Für die Trendwende fehlen die großen Immobiliendeals
Für die Trendwende fehlen die großen Immobiliendeals
Im Blickfeld
Für die Trendwende fehlen die großen Immobiliendeals
Der erwartete Durchbruch am gewerblichen Immobilienmarkt bleibt bislang aus. Es mangelt an großvolumigen Transaktionen – und institutionelle Investoren aus dem Inland halten sich weiterhin bedeckt.
Von Thomas List, Frankfurt
Es geht aufwärts am deutschen gewerblichen Immobilienmarkt. Zumindest ein bisschen. Das zeigte sich kürzlich auch auf der wichtigsten deutschen Immobilienmesse Expo Real in München. Angesichts der aufkeimenden Hoffnung auf Marktbelebung verdrängten konstruktive Gespräche den im Vorjahr noch vorherrschenden Pessimismus. Gleichwohl signalisieren die Transaktionszahlen der ersten neun Monate, dass die Hoffnung mit Vorsicht zu genießen ist. Laut der Großmakler JLL und CBRE legte das Umsatzvolumen nur leicht zu auf knapp 24 Mrd. Euro.
Für JLL bestätigt das den moderate Aufwärtstrend. „Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“, stellt Konstantin Kortmann, CEO JLL Germany & Head of Capital Markets fest. Im Gesamtjahr könnte das Transaktionsvolumen damit sogar leicht über dem Vorjahr liegen. Das gilt insbesondere dann, wenn einige großvolumige Deals, die gerade verhandelt werden, noch bis Jahresende zum Abschluss kommen.
Geteilte Meinungen
Dem Optimismus von Marcus Lemli, Head of Investment bei CBRE in Deutschland, für den der Immobilieninvestmentmarkt Deutschland „zuletzt weiter an Dynamik gewonnen“ und zu einer „langsamen Markterholung“ geführt hat, will JLL allerdings nicht ganz folgen. Dort spricht man lieber von einer fortschreitenden Stabilisierung. Karsten Nemecek, Deputy CEO Germany bei Savills und verantwortlich für den Bereich Capital Markets warnt gar: „Die Erholung ist fragil und angesichts unstetiger Rahmenbedingungen ist eine nachhaltige Wende noch nicht vollzogen.“
Grund für die unsichere Lage sind verschiedene, teils konträre Einflussfaktoren. Die schwache Konjunktur in Deutschland und die geopolitischen Konflikte auf der einen Seite, das stabile Zinsumfeld und das Investitionsprogramm der Bundesregierung auf der anderen. Zwar scheinen die Banken jetzt eher wieder bereit zu sein, auch Projekte zu finanzieren – bis vor Kurzem noch ein No-go für fast alle Institute. Das heißt aber nicht, dass Banken sorgloser geworden sind und die Risiken nicht mehr sehen – im Gegenteil, findet Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany. „Insbesondere im gewerblichen Bereich ist der Anteil von Non-performing Loans gestiegen, maßgeblich getrieben vom Bürosegment.“
Refinanzierung wird zunehmend ein Thema
Hinzu kommt die Welle von Fälligkeiten, die in der Gewerbefinanzierungen anrollt. Scheuermann erwartet, dass Refinanzierungsthemen auch 2026 weiter an Bedeutung gewinnen. Notverkäufe auf breiter Front erwartet er allerdings nicht. Im vorigen und in diesem Jahr erfolgten nur etwa 35 bis 40% der Transaktionen aufgrund von Liquiditäts- und (Re-)Finanzierungsproblematiken oder aufgrund von Druck der Kapitalgeber.
Finanzierungsmöglichkeiten und -konditionen blieben dennoch insgesamt weiterhin limitiert, warnt Michael R. Baumann, Head of Capital Markets Germany bei Colliers. Immerhin träten aber bei krisensicheren Top-Produkten Banken bei Finanzierungen wieder gegeneinander an.
Und was wird nun am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt gehandelt? Von Januar bis September dieses Jahres waren es erneut am liebsten Wohnimmobilien. Rund ein Drittel des Transaktionsvolumens entfiel auf diese Nutzungsart. Gefragt waren vor allem Einzeldeals mit Core-Objekten zwischen 10 und 50 Mill. Euro. Etwa jeder vierte Abschluss war laut JLL ein Forward-Deal, der fortgeschrittene Projektentwicklungen insbesondere außerhalb der großen Metropolen, in B-Städten wie Hannover, Karlsruhe und Lübeck betraf. Nur vier von zehn Wohn-Transaktionen betrafen überregionale Portfolios. Das spiegelte laut Scheunemann das limitierte Angebot entsprechender Objekte wider.
