KommentarRettungspaket

Bei Baywa geht's ans Eingemachte

Das Rettungspaket für die in Schieflage geratene Baywa-Gruppe legt Zeugnis darüber ab, wie katastrophal die finanzielle Lage des Münchner Agrarhandelskonzerns ist. Das SDax-Mitglied muss sich sogar von Tafelsilber trennen, um einer Insolvenz zu entgehen.

Bei Baywa geht's ans Eingemachte

Baywa

Es geht ans Eingemachte

Von Stefan Kroneck

Das Rettungspaket für die Baywa legt Zeugnis darüber ab, wie katastrophal die finanzielle Lage des Agrarhändlers ist.

Das Rettungspaket für die Baywa legt erstmals offiziell Zeugnis darüber ab, wie es um den in eine selbst verschuldete Schieflage geratenen Agrarhandelskonzern bestellt ist. Die finanzielle Situation des SDax-Mitglieds ist katastrophal. Gut möglich, dass nachgelegt werden muss, wenn bis Ende September das Sanierungskonzept stehen soll. Ohne die Gesellschafterdarlehen der beiden Ankeraktionäre und ohne die Überbrückungskredite der Gläubigerbanken hätte die Baywa längst Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit anmelden müssen. Die Finanzspritze für das hoch verschuldete und defizitäre Unternehmen trägt dazu bei, dass der Vorstand nicht dem Vorwurf ausgesetzt werden kann, die Insolvenz zu verschleppen.

Der Preis der Auffanglösung ist für die Münchner Traditionsfirma des Genossenschaftssektors hoch. Denn als „Gegenleistung“ für die Hilfen geht es für die Baywa ans Eingemachte. Dabei ist die drohende Zerschlagung des Konglomerats gar nicht der wesentliche Punkt der Auflagen. Ein Zurückstutzen des Konzerns auf seine Kernaktivitäten gilt ohnehin als ausgemacht. Das letzte Wort haben die größten drei Gläubigerbanken DZ Bank, LBBW und HVB.  

Zwangsverkauf von Tafelsilber

Vielmehr ist entscheidend, dass die Baywa sich sogar von Tafelsilber trennt, um einer Pleite zu entgehen. So muss der Konzern sein Paket von 12% am größten Einzelaktionär, der von den Volks- und Raiffeisenbanken dominierten Bayerischen Raiffeisen Beteiligungs-AG (BRB), an die Primärbanken und die DZ Bank zu einem Preis von 120 Mill. Euro als „Sicherheit“ abgeben. Überkreuzbeteiligungen gehören zu den Wesensmerkmalen der genossenschaftlichen „Familie“. Die BRB hält 33,8% an der Baywa. Mit dem Zwangsverzicht auf ihre Anteile an der BRB entgeht der Baywa künftig eine Einflussmöglichkeit auf das Geschehen im Genoverbund. Das gleicht einer Degradierung der Firma in der „Familie“.  

Die Causa zeigt, dass die Equity Story des vor 22 Jahren an die Börse gegangenen Unternehmens gescheitert ist. Ein „Neuanfang“ auf dem Handelsparkett ist jedenfalls sehr fragwürdig, weil das Vertrauen am Kapitalmarkt zerstört ist. Deshalb ist ein Delisting der Gesellschaft eine ernst zu nehmende Alternative, damit in die Baywa Ruhe hineinkommen kann. Hinzu kommen zwingend erforderliche personelle Konsequenzen im Vorstand und auf der Kapitalseite des Aufsichtsrats. Beide Organe sind für das Desaster verantwortlich. Das Debakel legt dar, dass renditeorientierte Interessen institutioneller Investoren unvereinbar sind mit dem Genossenschaftsmodell in der Landwirtschaft.