KommentarEU-Bankenabwicklung

Halb gewappnet für den Notfall

Der EU-Fonds zur Bankenabwicklung ist planmäßig befüllt – doch ein zentraler Sicherheitspfeiler fehlt.

Halb gewappnet für den Notfall

Abwicklungsfonds

Halb gewappnet für den Notfall

Von Stefan Reccius

Der EU-Fonds zur Bankenabwicklung ist planmäßig befüllt – doch ein zentraler Sicherheitspfeiler fehlt.

Für das Krisenmanagement im europäischen Bankensektor ist es eine Zäsur: Mit einer letzten Tranche von 11,3 Mrd. Euro werden Europas Banken den EU-Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund/SRF) bis Ende dieses Jahres mit annähernd 78 Mrd. Euro befüllt haben. Damit liegen die Beiträge zum Ende der achtjährigen Aufbauphase rund 40% höher als zu Beginn avisiert. Ist die Europäische Union somit vollumfänglich für künftige Bankenkrisen gewappnet? Die unbefriedigende Antwort: jein. Der Abwicklungsfonds SRF ist zwar finanziell planmäßig ausgestattet. Zudem hat die zuständige Abwicklungsbehörde SRB den Praxistest Banco Popular Jahre nach der akuten Schieflage in Spanien schließlich auch vor Gericht bestanden. Doch ein zentraler Pfeiler des Notfallmechanismus fehlt.

Der Euro-Rettungsfonds ESM ist als sogenannter “Backstop” vorgesehen: Er soll als Letztsicherung parat stehen, falls in einer akuten Bankenkrise Liquiditätshilfen in großem Umfang nötig werden. Der ESM würde die Schlagkraft des Abwicklungsfonds SRF notfalls mal eben verdoppeln. Das ist in erster Linie als präventive Beruhigungspille gedacht, um nervöse Märkte zu sedieren. Die Anleger schlucken das natürlich nur, wenn es glaubwürdig vorgetragen ist. Der Haken: Noch immer hat Italien als einziges Land den reformierten ESM-Vertrag nicht ratifiziert. Immer deutlicher wird, dass die Regierung von Giorgia Meloni die Zustimmung zum ESM als politisches Faustpfand für Zugeständnisse an anderer Stelle einzusetzen gedenkt: namentlich die Reform der gemeinsamen Schuldenregeln und die Weiterentwicklung der Bankenunion.

Zwar mühen sich hochrangige Vertreter anderer EU-Staaten nach Kräften zu versichern, das eine – die Ratifizierung des ESM-Vertrags – habe doch nichts mit dem anderen – Vorschriften für den staatlichen Schuldenabbau – zu tun. Allerdings kommen aus Rom eindeutige Signale, dass man es dort anders sieht. Dabei sind die Grenzen zwischen legitimer Verhandlungstaktik und Erpressung fließend.

Für den Moment können sich die Beteiligten solche politischen Spielchen leisten. Die Bankenkrise aus dem Frühjahr ist folgenlos an der EU vorbeigezogen. Die Turbulenzen um Silicon Valley Bank und Credit Suisse verdeutlichen gleichwohl, wie schnell die Situation eskalieren und eine Bankenkrise ungeahnt ihren Lauf nehmen kann. Ein echter Härtetest für die EU-Bankenabwicklungsbehörde SRB steht jedenfalls aus. Für den Notfall ist sie bis auf weiteres nur halb gewappnet.

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