NOTIERT IN WASHINGTON

Käufliche Botschafterposten

Sie beherrschen keine Fremdsprachen und wissen so gut wie nichts über jenes Land, in dem sie Amerika repräsentieren sollen. Trotzdem werden sie mit hohen diplomatischen Ämtern belohnt. US-Präsident Barack Obama vergibt immer häufiger...

Käufliche Botschafterposten

Sie beherrschen keine Fremdsprachen und wissen so gut wie nichts über jenes Land, in dem sie Amerika repräsentieren sollen. Trotzdem werden sie mit hohen diplomatischen Ämtern belohnt. US-Präsident Barack Obama vergibt immer häufiger Spitzenpositionen im diplomatischen Dienst an Freunde und politische Verbündete, die zwar völlig unqualifiziert sind, während des letzten Wahlkampfs aber tief in die Taschen gegriffen haben.Ein Musterbeispiel ist Obamas Ernennung von Colleen Bell zur neuen US-Botschafterin in Budapest. Als Senator John McCain ihr bei der Bestätigungsanhörung die simple Frage stellte, welches denn die strategischen Interessen der USA in Ungarn seien, war die 47-Jährige ratlos und stammelte ein paar Phrasen über “Freundschaft und Zusammenarbeit”. Ihr mangelndes Wissen spielte aber zumindest aus der Sicht des Weißen Hauses keine Rolle. Schließlich hatte Bell, Produzentin einer populären Seifenoper im US-Fernsehen, während des Wahlkampfs für Obama mehr als 800 000 Dollar gesammelt.Obamas Vorpreschen mit unqualifizierten Kandidaten stößt in Washington auf wachsende Kritik, und Republikaner, die allen Bedenken zum Trotz Favoriten des Präsidenten bestätigten, fordern die Einführung strikterer Kriterien für Personen, die als Botschafter amerikanische Interessen im Ausland vertreten sollen.Im US-Außenministerium gilt nämlich seit Jahrzehnten die ungeschriebene Regel, dass mindestens drei Viertel aller Botschafterposten an Karrierediplomaten gehen sollen, die sich im auswärtigen Amt Jahrzehnte lang hochgedient haben. Sie sollten ein Universitätsstudium absolviert haben, mehrsprachig sein und zudem auf mehreren Stationen in Übersee die notwendige Auslandserfahrung gesammelt haben. Die übrigen Stellen können an persönliche Freunde, politische Verbündete oder großzügige Spender gehen, die den amtierenden Präsidenten mit sechs- bis siebenstelligen Spendensummen beim Wahlkampf unterstützt haben.Nun hat aber ausgerechnet jener Präsident, der Lobbyisten und gut betuchten Spendern den Kampf angesagt hatte, weil sie mit Macht und Geld Wahlausgänge und Gesetzgebungsverfahren zu beeinflussen suchen, die Regel auf den Kopf gestellt. Nach Angaben der American Foreign Service Association, die Interessen von Karrierediplomaten wahrnimmt, hat Obama seit Beginn seiner zweiten Amtsperiode für 53 % der zu vergebenden Botschafterposten Personen nominiert, die während des Wahlkampfs im Herbst 2012 mindestens eine halbe Million Dollar an Spenden für ihn sammelten.Zum Vergleich: Obamas Parteikollegen Bill Clinton und Jimmy Carter verschenkten nur ein gutes Viertel der diplomatischen Topjobs an politische Spender. Bei den Republikanern George Bush Senior und Junior sowie Ronald Reagan lag die Quote bei etwa einem Drittel. “Die Zahl ist wirklich verheerend”, sagte ein langjähriger US-Diplomat, der sich Hoffnung auf eines der diplomatischen Spitzenämter in Europa gemacht hatte. “Da spielt man nach allen Regeln, arbeitet sich Jahrzehnte lang hoch, und plötzlich wird einem ein Hollywoodproduzent vor die Nase gesetzt, der auf Cocktailpartys für den Präsidenten das große Geld sammelt.”Kaum besser als TV-Produzentin Bell sah der wohlhabende New Yorker Hotelier George Tsunis aus, der neuer US-Chefdiplomat in Norwegen geworden ist. Weder kannte er die Hauptstadt des nordischen Königreichs, noch wusste Tsunis, dass Norwegen eine konstitutionelle Monarchie ist. Eine ebenso schlechte Figur gab der neue Botschafter in Argentinien ab, der zugab, “kein Wort Spanisch zu sprechen”, und jenen Kontinent, auf dem er die USA vertreten wird, noch nie besucht hatte.Wie auch Bell hatten die beiden Kandidaten aber für den Präsidenten seinerzeit Spenden in siebenstelliger Höhe zusammengebracht. Tom Korologos, der unter Präsident George W. Bush Botschafter in Belgien war, schimpft über “eine unbeschreibliche Kompromittierung der Mindestanforderungen”. Als er seine Heimat in Brüssel vertrat, “wusste ich mehr über Belgien als die Belgier selbst”, betont er. Heute hingegen scheine nur noch das Geld eine Rolle zu spielen.