Im Gesamtjahr 2025 könnten Wohnobjekte und -portfolios von etwa 10 Mrd. Euro umgeschlagen werden, etwa so viel wie im Jahr zuvor. Dazu tragen nach Ansicht von JLL nicht nur die relativ stabilen Kreditzinsen von 3,6 bis 3,7% bei, sondern auch die zunehmende Aktivität von Landesbanken und Pfandbriefbanken bei. Derweil vergeben auch die Sparkassen dank höherer Beleihungsausläufe mehr Kredite. Dazu kommen Debt Fonds, die gerne großvolumig refinanzieren und dabei Beleihungsausläufe von 80 bis 85% anbieten. Das zeige eine erhöhte Risikobereitschaft und eine verbesserte Liquiditätslage am Markt, so Scheunemann.
Zugegriffen haben dabei in erster Linie Asset- und Fondsmanager sowie kommunale Wohnungsgesellschaften. Auf der Verkäuferseite stachen offene Immobilienfonds hervor, die durch die Anteilsrückgaben getrieben wurden. Der Anteil ausländischer Investoren am deutschen Wohnimmobilieninvestmentmarkt ist in den ersten drei Quartalen auf 28% gestiegen – zehn Prozentpunkte mehr als in der Vergleichsperiode des Vorjahres.
Von Ausländern gesucht
Immer mehr ausländische Adressen, vorwiegend aus Europa, aber auch aus Nordamerika, interessierten sich auch jenseits des Wohnungssegments für Gewerbeimmobilien insgesamt. In den ersten drei Quartalen lag ihr Anteil laut CBRE bei 46% des Gesamtvolumens. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es nur 37%. Nordamerikanische Investoren lagen mit 15% an der Spitze, gefolgt von britischen (7%) und österreichischen (5%). Ausländische Investoren stockten ihr Engagement auf 10 Mrd. Euro auf (+29%), während deutsche Investoren gleichzeitig ihr Engagement hierzulande auf 12 Mrd. Euro (-12%) zurückfuhren.
Ein Comeback feierten in diesem Jahr Büroimmobilien. Die vermehrte Rückkehr vom Homeoffice ins Office lässt die Investoren wieder optimistischer werden. JLL sieht diesen Sektor mit einem Transaktionsvolumen von 4,9 Mrd. Euro an zweiter Stelle nach Wohnen, wenn auch mit deutlichem Abstand. Nach drei Quartalen sind Kortmann zufolge fast 90% des gesamten Vorjahresumsatzes von 5,5 Mrd. Euro erreicht. Dominiert haben dabei kleinere und mittelgroße Deals. Allerdings sank die Zahl der Transaktionen mit einem Volumen von mehr als 100 Mill. Euro von 49 im Vorjahreszeitraum auf 27.
Handel und Logistik gleichauf
Praktisch gleichauf folgen in der Gunst der Investoren Einzelhandel und Logistik mit jeweils 4,2 Mrd. Euro Transaktionsvolumen. Im Einzelhandel bleiben Fachmärkte ganz oben auf der Liste. Einkaufszentren kommen aber offenbar wieder zurück. Zugegriffen haben im gehobenen Einzelhandel und bei Top-Büros in erster Linie vermögende Privatkunden und Family Offices. Versicherungen und Pensionskassen warten offenbar weiter ab.
Der Logistiksektor leidet, so JLL, unter der unsicheren internationalen Lage des Handels, weshalb die Umsätze sanken und diese Nutzungsart als einzige beim Transaktionsvolumen unter der Vergleichsperiode des Vorjahrs lag. Allerdings zeichnen sich laut JLL-Chefresearcher Scheunemann dank der Umdeutung von Verteidigung und Sicherheit neue Chancen ab: „Zahlreiche Fonds überdenken ihre ESG-Richtlinien und definieren diese neu." Das könne zu mehr Nachfrage nach Industrie- und Logistikflächen führen.