Es wird umgezogen, aber nicht gekauft
Immobilienmarkt Frankfurt
Es wird gemietet, aber nicht gekauft
Am Büromarkt in Frankfurt ist der Umsatz mit Vermietungen im ersten Halbjahr auf den höchsten Stand seit fünf Jahren geklettert. Das Transaktionsvolumen verharrt dagegen auf niedrigem Niveau.
Von Thomas List, Frankfurt
Von Thomas List, Frankfurt
Der Frankfurter Büroimmobilienmarkt war im ersten Halbjahr durch sehr starke Vermietungsaktivitäten, aber sehr geringe Transaktionsvolumen gekennzeichnet. Dieses Bild könnte sich im weiteren Jahresverlauf verändern: Hochwertige Flächen in zentraler Lage sind weiterhin stark gesucht. Einige große Objekte wie das Westend Duo sind am Markt. Abschlüsse könnte es noch im vierten Quartal, aber auch erst 2026 geben.
Etwas schwächeres Quartal
Rund 340.000 m² – für diese Fläche wurden im ersten Halbjahr 2025 Mietverträge für Büros in der Mainmetropole abgeschlossen. Das ist nach übereinstimmenden Berichten der großen Maklerhäuser JLL und BNP Paribas Real Estate ein Mehrjahresrekord. Dabei waren die Zahlen im ersten Quartal mit rund 200.000 m² noch besser als im zweiten (140.000 m²).
„Aktuell wird das Marktgeschehen maßgeblich von großvolumigen Vertragsabschlüssen geprägt, auf die der Frankfurter Markt lange Jahre warten musste“, sagt Riza Demirci, Geschäftsführer und Frankfurter Niederlassungsleiter der BNP Paribas Real Estate. Dazu gehören im ersten Quartal Projektanmietungen von Commerzbank (73.000 m² im „Central Business Tower“) und ING-DiBa (32.000 m² im „Hafenpark Quartier“) sowie der Abschluss von White & Case (10.000 m²). Im zweiten Quartal kamen dann KPMG (ca. 12.000 m² im Opernturm und ca. 21.000 m² im Park Tower) sowie von Condor Flugdienst am Frankfurter Flughafen (gut 15.000 m²) hinzu. Außerdem hat die Deutsche Rentenversicherung Hessen 13.000 m² angemietet.
„Einige dieser Großabschlüsse haben Zeit gebraucht, um realisiert zu werden“, sagt Suat Kurt, Senior Team Leader Office Leasing und Niederlassungsleiter JLL Frankfurt. „Es sind aber noch weitere großvolumige Flächengesuche am Markt und die Pipeline ist mit rund 200.000 m² nach wie vor gut gefüllt.“ Daher hebt JLL die Umsatzprognose für das Gesamtjahr von 475.000 m² auf 550.000 m² an. Nicht ganz so optimistisch gibt sich Savills. Der Makler erwartet, dass infolge einer regen Marktaktivität in den kommenden Monaten der Flächenumsatz bis Jahresende rund 480.000 m² erreichen könnte.
Der steigende Trend basiert allerdings nicht nur auf Großvermietungen. Auch das Segment zwischen 500 m² und 2.000 m² hat zugenommen – laut BNPPRE von Januar bis Juni um 23%. Auf Mietflächen unter 500 m² entfielen zwei Drittel der von JLL gezählten 237 (i.V. 243) Abschlüsse. Der flächenmäßig größte Anteil entfiel auf die Frankfurter Kernbranchen Banken und Finanzdienstleister sowie Berater mit 126.000 m² bzw. 75.000 m². Stärkster Teilmarkt war die Bankenlage mit 41% des Flächenumsatzes.
Unternehmen richten sich neu aus
Für BNPPRE spiegeln die Zahlen eindrucksvoll die Neuausrichtung der Unternehmen bei der Büronutzung wider. Zentral gelegene und hochwertige Flächen gelten für die Zukunft der Unternehmen inzwischen als unverzichtbar, sind aber nicht nur in Frankfurt kaum zu bekommen. „Es kommen zu wenige neue, hochwertige Flächen auf den Markt“, stellt JLL-Manager Kurt fest. In den Citylagen stehen nach Beobachtung von BNPPRE als Neubau Erstbezugsflächen in Top-Lagen kurzfristig nur rund 19.000 m² zur Verfügung. Daher werden zunehmend veraltete Gebäude komplett saniert wieder an den Markt gebracht.
