Private Altersvorsorge

Kleine Riester-Reform

Zum großen Wurf wird es nicht mehr reichen, aber noch gäbe es die Chance zumindest mit kleineren Korrekturen zum Ende der Legislaturperiode der Riester-Rente das Überleben zu sichern. Die nach dem früheren Arbeitsminister Walter Riester (SPD)...

Kleine Riester-Reform

Zum großen Wurf wird es nicht mehr reichen, aber noch gäbe es die Chance zumindest mit kleineren Korrekturen zum Ende der Legislaturperiode der Riester-Rente das Überleben zu sichern. Die nach dem früheren Arbeitsminister Walter Riester (SPD) benannte und 2002 eingeführten private Altersvorsorge sollte Bürger über staatliche Förderung anreizen, mehr für das Alter zurückzulegen. Die Instrumente dafür sind Zulagen für die niedrigeren Einkommen und eine nachgelagerte Besteuerung für höhere Einkommen. Die Zahl der Verträge indessen stagniert bestenfalls in den vergangenen Jahren bei rund 16 Millionen. Als Vertriebskiller gelten ein kompliziertes Zulagenverfahren, eine unattraktive, wenn auch sichere Anlage sowie hohe Kosten.

Dabei wäre mehr private Vorsorge für das Alter so sehr notwendig. Das Versorgungsniveau der gesetzlichen Rente sinkt seit Jahren. Dieser Trend hält an. Rentenreformen der schwarz-roten Regierung haben den Druck auf die Rentenkasse noch erhöht. Mütterrente, Grundrente oder Rente mit 63 heißen die Leistungen, die sozialpolitischer Motivation folgten und mehr kosten. Auf dem Bundeshaushalt lastet schon enormer Druck. Bereits vor der Coronakrise flossen knapp 30% der Ausgaben als Zuschuss in die staatliche Rentenkasse. Stabilisieren lässt sich das gesetzliche Rentenniveau in einer alternden Gesellschaft nur mit höheren Beiträgen oder längerer Lebensarbeitszeit. Beides ist nicht in Sicht.

Umso mehr wäre es nötig, die Bedingungen für die private Vorsorge so zu gestalten, dass die Menschen nicht in der dritten Lebensphase in Armut sinken. Die Voraussetzungen dafür waren nach der Bundestagswahl 2017 günstig. CDU/CSU und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, den Rahmen für die private Altersvorsorge weiterzuentwickeln und gerechter zu gestalten. Ein „attraktives standardisiertes Riester-Produkt“ war die Zielmarke. An Vorschlägen dazu mangelt es nicht. Hessens früh verstorbener Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) hatte zusammen mit dem grünen Koalitionspartner in Wiesbaden einen „Deutschland-Fonds“ angeregt. Ein zum Selbstkostenpreis vertriebenes Standardprodukt würde die eingesammelten Gelder am Kapitalmarkt anlegen – professionell verwaltet im Auftrag des Staates. Der Verbraucherzentrale Bundesverband setzt auf ein öffentlich-rechtlich organisiertes Standardprodukt mit frei wählbarer Kapitalanlage. Der Einzahlungspflicht könnten sich die Bürger nur per Opt-out entledigen. Die Gefahr eines staatlichen Konkurrenzprodukts im Nacken erleichterten der Finanzbranche 2019 einen gemeinschaftlichen Vorschlag. Fondsgesellschaften, Versicherer und Bausparkassen hatten einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, der auf eine radikale Vereinfachung des Riester-Systems abzielt: stärkere Verbreitung durch niedrigere Kosten und höhere Renditen. Ein Standardprodukt ohne komplizierte Wahlmöglichkeiten soll die Beratungskosten senken, eine Lockerung der Bruttobeitragsgarantie die Erträge steigern. Denn eines der Hauptprobleme der Riester-Rente in Niedrigzinszeiten ist die Garantie für die eingezahlten Beiträge zu jedem Zeitpunkt der Vertragslaufzeit. Die Anbieter legen deshalb in wenig volatilen, aber auch wenig chancenreichen Papieren an. Vom Boom des Aktienmarktes profitieren die Riester-Sparer nicht. Die Rentenkommission der schwarz-roten Koalition hatte im März 2020 ebenfalls Reformvorschläge präsentiert – darunter die Lockerung der Beitragsgarantie und eine staatlich organisierte, digitale Plattform für Produkte ohne Vertriebskosten.

In der schwarz-roten Koalition zeichnet sich bislang keine Entscheidung ab. Die SPD-Fraktion ist ein Fan der gesetzlichen Rente, obwohl der im „Wirtschaftsforum der SPD“ gebündelter außerparteiliche Sachverstand für eine Reform der kapitalgedeckten Altersvorsorge eintritt, um sie „bezahlbar“ und „flexibel“ zu machen. Die Union im Bundestag ist frustriert, dass im SPD-geführten Bundesfinanzministerium ihre Vorschläge nicht aufgegriffen werden. Ein neues Standardprodukt für die private Vorsorge lässt sich im letzten halben Jahr der Legislaturperiode nicht mehr aus der Taufe heben. Dies könnten nur bei Einigkeit der Koalitionspartner gelingen. Wohl aber sollten die größten Probleme der Riester-Rente behoben werden. Der Kunde könnte das Recht bekommen, die feste Beitragsgarantie zu lockern. Auch ein einfacheres Zulagenverfahren ließe sich noch stemmen. Andere Parteien wie die FDP mit ihrem Konzept einer gesetzlichen Aktienrente stehen im aufziehenden Bundestagswahlkampf bereits in den Startlöchern. Dass die Rente sicher ist, glaubt wohl kaum noch ein Wähler.