Mit der Grünen Soße ist's bald Essig
Notiert in Frankfurt
Essig mit grüner Soße
Von Lutz Knappmann
An musikaffinen und feierwütigen Menschen mangelt es Frankfurt nun wirklich nicht: In diesen sonnigen Frühlingstagen zieht es sie zu Tausenden hinaus auf Straßen und Plätze, in Parks und Außengastronomie, ans Mainufer und in die Altstadt. Man geht gerne aus in der Finanz-Metropole. So gerne, dass im ausgeprägt gastronomiereichen Stadtteil Sachsenhausen, den die lokalen Medien längst liebevoll zum „Vergnügungsviertel“ erklärt haben, inzwischen die Anwohner rebellieren.
Wie so oft, wenn beliebte Ausgehviertel zugleich auch begehrte Wohnquartiere sind, bewegen sich die Interessen der beiden Zielgruppen auf ständigem Kollisionskurs. Und wie auch immer Stadt und Behörden reagieren, um eine Balance zwischen Nachtleben und Nachtruhe zu schaffen, wird das an der Nachfrage nach Party, Alkohol, Musik und guter Laune wenig ändern. Im Zweifel zieht die Karawane einfach weiter. Spannende Event-Ideen gibt es schließlich genug – und das Geld dafür ebenfalls. Oder?
Im Schatten des großstadttypischen Laut-vs.-Leise-Konflikts ist leicht zu übersehen, dass das mit dem Geld so nicht stimmt. In jüngster Zeit geben immer mehr Veranstalter beliebter Events auf – und zwar ersatzlos.
Zum letzten Mal „Grüne Soße Festival“
Wenn etwa an diesem Wochenende auf dem Roßmarkt in der Frankfurter City das „Grüne Soße Festival“ startet, dann ist es die 18. Ausgabe des beliebten Gastro- und Kulturevents – und die Letzte. Einmal noch wetteifern Dutzende Gastronomen acht Tage lang um die Zubereitung der besten Frankfurter Grünen Soße – umrahmt von einem umfangreichen Comedy-, Musik- und Showprogramm. Danach ist's Essig mit der grünen Soße. Steigende Kosten für Personal, Technik, Logistik und Sicherheit, gepaart mit sinkenden Einnahmen durch Tickets und Sponsoren haben die Veranstalter zur Kapitulation gezwungen. Nur eines von vielen Beispielen in Frankfurt, Rhein-Main und ganz Hessen.
Im – großzügig formuliert – benachbarten Mannheim etwa trifft es das kürzlich zum „Best Small Festival“ in Europa gekürte „Maifeld-Derby“. Am 30. Mai beginnt dort zum letzten Mal das dreitägige Musik-Open-Air, das sich mit seinem sorgsam kuratierten Programm in den vergangenen 14 Jahren einen guten Ruf in der Rock- und Pop-Szene erworben hat. Auch den Mannheimer Event-Machern geht finanziell die Puste aus, obwohl das Festival ausverkauft ist.
Hoher Aufwand für Sicherheitsmaßnahmen
Kaum noch in die Schlagzeilen schaffen es die zahlreichen lokalen Frühlings- und Straßenfeste, Jahrmärkte und Kultur-Festivals, die aufgeben. Während Riesen-Spektakel wie „Rock am Ring“ oder das „Wacken Open Air“ ihre Tickets in Rekordgeschwindigkeit ausverkaufen, kämpfen die Veranstalter kleinerer, lokaler und auf kulturelle Nischen zielender Veranstaltungen vielerorts und trotz Fördermitteln um ihre Existenz.
Dabei ist gerade diese Vielfalt von Kulturen und Geschmäckern mindestens genauso wichtig dafür, eine Region begehrenswert zu machen, wie die Aussicht auf angenehme Nachtruhe.