Angesichts dieser Entwicklung gehen die Leerstände, die in Frankfurt in den vergangenen Jahren stetig zugenommen haben, jetzt wieder zurück. Für JLL zeigen die 10,2% nach 10,6% eine Trendwende. BNPPRE will angesichts von 1,7 Mill. m² (11,2% Leerstand) für den weiteren Jahresverlauf als „wahrscheinlichste Entwicklung“ nur von einer Seitwärtsbewegung sprechen.
Dauerhaft über 50 Euro
Einig sind sich die drei Häuser aber, dass die Spitzenmiete dauerhaft über 50 Euro pro m² gesprungen ist – und weiter zulegen wird. JLL-Manager Kurt erwartet bis 2030 für Frankfurt „kontinuierlich steigende Spitzenmieten von mindestens einem Euro/m² pro Jahr.“ Die Franzosen geben die Durchschnittsmiete mit rekordhohen 27,80 Euro (+11,2%) an. Sie nehme nun „langsam Kurs auf die 30 Euro pro m² Marke“, sagt Demirci.
Ganz anders als auf den Vermietungsmärkten präsentiert sich der Frankfurter Transaktionsmarkt für Büroimmobilien. Überspitzt gesagt: Während gerade große Unternehmen viel in zentrale Topflächen umziehen, sind Investoren fast gar nicht aktiv, zumindest, wenn man diese Aktivitäten an abgeschlossenen Kaufverträgen misst. So entfallen laut JLL bei einem gesamten gewerblichen Transaktionsvolumen von 640 Mill. Euro gerade Mal 12%, also 77 Mill. Euro auf Büros. Bei BNPPRE sind es mit 132 Mill. Euro (56% von 237 Mill. Euro) etwas mehr.
Im ersten Halbjahr hat JLL nur fünf Abschlüsse registriert, davon keiner oberhalb von 30 Mill. Euro. „Häufig sind nur geringfügige Abweichungen bei Qualität oder Preisvorstellung ausschlaggebend dafür, dass Transaktionen nicht zustande kommen“, stellt Kurt fest. „Das gilt im besonderen Maße für Objekte in B- und C-Lagen.“ Im zentralen Geschäftsbezirk komme zurzeit so gut wie nichts auf den Markt, weil Eigentümer hier noch auf bessere Kaufpreisfaktoren warten, damit die Businesspläne aufgehen.
Kurt nennt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung das Westend Duo als Beispiel für eines von mehreren Top-Objekten, die gerade zum Verkauf ständen. „Für A-Lagen in A-Qualität gibt es eine große Nachfrage, aber ein geringes Angebot. Ob aber angesichts der Zinslandschaft Kaufpreisfaktoren von 30 wie noch vor einigen Jahren zu erzielen sind, wage ich zu bezweifeln.“ Realistischer sind für ihn bei absoluten Core-Produkten Abschläge von 5 bis 6 Faktoren. Bei Core+, wo also an den Gebäuden noch etwas zu tun ist, könnten das 20- bis 22-fache zu Abschlüssen führen.
Schwierige B-Produkte und -Lagen
B-Produkte in B-Lagen sind aus Kurt Sicht weder zur Miete noch zum Kauf gefragt. „Weder Mieter noch Käufer sehen hier Nutzungsmöglichkeiten. Solche Produkte sind damit auch nicht für das 10-fache und weniger gefragt.“ Anders sieht das Franc Gockeln, Head of Office Investment bei BNPPRE. Bei solchen Objekten gebe es durchaus Nachfrage. „Es muss aber Preisanpassungen geben, die deutlich größer sind als bei den Top-Objekten an Top-Lagen.“
Nach einem soliden Auftakt im ersten Quartal hat der Markt anschließend an Fahrt verloren, allerdings nicht nur in Frankfurt, sondern in vielen A-Standorten. BNPPRE-Manager Demirci sieht allerdings Grund zum Optimismus. „Das außergewöhnlich hohe Rekordergebnis auf dem Bürovermietungsmarkt und die Erkenntnis, dass im Vermietungssegment zunehmend wieder Großabschlüsse möglich sind, dürfte den Office-Investments in Frankfurt Auftrieb verleihen.“
Auch Kurt sieht Licht am Horizont. So rechtfertigten die kontinuierlich steigende Bürospitzenmiete auch wieder etwas offensivere Businesspläne – sofern Lage und Gebäudequalität stimmten. „Es sind positive Vorzeichen erkennbar und es wird auch wieder etwas mehr gepitcht, vor allem bei Value-add-Objekten, aber auch im Core-Bereich. Bis Ende des Jahres sollte es sicherlich die eine oder andere großvolumige Transaktion geben.“ Es brauche jetzt ein paar Transaktionen. „Dann weiß man: Man bekommt für ein A-Gebäude in A-Lage zum Beispiel das 25- oder 26-fache. Dann richtet sich der übrige Markt danach“, ist sich Kurt sicher. „Core ist dann die Messlatte.“ Für Core+-Transaktionen wären es dann noch ein paar Faktoren weniger.
