Geplatzter Traum
Als erster Dax-Konzern hat nun Infineon die restriktiven Methoden der neuen US-Regierung schmerzhaft zu spüren bekommen. Nach dem Wahlsieg von Donald Trump hätte aber der Konzernspitze bewusst sein müssen, dass Washington die Übernahme des kleinen Chipspezialisten Wolfspeed nicht mehr so ohne Weiteres durchwinkt.Insofern erwies sich die Erwartung von Vorstandschef Reinhard Ploss, dass der im Sommer vorigen Jahres bekannt gegebene Kauf glatt über die Bühne geht, nach dem Machtwechsel im Weißen Haus als reichlich naiv. Die Konzernführung sah sich offensichtlich zu sehr auf der sicheren Seite, hatte doch bereits der zuständige Kontrollausschuss der US-Administration zwei Jahre zuvor die viel größere Akquisition des kalifornischen Wettbewerbers Rectifier ohne Bedenken genehmigt. Doch damals führte noch Barack Obama das Land. Nun zeigte der neue Herr in der US-Hauptstadt Infineon die rote Karte.Für den bislang erfolgreichen Chef des größten deutschen Halbleiterunternehmens ist ein Traum geplatzt. Mit Wolfspeed wollte Ploss Infineon im lukrativen Geschäft mit Leistungshalbleitern strukturell deutlich stärken. Deshalb war er auch bereit, für die Firma mehr als das Vierfache des Jahresumsatzes hinzublättern. Dass Wolfspeed mit rund 200 Mill. Dollar nur einen Bruchteil des Konzernumsatzes ausmacht, ist für ihn nur ein schwacher Trost. Schließlich wird es für Infineon nun schwieriger, einen Zugang zu der zukunftsweisenden Siliziumkarbid-Technologie zu erhalten. Das könnte sich auf lange Sicht als Wettbewerbsnachteil für die auf Kosteneffizienz getrimmte Chipfertigung von Infineon herausstellen.Die Frage, ob Infineon mit dem Zukauf tatsächlich nationale Sicherheitsinteressen der USA beeinträchtigt hätte, lässt sich nicht so ohne Weiteres beantworten. Vor dem Hintergrund der geänderten Machtverhältnisse in Washington ist das ohnehin zweitrangig. Nimmt man Trump beim Wort, dürfte der zuständige Ausschuss künftig sämtliche ausländische Direktinvestitionen in den USA im Hightech-Sektor ablehnen, weckt dieser Bereich doch auch immer das Interesse von Militärs und Gemeindiensten. Zwar arbeiten Infineon und der Verkäufer Cree daran, die Transaktion doch noch in abgespeckter Form in einem zweiten Anlauf durchzubekommen. Doch dieser Bemühungen werden höchstwahrscheinlich ins Leere laufen. Die Übernahme von Wolfspeed ist gescheitert. Die Konsequenzen daraus sind für Infineon schwerwiegender als für Cree, die nun gezwungen sein wird, für Wolfspeed eine “nationale” Lösung im Sinne Trumps zu suchen. Für Ploss ist eine Chance vertan, sich in einem wichtiger werdenden Geschäftsfeld einen Vorsprung zu verschaffen. Einen Plan B hat er vermutlich nicht, befindet sich doch ein Großteil des dafür erforderlichen Know-hows in den USA.