Notiert inBerlin

Kunst, Politik und Geld

Die zeitgenössische Kunstszene hat sich ein Wochenende in Berlin gefeiert. Knappe öffentliche Kassen und die Hoffnung auf privates Geld sind auch im Kunstmarkt präsent.

Kunst, Politik und Geld

Notiert in Berlin

Kunst, Politik und Geld

Von Angela Wefers

Kunst und Kultur sind gerade für eine Stadt wie Berlin nicht nur ein Publikumsmagnet, sondern auch ein echter Wirtschaftsfaktor. Die Hoffnung auf mehr privates Geld zum Ausgleich knapper öffentlicher Kassen ist auch hier bestimmend. Das Gallery Weekend zog über das erste Maiwochenende wieder viele etablierte Sammler in die Stadt und womöglich auch solche, die nach den Börsentalfahrten der vergangenen Wochen nach einer neuen, etwas beständigeren Anlageklasse suchen.

Das Gallery Weekend in Berlin hat sich in mehr als 20 Jahren zu einer der führenden Werkschauen für zeitgenössische Kunst in Deutschland entwickelt und ist ein verkaufsstarker Termin im Kunstmarkt. In diesem Jahr luden 52 Galerien zum Rundgang durch die Berliner Kreativszene ein. Präsentiert wurden mehr als 80 Künstlerinnen und Künstler aus 20 Ländern. Darunter sind Weltstars wie der isländisch-dänische Installationskünstler Ólafur Elíasson oder junge Protagonisten wie Boris-Becker-Sohn Noah, der im Übrigen auch als DJ auftritt. Beide leben in Berlin. Das Gallery Weekend bestimmt für kurze Zeit den Ton in der Stadt. Selbst das elegante Traditionskaufhaus KaDeWe stellte seine Schaufenster dafür in den Dienst der Kunst.

Umbruch in Berlins Kulturszene

Das diesjährige Wochenende war schon deshalb politisch, weil mitten in die Versammlung der Kunstsinnigen ohne Steuergeldanspruch die Nachricht über den Rücktritt von Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) platzte. Der politisch wenig erfahrene Quereinsteiger mit tansanischen Wurzeln stand unter hohem Druck, weil er starke Einschnitte des Senats im Kulturhaushalt mitgetragen hatte. Weitere geplante Kürzungen, so befürchtet Chialo nun, könnten „zur drohenden Schließung von bundesweit bekannten Kultureinrichtungen“ führen. Chialo war als Kulturstaatsminister der neuen CDU-geführten Bundesregierung gehandelt worden. Der Posten ging indessen an den Publizisten Wolfram Weimer. Die Hoffnung, Bundesmittel könnten dem klammen Berliner Kulturbetriebe auf die Beine helfen, sind damit geschwunden.

Wer mehr Einblick in die Verbindung von Kunst und Geld nehmen will, dem hilft das jüngste Buch des – ebenfalls in Berlin lebenden – Kunsthändlers Dirk Boll, Vizevorstand beim Londoner Auktionshaus Christie’s für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, weiter. Sein Handbuch „Die Kunst und ihr Markt“, erschienen bei Hatje Cantz, bietet in sechs handlichen Bändchen im Schuber auch für Newcomer eine gut zu lesende, profunde und reich bebilderte Handreichung, wie der globale Kunstmarkt arbeitet. Wie entstehen Preise und wie Trends bei Künstler und Sammlern? Wie hat sich der Kunstmarkt historisch entwickelt? Wie verhält es sich mit Ware, Beschaffung und Absatz? Auch rechtliche Fragen wie die von Geldwäsche und neuen Trends wie dem Kunstmarkt für digitale NFTs werden beleuchtet. Nicht zuletzt zeigt Boll auf, wie die Akteure im Kunstmarkt arbeiten: Auktionshäuser, Messen und eben: Galerien.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.