LeitartikelKryptomarkt

Zum Scheitern verurteilt

Die Freigabe für Spot-ETFs auf Bitcoin in den USA hat Digital Assets Milliardenzuflüsse beschert und die Kurse angetrieben. Die Hoffnung auf eine nachhaltige institutionelle Krypto-Adoption ist und bleibt aber vollkommen unrealistisch.

Zum Scheitern verurteilt

Kryptomarkt

Zum Scheitern verurteilt

Von Alex Wehnert

Die Hoffnung auf konstante institutionelle Mittelzuflüsse in Cyberdevisen ist vollkommen unrealistisch.

Krypto-Investoren baden in Glückseligkeit – und weigern sich, harten Realitäten ins Auge zu blicken. Die Freigabe Spot-basierter Bitcoin-ETFs in den USA hat die Cyberdevise im März auf ein Rekordhoch von über 73.000 Dollar getrieben. Und das bevorstehende Bitcoin-Halving, in dessen Zuge die Menge neu generierter Einheiten der Kryptowährung effektiv halbiert wird, löst längst Spekulationen auf neue Kursaufschwünge aus. Allerdings sind die groben Zeitpunkte aller Halvings bekannt – dass diese noch Euphorie auslösen, obwohl sie eingepreist sein müssten, zeigt die Irrationalität des Marktes. Und die Hoffnung auf konstante institutionelle Mittelzuflüsse ist vollkommen unrealistisch.

Schließlich stützt sich die Rally, die den Bitcoin-ETFs seit der Zulassung Anfang Januar milliardenschwere Zuströme beschert hat, einmal mehr auf Privatanleger. Kein Wunder, sind die Vehikel auf bedeutenden institutionellen Plattformen doch noch gar nicht verfügbar, da sie nicht den nötigen Track Record vorweisen können. Und aktuell rufen US-Gerichte Assetmanagern, Banken, Versicherern, Pensionsfonds und Stiftungen in Erinnerung, mit welch seriösen Elementen sie es im Kryptomarkt zu tun haben. So hat ein New Yorker Tribunal den Gründer der insolventen Kryptobörse FTX, Sam Bankman-Fried, Ende März wegen Betrugs zu 25 Jahren Haft verurteilt. Und der US-Börsenaufsicht SEC haben die Geschworenen bei einer zivilen Betrugsklage gegen den Unternehmer Do Kwon und seinen 2022 kollabierten Stablecoin-Anbieter Terraform Labs recht gegeben.

Abschreckende Betrugsfälle

Auf institutionelle Investoren wirken die gehäuften Betrugsfälle im Sektor abschreckend. Krypto-Enthusiasten wollen dies indes nicht wahrhaben und betonen, dass es sich bei diesen Fällen um Einzelbeispiele unsauberer Elemente handelt. Der gestörte Bezug zur Realität, der im Segment vorherrscht, wird auch am Beispiel von Ripple Labs deutlich. Der Emittent der Kryptowährung XRP hat angekündigt, einen neuen Stablecoin schaffen zu wollen. Mit dem auf Wertstabilität angelegten Token will Ripple Banken und Assetmanagern den Handel digitaler Assets erleichtern.

Allerdings befindet sich die Firma nach wie vor im Rechtsstreit mit der US-Börsenaufsicht SEC, die den Token XRP als unrechtmäßig begebenes Wertpapier einstuft. Im März forderte die Behörde wegen Verstößen gegen den Investorenschutz eine Strafe von 2 Mrd. Dollar gegen Ripple. Bereits 2023 urteilte das zuständige Gericht, dass die Firma mit dem Verkauf von XRP an Privatanleger keine Verstöße begangen habe – ein höchst umstrittener Richterspruch –, mit Emissionen an institutionelle Investoren aber schon. Nun will das Unternehmen also mit einem neuen Token auf Marktteilnehmer zugehen, die das bisherige Angebot schon äußerst skeptisch betrachten müssen.

Zur Zulassung gezwungen

Solche Vorstöße von Kryptofirmen ins Segment der institutionellen Investoren sind allerdings zum Scheitern verurteilt. Denn auch die Annahme, dass der Freigabe der Spot-ETFs auf Bitcoin eine höhere Toleranz der SEC für Cyberdevisen zugrunde liegt, stellt einen Trugschluss dar. Der Aufsicht blieb einfach nichts anderes übrig, als die Vehikel zuzulassen, nachdem sie im Herbst 2021 bereits grünes Licht für Futures-ETFs auf die Digitalwährung gegeben hatte. Anbieter machten deshalb den US-Rechtsgrundsatz geltend, nach dem ähnliche Produkte auch kongruent zu regulieren sind.

Nachdem SEC-Chef Gary Gensler nun also gezwungen war, die Spot-ETFs durchzuwinken, greift er in anderen Bereichen des Kryptomarkts eher noch härter durch. Einem gesonderten regulatorischen US-Rahmenwerk für digitale Assets wird Gensler mit Verweis auf bestehende Wertpapierregeln auch künftig im Weg stehen. Dabei ist das Narrativ, gemäß dem die Vereinigten Staaten durch regulatorische Fortschritte in der EU unter Zugzwang geraten, schlichtweg nicht haltbar. Denn die USA als liquidester Finanzplatz geben an den globalen Märkten den Ton vor, die Behörden werden sich durch eine drohende Abwanderung von Blockchain-Dienstleistern kaum beeindrucken lassen. Solange es in den Vereinigten Staaten aber kein einheitliches Kryptorahmenwerk gibt, werden große institutionelle Investoren dem Digital-Assets-Segment fernbleiben.

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