Im BlickfeldPfandbriefregulierung

EU-Covered-Bond-Regulierung vollendet

Mit einer Verspätung von zehn Monaten haben jetzt alle 27 EU-Mitgliedsländer die Vorgaben der europäischen Covered Bond Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Nachzügler war Italien, wo bis jetzt die notwendigen Verordnungen fehlten.

EU-Covered-Bond-Regulierung vollendet

Regulierung

Covered-Bond-Richtlinie mit Verspätung umgesetzt

Regulierung mit Augenmaß – Mindeststandard statt Harmonisierung

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Mit einer Verspätung von zehn Monaten haben jetzt alle 27 EU-Mitgliedsländer die Vorgaben der europäischen Covered-Bond-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Nachzügler war Italien, wo bis jetzt die notwendigen Verordnungen fehlten. Mit großen Folgen für die heimischen Emittenten, die seit dem Inkrafttreten der Richtlinie am 8. Juli 2022 keine gedeckten Schuldverschreibungen mehr auflegen konnten. Derzeit bereiten sich die italienischen Häuser auf ihre Rückkehr an den Markt vor.

Die Richtlinie über Covered Bonds regelt erstmals auf EU-Ebene das Marktsegment, das in Deutschland als Pfandbriefmarkt bekannt ist. Die Einzelheiten der Umsetzung überließ Brüssel den nationalen Gesetzgebern. Die meisten EU-Staaten schlossen das Verfahren für die Umsetzung vor dem Inkrafttreten der Richtlinie ab. Doch erst am 30. März veröffentlichte die Bank von Italien ihre aktualisierten Bestimmungen für Covered Bonds. Bestehende Obbligazioni-Bancarie-Garantite-Programme können der Aufsicht jetzt ihre geänderten Unterlagen einreichen – ein Verfahren, das 30 Tage dauert. Analysten erwarten eine rege Emissionstätigkeit, da die Banken Nachholbedarf haben. Die Nord/LB prognostiziert bis zum Jahresende ein Volumen von 9 Mrd. Euro in Italien im Euro-Benchmark-Segment, das Geschäfte mit einem Volumen von 500 Mill. Euro und mehr umfasst.

Der EU-Markt für gedeckte Schuldverschreibungen nähert sich damit dem ersten Jahrestag der Anwendung der Richtlinie und schon jetzt ist zu sehen, dass die Anleger von den strengeren Berichtsanforderungen profitieren. Faktisch muss aber eher von einer Mindestanforderung als von einer Harmonisierung gesprochen werden. „Die Umsetzung der Covered-Bond-Richtlinie führt auch in denjenigen Jurisdiktionen, die bereits sehr starke Gesetzgebungen hatten, zu einer Verbesserung der Gesetzgebung sowie damit auch zu einer Verstärkung des Anlegerschutzes. Das ist hingegen nicht gleichbedeutend mit einer Harmonisierung, weil einige Länder – wie zum Beispiel Deutschland – auch nach Umsetzung der Richtlinie in einigen Punkten weiterhin strengere Anforderungen stellen, als die Mindeststandards vorgeben“, zieht Frederik Kunze, Analyst der Nord/LB, eine erste Bilanz.

Neues Gütesiegel

Seit dem 8. Juli gibt es eine neue Art von Gütesiegel für europäische gedeckte Anleihen. Stehen Covered Bonds eines Landes in Einklang mit dem durch die Richtlinie angepassten lokalen Gesetz, können diese als „European Covered Bonds“ bezeichnet werden. Erfüllen die Anleihen darüber hinaus auch die Anforderungen für eine privilegierte Eigenkapitalunterlegung (gemäß Artikel 129 CRR Eigenkapitalregulierung), dann gelten sie als „European Covered Bonds (Premium)“.

Die lokalen Aufsichtsbehörden in der EU veröffentlichen Listen, welche Covered Bonds in ihrem Land in welche Kategorie fallen. Die BaFin etwa nennt 83 Pfandbriefbanken, die alle in dem Top-Segment emittieren. Der Zusatz „Premium“ sei als ein Signal an die Investoren zu verstehen, dass die Deckungswerte eine sehr hohe Qualität aufweisen, sagt Kunze. 