BNPPRE-Manager Gockeln begründet die Zurückhaltung der Bestandshalter, ihre Objekte zum Verkauf zu stellen, mit der Unsicherheit über die Zinsentwicklung. Außerdem sahen sie keine Notwendigkeit, extrem günstig finanzierte Objekte abzustoßen, insbesondere dann, wenn sie noch einen Verlust realisieren müssten. „Seit Beginn 2025 erhöht sich das Angebot langsam, wie zum Beispiel das Westend Duo zeigt. Das wird sich in den Immobilienumsätzen vielleicht erst im vierten Quartal, vielleicht auch erst im Laufe des Jahres 2026 zeigen“, sagte Gockeln der Börsen-Zeitung.
Aktuell werden in erster Linie Objekte zwischen 30 und 100 Mill. Euro gesucht, beobachtet Gockeln. „Kapital für wirklich großvolumige Trasnaktionen ist nicht wie in den vergangenen jahren verfügbar. Gerade Frankfurt hat bei den Transaktionsvolumina immer von diesen großvolumigen Abschlüssen gelebt.“ Er zeigte sich aber mit Blick auf eine kürzliche 450 Mill. Euro-Transaktion in Berlin (Upper West) zuversichtlich, dass auch dieses Kapital zurückkehren wird. „Ein gutes Produkt in Frankfurt wird auch auf eine große nationale und internationale Nachfrage stoßen.“
Mehr Objekte kommen an den Markt
Auch Manuel Backfisch, Geschäftsführer & Head of Capital Markets Frankfurt bei Colliers blickt positiv in die Zukunft: Es „kommen aktuell wieder mehr Produkte auf den Markt, da der Verkaufsdruck bei einigen Eigentümern zunimmt, etwa durch Mittelabflüsse, Refinanzierungsbedarfe oder strategische Portfolioanpassungen. Derzeit befinden sich zahlreiche Verkaufsprozesse in aktiver Vermarktung oder Exklusivität. Die Bandbreite reicht dabei von Objekten aus dem Value-Add-Segment in peripheren Lagen bis hin zu Core-Immobilien in zentralen Innenstadtlagen. Ob Angebot und Nachfrage bei den aktuellen Rahmenbedingungen wieder zusammenfinden, wird sich in den laufenden Prozessen zeigen.“
Die wieder erhöhten Renditen der Bundesanleihen machen es Immobilieninvestments wieder schwerer, im Wettbewerb zu bestehen. Auch bei weiteren Zinssenkungen durch die EZB bleibe das Finanzierungsumfeld restriktiv, so Backfisch. Dazu kämen die hohen Eigenkapitalanforderungen und die aus Sicht von Banken und Investoren immer wichtigeren ESG-Kriterien.
Aktivität könnte zunehmen
Der Savills-Manager geht angesichts der aktuell in Vermarktung befindlichen Objekte, von denen sich einige in fortgeschrittenen Prozessen befänden, grundsätzlich von einer spürbaren Zunahme der Transaktionsaktivität aus – vorausgesetzt Verkäufer und Käufer fänden bei den Preisvorstellungen zusammen. Das Vorjahresvolumen von rund 1,5 Mrd. Euro erwartet Backfisch in diesem Jahr zwar nicht. „Doch könnte sich das zweite Halbjahr gegenüber dem ersten beleben. Zahlreiche Marktteilnehmer nutzen die aktuelle Phase bereits, um strategische Weichen für 2026 zu stellen.“ Neben dem Vermietungsmarkt schlagen das prognostizierte Wirtschaftswachstum und ein leicht verbessertes Stimmungsbild im Immobilienklima positiv zu Buche.
