KolumneUnterm Strich

Gegen Bank Runs hilft nur eine umfassende Einlagensicherung

Die jüngsten Bankenpleiten haben gezeigt: einen Bank-Run können die bestehenden Kapital- und Liquiditätsanforderungen nicht verhindern. Damit nicht wieder der Staat Banken retten muss, ist eine umfassende Einlagensicherung nötig.

Gegen Bank Runs hilft nur eine umfassende Einlagensicherung

Einlagensicherung
gegen Bank Runs

Von Claus Döring

Der Steuerzahler solle nie wieder Banken retten müssen. Bail-in statt Bail-out, das war eine der Lehren aus der Bankenkrise vor 15 Jahren. Eine solche Regulierung stand fortan auf der Agenda von Regierungen, Notenbanken und Aufsichtsbehörden. Doch je länger die Nahtod-Erfahrung für manche Bank zurücklag, desto schwieriger wurde die Verständigung auf internationale oder wenigstens europäische Regeln zur Krisenprävention. Nun scheinen die Pleiten der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse wie ein Weckruf zu wirken: Der Vorsitzende des Financial Stability Board (FSB) und Präsident der niederländischen Zentralbank, Klaas Knot, versicherte anlässlich der IWF-Tagung den Finanzministern der G20, aus der Dynamik der Ereignisse im März die nötigen Schlüsse für Finanzaufsicht und Regelwerk zu ziehen. Der Vorsitzende des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht, Pablo Hernández de Cos, kündigte an, neben einer Verschärfung der Liquiditätsanforderungen auch das Risikomanagement der Banken ins Visier zu nehmen. Und die EU-Kommission will endlich das lange in nationalem Hickhack feststeckende Gesetzespaket zum Krisenmanagement im Bankensektor vorstellen mit Regeln zur Einlagensicherung und Bankenabwicklung in der EU.

Das Problem: Alle diese Verschärfungen der Regulierung hätten weder den Bank Run in den USA noch jenen in der Schweiz verhindern und eine Krisenbewältigung ohne staatliche Hilfe ermöglichen können. In den USA hat die Einlagensicherung von 250.000 Dollar je Konto nicht ausgereicht, um den schlagartigen Abzug der Kundeneinlagen bei der SVB zu verhindern. 90% der Einlagen überstiegen diese Garantie. Für die Credit Suisse hätte der vom Single Resolution Fund (SRF) der EU für die Großbankenabwicklung angesammelte Topf von demnächst fast 80 Mrd. Euro ebenfalls nicht gereicht. Allein in den drei Tagen vor der staatlich orchestrierten Rettung und Zwangsfusion mit der UBS hatten Bankkunden rund 100 Mrd. sfr Einlagen abgezogen.

Der Gedanke, Einlagen nicht erst nach einem Bank Run zu garantieren, sondern schon vorher, ist so simpel wie bestechend.

Die jüngsten Beispiele zeigen, dass Auslöser und Ursache der Schieflage nicht wie bei früheren Bankenkrisen faule Kredite und insolvente Schuldner waren, sondern ein grundsätzlicher Vertrauensverlust der Kunden und Einleger. Die Pleite einer Großbank, die die seit der Bankenkrise vor 15 Jahren erhöhten Anforderungen an Eigenkapital und Liquidität jederzeit erfüllt hat, muss zu einem Umdenken in der Bankenregulierung führen. Eine Verschärfung der Kapitalanforderungen allein greift zu kurz. Die Rettung der CS hat gezeigt, wie schwer sich Politik und Aufsicht tun, die für solche Notlagen als Bail-in-Kapital bereitstehenden Mittel auch zu nutzen.

Weil Prävention besser ist als Nachsorge, sollten Politik und Aufsicht den Vorschlag von Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts SAFE aufgreifen, der an der Einlagensicherung ansetzt. In ihrem Policy Letter Nr. 98 setzen sich die Finanzprofessoren mit den Lehren aus dem SVB-Kollaps für die europäische Bankenregulierung auseinander und plädieren für eine umfassende Einlagensicherung (Comprehensive Demand Deposit Protection Scheme, CDDPS). Der Gedanke, Einlagen nicht erst nach einem Bank Run zu garantieren, sondern schon vorher und damit einen Bank Run erst gar nicht entstehen zu lassen, ist so simpel wie bestechend. Aus der impliziten Staatsgarantie, die trotz aller Regulierungen seit der Bankenkrise faktisch weiterbesteht, sollte eine explizite Garantie werden, die versichert werden muss und damit einen Preis hat – der von Größe und Risiko der Bank abhängt und so ein ungezügeltes Wachstum der Bilanzsumme ebenso disziplinieren dürfte wie grundsätzlich den Risikoappetit.

Damit solche Garantien nicht zu Moral Hazard verführen, muss es wie bisher eine Kaskade aus verlusttragendem Eigenkapital und Bail-in-fähigem Fremdkapital geben. Aber erst die Sicherung aller Einlagen gewährleistet, dass die Gläubiger-Hierarchie zur Rekapitalisierung im Ernstfall funktioniert und nicht durch einen Bank Run durchkreuzt wird. Dieser Gedanke sollte im Mittelpunkt stehen, wenn jetzt auf EU-Ebene die Einlagensicherung neu gefasst wird.

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