zeiten haben sich geändert. Der vielgepriesene natürliche Hedge zur Absicherung von Ölpreisschwankungen im Konzern hat sich als nicht mehr so wirksam gezeigt wie erhofft. Und mit der Liberalisierung der Energiemärkte verlor das Thema Versorgungssicherheit an Bedeutung. Der Abschied – vermutlich in Raten – ist ein logischer Schritt.Auch wenn die Versorgungssicherheit in den Hintergrund rückte, hat sich das Öl- und Gasgeschäft der BASF über viele Jahre als stabiler Ergebnis- und vor allem auch üppiger Cash-flow-Lieferant erwiesen. Der Ölpreisverfall in den vergangenen drei Jahren hat den Glanz der ehemaligen Ertragsperle jedoch verblassen lassen. Und es ist ein zunehmend volatiles Geschäft geworden und steht in einigen Regionen unter hohen politischen Unsicherheiten, was das Risikoprofil des gesamten Konzerns beeinträchtigt. So hat sich der russische Energieriese Gazprom für BASF zwar über Jahrzehnte als verlässlicher Partner gezeigt, doch die Ukraine-Krise hat den zwischen beiden Unternehmen verabredeten Anteilstausch lange verzögert, bis der Deal schließlich doch noch über die Bühne gebracht werden konnte. Auch die Querelen über den zweiten Strang der Ostseepipeline Nord Stream ziehen sich hin, so wie die Abhängigkeit Europas von russischem Gas zunehmend auf Kritik stößt – wenngleich man auf diese Quellen nicht wird verzichten können. Für Risiken sorgt auch das Geschäft in Libyen, wo die Förderung von dem Chaos in dem nordafrikanischen Land erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird.In dem politischen Szenario ist der auf den Weg gebrachte Zusammenschluss von Wintershall mit dem Hamburger Wettbewerber Dea der richtige Schritt, wird doch der europäische Anteil des Geschäfts mit den Aktivitäten von Dea in Norwegen und Dänemark gestärkt. BASF hatte aus diesen Beweggründen schon zu den Interessenten gehört, als sich RWE aus dem Geschäftsfeld verabschiedete, wurde aber von dem 5-Mrd.-Euro-Gebot des russischen Oligarchen Michail Fridman ausgestochen.Das Warten könnte sich für BASF am Ende gelohnt haben, denn die Bewertung von Dea dürfte mit dem Ölpreisverfall der vergangenen Jahre geschrumpft sein. Überdies muss der Chemiekonzern für die Transaktion nun kein Geld in die Hand nehmen, zumal der Anstoß für die Fusion vom bisherigen Dea-Eigner gekommen ist, der Größe und einen “deutschen Champion” als entscheidendes Kriterium ansieht, um zukünftige Herausforderungen zu meistern. Von Vorteil ist auch, dass BASF über die Fusion einen Partner mit ins Boot holt, der schon mal ein Drittel des Kapitals hält und der an einer Wertsteigerung seines Engagements vor dem Exit hochgradig interessiert ist. Damit kann der Abschied elegant eingeläutet werden.Im Chemiemarkt zeigen Transaktionen wie der Zusammenschluss von Dow und DuPont und die Übernahme von Monsanto durch Bayer, wo die Reise hingeht. BASF ist von Investoren lange kritisiert worden, im M&A-Geschehen passiv am Rand zu stehen. Den Ruf hat das Management offensichtlich gehört, wie auch der jüngst eingefädelte knapp 6 Mrd. Euro schwere Deal zum Einstieg der Agrarchemiesparte ins Saatgutgeschäft beweist. Über die Energiewende hinaus ist da etwas in Bewegung gekommen.——–Von Sabine WadewitzBASF ist lange gescholten worden, in der Konsolidierung der Branche am Rand zu stehen. Den Ruf hat das Management offenbar gehört.——-