Die strengeren Offenlegungsvorschriften der EU-Richtlinie bei Covered Bonds werden den Anlegern mit der Vollendung der Umsetzung in Italien jetzt EU-weit Zugang zu besseren Transaktionsdaten verschaffen. Außerdem ist gemäß der Neuregulierung ein Liquiditätspuffer über 180 Tage vorzuhalten, um sicherzustellen, dass die Zinszahlungen an die Anleger im Falle einer Krise fortgesetzt werden.

In Deutschland verzeichneten Pfandbriefe beziehungsweise deren Deckungsstöcke auf Grundlage des Pfandbriefgesetzes schon vor der Umsetzung der Covered-Bond-Richtlinie eine auch im internationalen Vergleich sehr hohe Qualität. „Die erstmalige EU-Regelung des Covered-Bonds-Bereiches hat nichts daran geändert, dass das deutsche Pfandbriefgesetz nach wie vor eins der stärksten seiner Art ist“, sagt Sascha Kullig, Mitglied der Geschäftsleitung des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (VDP). Insofern habe die Harmonisierung beziehungsweise die Einführung von EU-Mindeststandards keine Auswirkungen auf den Pfandbriefmarkt gehabt.

„Positiv ist, dass jetzt auch in Deutschland die Fälligkeit eines Pfandbriefs nach der Insolvenz des Emittenten unter bestimmten Voraussetzungen um bis zu ein Jahr verschoben werden kann“, ergänzt Kullig mit Blick auf die in Deutschland neue Regelung der Fälligkeitsverschiebung. „Das ist europäischer und internationaler Standard und hatte keinerlei Auswirkung auf die Konditionen am Markt“, so Kullig.

Bei der Nord/LB hat man noch keinen messbaren Einfluss auf das Marktvolumen nach Richtlinienumsetzung gesehen. Es gebe viele Strukturbrüche durch Krisen wie Corona und andere Marktverwerfungen, die 2022 und 2023 zu Aufholbewegungen beim Emissionsvolumen und damit zu einer Überlagerung geführt haben sollten. „Allerdings hat die neue EU-Regelung in einzelnen Ländern wie beispielsweise Österreich einen Emissionsstau aufgelöst, weil die zuvor bestehenden drei Gesetzgebungen zusammengeführt wurden, was wiederum sowohl für Emittenten als auch für Investoren für mehr Klarheit gesorgt hat“, sagt Kunze. Für einige Jurisdiktionen, wie Estland, Lettland und Litauen, ergebe sich durch die Richtlinie auch eine gute Gelegenheit, ihr Vorhaben eines panbaltischen Covered Bond-Marktes voranzutreiben, der u.a. die grenzüberschreitende Verwendung von Deckungswerten erleichtert.

Überprüfung kommt

Generell wird die europäische Regelung positiv bewertet, weil sie indirekt auch in Deutschland das Segment stärkt. Doch schon jetzt deutet sich an, dass die Richtlinie nicht der letzte Stand sein wird. „In der EU-Gesetzgebung gibt es Aufträge an die Kommission, die Umsetzung der Richtlinie zu überprüfen“, sagt Kullig. Er warnt aber davor, dass auf eine unmittelbar wirksame Verordnung umgeschwenkt wird. Dazu sei der Markt in Europa viel zu unterschiedlich.

„Während in Deutschland die Deckungswerte von Pfandbriefen auf der Bilanz einer Bank bleiben und erst in der Insolvenz des Instituts vom restlichen Vermögen getrennt werden würden, sind die Deckungswerte in einigen anderen Ländern von Anfang an in ein SPV ausgelagert, welches wiederum eine Garantie für die Emission des Emittenten gibt.“

Der Covered-Bond-Markt steht ungeachtet der Mindestharmonisierung vor großen Herausforderungen. Es gibt Sorgen, wie sich steigende Zinsen und Inflation auf die Fähigkeit von Hausbesitzern auswirken, ihre Hypotheken zu bezahlen. Auch Gewerbeimmobilien erleben eine Krise. In vielen europäischen Städten sind die Immobilienpreise gefallen. Dennoch haben die Ratingagenturen bisher kaum Covered-Bond-Programme herabgestuft. Insgesamt dürfte die neue Richtlinie durch Transparenzstandards und Gütesiegel aber perspektivisch zum Wachstum des Marktes beitragen.

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