Es wird nicht einfacher für Wintershall
Wintershall Dea
Es wird nicht einfacher
Von Martin Dunzendorfer
Es ist ja nicht so, dass dem operativen Geschäft von Öl- und Gaskonzernen keine Risiken innewohnen. Vieles kann auf der Suche nach bislang unentdeckten Öl- und Gasreservoirs und bei deren Erschließung schiefgehen. Das gilt auch für die Produktionsphase. Wintershall Dea, der größte Öl- und Gasproduzent Deutschlands, bekam das im dritten Quartal zu spüren. Das Unternehmen, das zu gut 70% BASF gehört, hält einen 10-prozentigen Anteil am Ghasha-Feld in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort seien die Kapitalkosten gestiegen, was sich in überarbeiteten Planungsannahmen und letztlich in Wertminderungen widerspiegelt, die einen Großteil der 587 Mill. Euro ausmachen, die Wintershall Dea im dritten Quartal an Sonderbelastungen verbuchte.
7,5 Mrd. Euro auf das Russland-Geschäft abgeschrieben
Zuletzt waren die Risiken im Konzern fast nur noch auf die Abschreibungen im Zusammenhang mit dem aufgegebenen Russland-Geschäft reduziert worden. Viele Jahre hatte Wintershall Dea auf eine verlässliche und rational agierende russische Staatsführung gebaut und war dann vom verbrecherischen Angriff auf die Ukraine überrascht worden. Bis heute wurden rund 7,5 Mrd. Euro auf Assets im Land (Öl- und Gasförderung) und auf Midstream-Geschäfte mit russischen Partnern (Nord Stream 1 und 2) abgeschrieben. Obwohl der Vorstand einen unverzüglichen Ausstieg aus dem Russland-Geschäft – insbesondere aus den dortigen Beteiligungen – anstrebt, machen das russische Regierungsstellen und Behörden durch Aufstellen zahlreicher Hürden fast unmöglich. "Dies wird höchstwahrscheinlich ein sehr langwieriger Prozess", sagt CEO Mario Mehren. Das Engagement in Russland, noch vor gar nicht so langer Zeit ein Pfund, mit dem Wintershall Dea – damals einen Börsengang vor Augen – wuchern konnte, wird den Konzern also noch lange beschäftigen. Während das Kapitel Russland zumindest in Bezug auf laufende Aktivitäten beendet ist, wird das der Öffentlichkeit als "angepasste Unternehmensstruktur" verkaufte Sparprogramm Wintershall Dea noch auf Jahre hinaus beschäftigen. Zunächst fallen wie bei fast allen Sparprogrammen Kosten an. In der Bilanz für das dritte Quartal wurden dafür 223 Mill. Euro an Restrukturierungsrückstellungen gebildet. Da jede vierte der rund 2.000 Stellen abgebaut werden soll, dürften Abfindungen und Sozialpläne viel Geld verschlingen.
Kaum Aussicht auf Erholung des Gaspreises
Schließlich liegt der Gaspreis derzeit weit unter dem Niveau vom zweiten Halbjahr 2022, was die Ergebnisse von Wintershall Dea weiter belasten wird. Da eine kräftige Erholung des Gaspreises nicht in Sicht ist, werden die Zeiten für den Vorstand nicht einfacher.