MarktplatzFinanzmärkte

Klare Zinssignale

Die US-Zinsstrukturkurve deutet es an. Sie ist invertiert, und das war in der Vergangenheit ein recht verlässlicher Indikator für die Konjunktur, denn dann ging es mit der Wirtschaft später bergab.

Klare Zinssignale

Marktplatz

Klare
Zinssignale

Von Kai Johannsen

Die US-Notenbank hat den Leitzins auf den höchsten Stand seit 2001 gehievt, die elfte Erhöhung in Folge. Die Europäische Zentralbank (EZB) folgte fast stets und nahm nun die neunte Anhebung in Folge vor. Alles im Kampf gegen die Inflation, und das zeigt auch Wirkung. Denn die Teuerungsraten dies- und jenseits des Atlantiks haben sich dank restriktiver Geldpolitik der Fed und EZB deutlich von ihren Hochs entfernt. Bei diesen Entwicklungen ist es nachvollziehbar, dass sich die Märkte darauf einstellen, dass der Großteil der Wegstrecke im Inflationskampf zurückgelegt und das Ende der Fahnenstange bei Zinsanhebungen in Sichtweite ist. Vorsichtig stimmte EZB-Chefin Christine Lagarde die Märkte nun darauf ein, dass man sich langsam vom „Anhebungsautomatismus“ bei den Leitzinsen verabschieden könnte. Im September sei zwar noch eine Anhebung möglich, aber auch eine Zinspause.

Die Marktreaktion war prompt und deutlich. Der Euro fiel, schließlich könnte die Zinsunterstützung wegfallen. Gute Stimmung bei Aktien: Dax mit Schlussrekord, am Freitag dann Intraday-Allzeithoch. Schließlich könnte die Zinsbelastung für Firmen nun nicht weiter steigen. Und die zehnjährige Bundrendite purzelte zeitweise um mehr als zehn Basispunkte.

Rolle rückwärts

Aus der etwaigen EZB-Zinspause könnte auch schnell die Rolle rückwärts werden, wenn die Konjunktur abschmiert. Denn dann könnte Unterstützung seitens der Notenbanken über Zinssenkungen notwendig werden. Abhängig ist dies von der Teuerungsentwicklung und der Schwere eines Konjunktureinbruchs. Zuletzt zeigten Daten, dass sich die Konjunktur auf dem absteigenden Ast befindet. Und auch Lagarde gab einen verschlechterten Ausblick für die Eurozonen-Konjunktur ab. Das Wachstum werde auf kurze Sicht schwach bleiben, dann aber die Erholung verstärken. Dass die EZB keinen extremen Konjunkturpessimismus versprüht, ist keine Überraschung.

Die Märkte stellen sich seit geraumer Zeit darauf ein, dass es mit der Konjunktur bergab gehen wird. Vom US-Staatsanleihemarkt kommen klare Signale: Die US-Zinskurve ist invertiert. Im Bereich der zwei- bis zehnjährigen Laufzeiten der US-Treasuries liegen die zwei- über den zehnjährigen Renditen und zeigen in der Lesart der Märkte: Konjunktur wird schwächeln, Unterstützung der Notenbanken in Form längerfristig sinkender Zinsen steht an. Die Inversion der Zinskurve war in der Vergangenheit ein verlässlicher Signalgeber für die Konjunkturentwicklung, ging doch seit den Sechzigern jeder US-Rezession eine inverse Kurve voraus. Nur in ganz wenigen Fällen folgte auf eine Inversion keine Rezession. Aber immer wieder gab es Zweifler getreu der Devise: Dieses Mal ist alles anders. Doch es kam in der Mehrheit der Fälle eben nicht so. Von daher darf die Inversion der (US-)Zinskurve weiter als sehr gutes Konjunktursignal angesehen werden. Und damit eben auch für die Leitzinsentwicklung.

Marktausblick

Aktienmarkt

Asien-Pazifik-Region

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.