LeitartikelVersicherer

Heiter bis wolkig in Monaco

Der Trend zu teureren Rückversicherungsdeckungen wird sich auf dem traditionellen Treffen der Versicherungsbranche in Monaco, das am 9. September beginnt, verfestigen. Angesichts der gestiegenen Risiken ist das bitter nötig.

Heiter bis wolkig in Monaco

Versicherer

Heiter bis wolkig in Monaco

Rückversicherungs- deckungen sind auf breiter Front teurer geworden. Das ist angesichts großer Risiken bitter nötig.

In diesem Jahr sind die Preise für Risiken, die Erstversicherer an Rückversicherer abgeben, auf breiter Front gestiegen. Dieser sogenannte harte Markt wurde von Munich Re, Swiss Re, Hannover Re & Co. seit Jahren gefordert, jetzt ist er da. Endlich und bitter nötig, würden sie sagen  – und stoßen bei den Erstversicherern wie etwa der Allianz auf ein gewisses Verständnis.

Der Trend zu steigenden Preisen dürfte sich auch ab dem 9. September in Monaco zeigen, wenn sich Erst- und Rückversicherer, Makler und Berater für fünf Tage zum traditionellen "Rendez-Vous de Septembre" (RVS) treffen. Im Halbstundentakt werden in den großen Hotels rund um das berühmte Casino von Monte Carlo die Verhandlungen zum wichtigsten Vertragserneuerungstermin am 1. Januar vorbereitet.

In den Gesprächen dürfte Konsens darüber herrschen, dass die Risiken weltweit zunehmen. Das betrifft am sichtbarsten Naturkatastrophen. Im ersten Halbjahr 2023 zählte die Munich Re Gesamtschäden von 110 Mrd. Dollar. Das lag deutlich über dem 10-Jahres-Schnitt und setzte den Trend der schadenreichen Vorjahre fort.

Aber was tun angesichts einer drohenden, stark steigenden Schadenlast? Schließlich sind (Rück-) Versicherer Wirtschaftsunternehmen, die Geld verdienen wollen und diesen Verdienst ihren Eigentümern zugutekommen lassen wollen. Erstversicherer, die ja direkt am Endkunden dran sind, setzen auf eine Mischung an Prävention, Ausschlüssen und Prämienerhöhungen. Auf Basis von Daten und Modellen lässt sich zeigen, wo zum Beispiel Häuser von Hochwasser bedroht sind. Wer trotzdem in Hochrisikogebieten baut oder dort schon gebaut hat, wird entweder gar nicht oder nur zu deutlich erhöhten Prämien versichert.

Hier geht es also um Zeichnungsdisziplin, die, so reklamiert es die Branche für sich, auch im scharfen Wettbewerb streng sei. Diese Grundsätze gelten auch im Verhältnis von Erst- und Rückversicherern. Die (Rück-)Deckung von Naturkatastrophen wird sich auf immer weniger Risikoträger konzentrieren  – auf der einen Seite die fünf Größten der Branche und auf der anderen Seite einige Spezialisten. Aber es wird auch immer mehr alternative Risikoträger geben, die insbesondere den Kapitalmarkt über entsprechende Anleihen an Anspruch nehmen. Dieser Weg boomt, sprich es gibt immer mehr Investoren, die bereit sind, solche Risiken zu tragen.

Für Rückversicherer bleibt aber immer noch genügend Platz. Sie müssen sich allerdings immer wieder fragen, welche Risiken sie noch tragen wollen angesichts von Klimawandel, unerwarteten Kriegen und wirtschaftlichen Turbulenzen wie der aktuellen Inflation. Der Chef der Swiss Re, Christian Mumenthaler, forderte jüngst die Erstversicherer auf, kleine oder Massenrisiken vermehrt selbst zu tragen und nur noch Spitzenrisiken abzugeben. Tatsächlich ist der Trend zu mehr Selbstbehalten bei Erstversicherern zu beobachten. Er wird sich angesichts steigender Preise für Rückversicherungsdeckungen sicher noch verstärken. Das wird sich jetzt auch in Monaco zeigen. Erstversicherer können Massenrisiken durch ihren direkten Kundenkontakt besser einschätzen, während Rückversicherer dies durch aufwendige Prognosemodelle bei Großschadenrisiken versuchen. Diese Arbeitsteilung scheint ein sinnvoller Ansatz zu sein, wobei die ganz großen Erstversicherer heute wohl beides können.

Es bleibt dabei: Die Schadenrisiken werden in Zukunft global deutlich zunehmen. Größte Bedrohung ist der Klimawandel, umso mehr, wenn selbst gesteckte Klimaziele nicht oder zu spät erreicht werden. Die Versicherer werden einen Teil dieser Risiken tragen müssen. Für die steigenden Schäden aufzukommen erfordert mehr Kapital, das aus den eigenen Erträgen thesauriert werden oder aus anderen Quellen kommen muss. Entscheidend wird sein, dass die Erst- und Rückversicherer ihre zu erwartende Schadenlast richtig einschätzen können. In den Vertragsverhandlungen, die jetzt in Monaco beginnen, müssen sie davon ausgehen. Aber: Die bisherigen Schadenmodelle mussten nach fast jedem Großschaden angepasst werden.

Von Thomas List
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