KommentarChipmangel in der Autoindustrie

Brüchige Lieferketten

Der Konflikt um dem Halbleiterhersteller Nexperia ermahnt VW und andere in der Autoindustrie, trotz hoher Sparanforderungen in Resilienz zu investieren.

Brüchige Lieferketten

Autohersteller

Brüchige Lieferketten

Von Carsten Steevens

Der Fall des Chiperstellers Nexperia ermahnt Volkswagen und andere, stark in Resilienz zu investieren.

Es ist frappierend, wie rasant sich Lieferprobleme von Halbleiterproduzenten nach wie vor auf die Produktion von Unternehmen in Deutschland auswirken können. Mit Nexperia ist ein niederländisch-chinesischer Hersteller von Chips, die für die Autoindustrie als unentbehrlich gelten, in den Handelskonflikt zwischen China und den Vereinigten Staaten geraten. Autohersteller und Zulieferer bangen wegen eines spürbaren oder drohenden Teilemangels um ihre Fertigung, Branchenverbände schlagen wegen der fragilen Versorgung Alarm, die Politik in Berlin und Brüssel ist aufgeschreckt.

Maßnahmen einzelner Unternehmen, die Beschaffung von elektronischen Bauteilen und Halbleitern nach den Erfahrungen aus der mehrjährigen Chipkrise während der Corona-Pandemie zu verbessern, haben an der Abhängigkeit in Schlüsseltechnologien und -komponenten von Anbietern aus Asien und Amerika bislang wenig geändert. Lieferketten, vor allem jene, die über Europa hinausgehen, sind weiterhin anfällig. Wie schon in den Pandemiejahren bis 2023 wird der Ruf laut, die Wertschöpfungskette stärker nach Europa zu verlagern. Dass das aber leichter gesagt als getan ist, zeigen geplatzte Großprojekte wie das des kriselnden US-Chipherstellers Intel für den Bau einer Fabrik bei Magdeburg oder die Bruchlandung des insolventen schwedischen Batterieproduzenten Northvolt.

Versäumnisse

Zweifel an seinen Krisenplänen weckt nicht zuletzt Europas größter Autobauer. Im August 2023 hatte Volkswagen eine Neuausrichtung der Halbleiterbeschaffung vorgestellt mit dem Ziel, Engpässe künftig frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. Der Nexperia-Fall und die im Raum stehenden kurzfristigen Produktionseinschränkungen in Fahrzeugwerken deuten aber auf Versäumnisse hin – etwa in der Bevorratung mit kritischen Komponenten sowie in der Organisation diverser Lieferquellen. Nun verlässt der VW-Markenvorstand, der die Verbesserungen in der Beschaffung vor gut zwei Jahren ankündigte, den Konzern – angeblich im Rahmen einer länger geplanten Altersregelung.

Der Bedarf an Chips pro Fahrzeug wird mit dem Hochlauf der E-Mobilität steigen. Elektroautos benötigen ein Vielfaches der Komponenten, verglichen mit Verbrennern. Der Fall Nexperia ermahnt VW und andere, trotz hoher Sparanforderungen in Resilienz zu investieren und möglichst sichere und agile Lieferketten aufzubauen, anstatt bei Bauteilen vor allem auf beste Konditionen zu achten.