Japans Transrapid hebt nicht ab
Japans Transrapid hebt nicht ab
Notiert in Tokio
Japans Transrapid hebt nicht ab
Von Martin Fritz
Vor ziemlich genau zehn Jahren begann in den japanischen Südalpen der Bau einer Bahnstrecke zwischen Tokio und Nagoya für eine Magnetschwebebahn. Doch der Betreiber Japan Railways (JR) Central musste seitdem mehrere Hiobsbotschaften verkünden. Vergangene Woche berichtete Präsident Shunsuke Niwa, die Baukosten würden sich gegenüber der Anfangsschätzung auf 11 Bill. Yen (62 Mrd. Euro) verdoppeln. Im Vorjahr musste JR Central die Inbetriebnahme wegen einer politischen Blockade bereits von 2027 um acht Jahre auf 2035 verschieben. Nun heißt es aber, 2035 sei nur der Zeitpunkt für Berechnungen und nicht der Starttermin. Die vage Aussage lässt befürchten, dass die ersten Maglev-Züge noch später abheben, von der geplanten Verlängerung bis nach Osaka ganz zu schweigen.
40 statt 106 Minuten
Die 286 Kilometer lange Strecke zwischen Tokio und Nagoya für den „Chuo-Shinkansen“ verkürzt die Reisezeit gegenüber dem konventionellen Shinkansen-Zug von 1 Stunde 46 Minuten auf 40 Minuten um mehr als die Hälfte. Zwei Gründe: Die Verbindung ist 80 Kilometer kürzer, weil sie schnurgerade unter den Bergen zu 86% durch Tunnels führt; zugleich rast die Maglev-Bahn mit bis zu 500 Kilometer pro Stunde, zwei Drittel schneller als die heutigen Shinkansen-Züge, die am Pazifik entlangfahren.
Der Bauherr JR Central wollte das Megaprojekt eigentlich ausschließlich privat finanzieren. Das Versprechen stieß von Anfang an auf Skepsis, zum einen wegen der hohen Baukosten durch viele Tunnels, zum anderen wegen der voraussichtlich sinkenden Zahl von Reisenden durch die alternde und schrumpfende Bevölkerung. Außerdem macht sich JR Central mit der neuen Strecke selbst Konkurrenz, da man auch die jetzige Shinkansen-Strecke betreibt. Damit Reisende überhaupt umsteigen, soll die Maglev-Fahrt von Tokio nach Nagoya nur 700 Yen (4 Euro) mehr kosten, da der Zeitvorteil durch längere An- und Abfahrtszeiten zu den neuen Bahnhöfen weitgehend verloren geht. Schon 2017 erhielt JR Central daher 3 Bill. Yen (17 Mrd. Euro) an zinsgünstigen Langzeitdarlehen vom Staat.
Viele Mehrbelastungen
Die Kostenexplosion basiert auf den höheren Preisen von Stahl und Beton für die Strecke sowie Kupfer und Aluminium für die Ausrüstungskomponenten. Auch die Ausgaben für Personal und die Entsorgung von Bauschutt seien gestiegen. Außerdem stellte sich heraus, dass die Gebirge im Untergrund oft unerwartet brüchig waren, so dass Tunnels größer und stabiler gebaut werden mussten. Solche künftigen Mehrbelastungen kalkulierte JR Central ebenfalls mit ein.
Durch die Verdopplung der Baukosten würden die Konzernschulden von derzeit knapp 4 Bill. Yen bis 2035 auf 7,1 Bill. Yen (40 Mrd. Euro) steigen, zehn Mal so viel wie der Betriebsgewinn in diesem Jahr. Wahrscheinlich muss der Staat erneut als Kreditgeber einspringen, damit das japanische Transrapidprojekt überhaupt gelingt. Sonst hat China, das Strecken für eine 600 Kilometer pro Stunde schnelle eigene Magnetbahn bauen will, wieder einmal die Nase vorn.
