Notiert inLondon

Last Exit Glastonbury

Glastonbury hat 2025 eine besondere Attraktion: Die Searchers geben auf dem Festival ihr Abschiedskonzert. Es ist ihr erster Auftritt dort.

Last Exit Glastonbury

Notiert in London

Last Exit Glastonbury

von Andreas Hippin

Glasto naht! Für viele Musikfans ist das alljährliche Glastonbury Festival der Höhepunkt des Jahres. Allerdings können es sich immer weniger leisten, am inzwischen völlig von der BBC dominierten Woodstock-Abklatsch im englischen Somerset teilzunehmen. Mittlerweile werden für die Tickets 373,50 Pfund verlangt, plus Buchungsgebühren und Versandkosten.

Seit Jahren bestimmen deshalb gut betuchte Angehörige der urbanen Mittelschicht das Bild. Sie schwenken Palästina- und LGBTQIA+-Fahnen, ohne den inhärenten Widerspruch zu bemerken. Dabei lassen sie sich von Stars wie dem Labour-Glam-Rapper Stormzy, die ihnen Youtube oder Spotify empfohlen haben, Hiphop für Angestellte vorspielen. Hier darf man sich als Rebell fühlen, auch wenn man längst zum Establishment gehört.

Dienstälteste Popband aus Liverpool

Gut möglich, dass sich die meisten die Hauptattraktion des diesjährigen Massenauftriebs entgehen lassen. Es sind die Searchers, die sich nach 68 Jahren auf Tour zur Ruhe setzen wollen. Sie treten am Freitag auf der Akustikbühne gegen Musiker wie Busta Rhymes an, die vielen Besuchern eher ein Begriff sein werden als die dienstälteste Popband aus Liverpool.

Mike Pender und John McNally gründeten die Band 1957. Im Alter von 83 Jahren tritt McNally, der die Searchers mit 16 an den Start brachte, nun erstmals auf dem Glastonbury Festival auf die Bühne. „Das Leben könnte nicht besser sein, oder?“ wird er von der BBC zitiert. Der Bassist Frank Allen, der seit 1964 dabei ist, sagte, ein Auftritt dort sei schon immer ihr Ziel gewesen. Nun habe man es erreicht.

Letztes Konzert der Abschiedstournee

Die Version der Searchers des Hits „Sweets for My Sweet“ von den Drifters dürfte den Eltern des Festivalpublikums ebenso in Erinnerung geblieben sein wie „Sugar and Spice“ oder „Don't Throw Your Love Away“. Die Band verkaufte im Laufe ihrer Geschichte mehr als 50 Millionen Platten. Last Exit Glastonbury: Das Debüt der Searchers dort ist zugleich das letzte Konzert ihrer Abschiedstournee.

Ihr zeitloser Sound beeinflusste zahllose britische Musiker. John Lennon nannte sie einen wichtigen Einfluss auf die Beatles in ihren frühen Jahren. Lob kann auch von Bruce Springsteen und Tom Petty.

Simulierte Authentizität

Natürlich gibt es auch in diesem Jahr eine kontroverse Band, deren Auftritt die gesellschaftliche Relevanz des Festivals signalisieren soll. Im vergangenen Jahr hatte der Drill-Rapper Fumez the Engineer Authentizität demonstriert. Ende Juni übernimmt Kneecap diese Rolle.

Den irischen Rappern werden Sprüche wie „Nur ein toter Tory ist ein guter Tory“ und ein Aufruf an die Fans, ihre Abgeordneten zu töten, vorgeworfen. Ein Mitglied des Trios soll auf einem Konzert eine Hisbollah-Flagge geschwenkt haben. Die Veranstalter des TRNSMT Festivals in Glasgow strichen sie wegen Sicherheitsbedenken vom Setup. Für Glastonbury-Besucher sind sie eine aufregende Unterbrechung des nur allzu geordneten Festivalbetriebs.

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