KommentarNachhaltigkeit

Leider kein Perfect Match

Versicherungen und Nachhaltigkeitsprinzipien passen eigentlich gut zusammen. Doch ein Perfect Match zeigt sich nicht. Die Branche klagt laut über neue Berichtspflichten. Sie sollte dabei etwas gnädiger urteilen.

Leider kein Perfect Match

Nachhaltigkeit

Leider kein Perfect Match

Von Wolf Brandes

Es sieht wie ein Perfect Match aus. Die Rede ist von Versicherern und der Nachhaltigkeit. Beide Themen haben eine langfristige Perspektive, und für Versicherungen spielen Klimarisiken eine große Rolle. Das böte eigentlich Chancen für ein perfektes Zusammenspiel.

Die Branche darf sich immerhin als einen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit sehen. Vor mehr als 20 Jahren unterzeichnete die Allianz den UN Global Compact. 2006 trat die Munich Re der Investorengruppe UN PRI bei. Wohlgemerkt, das ist mehr als 15 Jahre her, in einer Zeit, als ESG noch nicht in aller Munde war. Auch beim Kohleausstieg 2018 waren die Versicherer dabei.

Also doch ein perfektes Match? Nein, wenn man hört, was der Branchenverband GDV über grüne Kapitalanlagen einerseits und die ESG-Berichterstattung der Versicherer andererseits zu sagen hat. In beiden Bereichen fällt eine Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit auf.

Geduld mit Brüssel

So hört man ein lautes Jammern und Klagen über die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die aus Brüssel kommt. Sie sei zu standardisiert und lasse wenig Spielraum. Der GDV hat absurde Beispiele zur Hand, das muss man zugeben. Leider ist das manchmal mit Regeln aus Brüssel so. Dass ESG-Reporting viel Aufwand bedeutet und vielleicht nicht an allen Ecken passt, das ist bei einem neuen Feld nun mal so und sollte sich bessern. Daten sind für die Themen Klimawandel und Nachhaltigkeit unverzichtbar, ohne sie lässt ESG sich nicht vernünftig steuern. Zu Anfang ruckelt es etwas, da könnten die Versicherer etwas gnädiger sein.

Wie mühsam der Weg von ESG gepaart mit Versicherung ist, zeigt auch eine Bestandsaufnahme der Nachhaltigkeitsziele der Versicherer in Sachen Kapitalanlage. Natürlich berücksichtigen die meisten Häuser Nachhaltigkeitskriterien, das steht außer Frage. Aber der riesige Kapitalanlagebestand von 1.900 Mrd. Euro ist offensichtlich doch noch nicht so grün, wie man sich das vorstellen könnte. So sind die Anteile bei Instrumenten wie Green Bonds oder Investments in erneuerbare Energien überraschend klein.

Und auch wenn es statistische und strukturelle Gründe hat, ist es ebenso überraschend, dass der CO2-Fußabdruck der Versicherungsbranche gemessen am investierten Kapital sich im vergangenen Jahr leicht verschlechtert hat. Das mag an Nachholeffekten und mangelnder Datenqualität liegen, sollte aber für die Branche Ansporn sein, in Sachen ESG auch im Bereich der Kapitalanlagen weiter zuzulegen. 

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