Es riecht nach Ratlosigkeit
China-Konjunktur
Es riecht nach Ratlosigkeit
Von Norbert Hellmann
China-Anleger werden wohl oder übel in geduckter Haltung aus dem für sie extrem enttäuschenden Börsenjahr 2023 schleichen müssen. Auch aus dem letzten Hoffnungswert für das Zünden einer wenigstens klitzekleinen Rally scheint nichts zu werden.
Peking hatte in Form der Zentralen Wirtschaftskonferenz noch einen Schuss frei, um das Publikum davon zu überzeugen, dass man den derzeit grassierenden und das Investorenvertrauen lähmenden Konjunkturproblemen die Stirn zu bieten weiß. Doch die Munition scheint nass geworden zu sein.
Die jährlich im Dezember stattfindende Wirtschaftskonferenz ist eigentlich ein Prestige-Event, mit dem die Staatsführung offensive wirtschaftsplanerische Akzente setzt. Dies führt zumindest in den Staatsmedien zu aufgeregter Vorfreude in Form wortreicher Vorabberichte. Diesmal war alles anders. Bis zuletzt wusste niemand, ob der Termin überhaupt stattfinden würde. Stattdessen brodelte die Gerüchteküche über eine geplante Abschaffung des Format oder eine Verschiebung des Termins ins neue Jahr.
Wie sich jetzt herausstellt, wurde das Event still und heimlich in aller Kürze heruntergespult. Für besondere Verwunderung sorgt dabei, dass Staatspräsident Xi Jinping, der die Chose stets anführt, am zweiten Tag der Konferenz wegen eines Staatsbesuchs in Vietnam gar nicht mehr mit von der Partie war.
Dass die Kontaktpflege mit dem asiatischen und ebenfalls von einer Kommunistischen Partei regierten Nachbarn wichtiger ist, als einen Akzent zu setzen für die wirtschaftspolitische Linie sorgt beim chinesischen Publikum für Erstaunen. Daraus zieht man glatt den politpsychologischen Schluss, dass der mächtigsten Mann im Land derzeit keine Blumentöpfe gewinnen kann, indem er wirtschaftspolitische Ratschlüsse mit persönlicher Nähe verkörpert.
Die im offiziellen Kommuniqué verbreiteten Kernbotschaften verstärken den mulmigen Eindruck. Die Industriepolitik hat die Stärkung der Binnennachfrage vom ersten Platz der Prioritäten verdrängt. Das lässt die Anleger zunächst einmal darauf schließen, dass Peking in Sachen Konsumanregungselan die Waffen streckt, weil mit nachfrageorientierten Stimuli nichts zu reißen ist. Schmerzpunkte wie die Immobilienmarktkrise oder hohe Jugendarbeitslosigkeit werden von der Verlautbarung am Rande gestreift, aber nicht mit Lösungsansätzen bedacht. Da mag es Anlegern auch nicht einleuchten, warum den derzeit so stark gemieden China-Aktien rasch wieder Vertrauen geschenkt werden soll.