KommentarEU-Antigeldwäsche-Behörde

Mehr als nur Prestige

Frankfurt hat im Poker um die Antigeldwäsche-Behörde der EU gewonnen. Aber das ist kein sportlicher Wettbewerb. Sondern ein Versprechen gegenüber den EU-Partnern. Und für den Finanzplatz ein großer Gewinn.

Mehr als nur Prestige

EU-Anti-Geldwäsche-Behörde

Mehr als nur Prestige

Von Detlef Fechtner

Uff! Das war knapp. Aber am Ende hat es gereicht. Frankfurt hat am Donnerstagabend den Zuschlag für die geplante EU-Anti-Geldwäsche-Behörde, die "AMLA", bekommen. Der Auswahlprozess war bis zuletzt spannend, für die Beteiligten wahrscheinlich sogar nervenaufreibend. 28 Stimmen waren erforderlich. 28 Stimmen hat Frankfurt am Ende für sich verbuchen können. Punktlandung!

Auf dem Weg dahin waren drei Hürden zu überwinden: Erstens musste die Bundesregierung ausreichend andere Regierungen überzeugen. Und zwar weniger durch Marketing und Rhetorik als vielmehr durch klassische Instrumente der Diplomatie: Entgegenkommen an anderer Stelle, Zusagen der Unterstützung in Nachbardossiers. Zweitens mussten die Deutschen sicherstellen, dass im Parlament keine Stimmung gegen Frankfurt gemacht wurde. Hier gab es die ersten positiven Signale, nachdem es die Stadt am Main sogar auf die Shortlist der EU-Abgeordneten schaffte. Der dritte Risikofaktor war schließlich die geheime Wahl. Denn allen Absprachen und Zusagen zum Trotz konnte am Ende jeder Beteiligte so abstimmen, wie er wollte, ohne dabei entdeckt zu werden. Schlussendlich weiß man auch jetzt, nach der Abstimmung, nicht, ob die 27 Regierungen tatsächlich alle für Frankfurt votiert haben und nur ein einziger EU-Abgeordneter. Oder ob es 15 nationale Stimmen waren und 13 EU-Parlamentarier.

Diese kurze Aufzählung beweist, dass der AMLA-Zuschlag für Frankfurt alles andere als ein Selbstläufer war. Insbesondere der Bundesregierung muss man zuerkennen, dass sie – anders als beim Wettbewerb um den Sitz der EU-Bankenaufsichtsbehörde EBA, die sich Paris bei der Abstimmung 2017 angelte – dieses Mal mit vollem Einsatz unterwegs gewesen ist.

Bei aller Freude über den Erfolg sollte aber niemand aus dem Blick verlieren, dass es hier nicht um einen sportlichen Wettbewerb geht, den Deutschland nun für sich entschieden hat. Sondern um ein Versprechen gegenüber den EU-Partnern, in Europa Geldwäsche endlich effektiver zu bekämpfen als das, insbesondere hierzulande, bislang geschehen ist. Deutschland hat sich viel vorgenommen, unter anderem den Aufbau einer Bundesbehörde neben der AMLA und den Ausbau der personellen Kapazitäten. Das ist dringend nötig, denn hinter Geldwäsche stecken die widerlichsten Verbrechen – und ein Finanzplatz, der im Kampf gegen Geldwäsche halbherzig vorgeht, muss sich zu Recht harte Vorwürfe machen lassen. Der Zuschlag für den AMLA-Sitz in Frankfurt ist der Vertrauensvorschuss der EU-Partner, dass es Deutschland wirklich ernst meint mit seinen ambitionierten Ansagen, wie sie im Zuge der Präsentationen gemacht wurden.

Im Gegenzug profitiert der Finanzplatz am Main ungemein von der Ansiedlung der EU-Behörde. Nicht so sehr wegen der 400 Arbeitsplätze, die in der Stadt entstehen. Und auch nicht so sehr wegen des Prestiges, sich beim Schaulaufen in Brüssel durchgesetzt zu haben. Sondern weil für Banken, Fonds und Unternehmen die Nähe zu Aufsehern und Regulierern in Zeiten engmaschiger Regulierung ständig an Bedeutung gewinnt. Compliance, also die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben, ist längst zu einer Königsdisziplin in Banken geworden. Und Compliance funktioniert schon lange interaktiv. Etwa, indem sich Banken mit Behörden, Fachkräfte mit Fachbeamten, im stetigen und im besten Falle persönlichen Kontakt darüber austauschen, wie bestimmte Rechtsbegriffe und Anforderungen zu verstehen sind. Nicht, indem ein Aufseher nachträglich begutachtet, was ein Kreditinstitut nach eigener Auslegung der Regeln (falsch) gemacht hat. Das gilt insbesondere für so sensible Themen wie Geldwäscheprävention. Denn die bergen nicht nur das Risiko behördlicher Sanktionen, sondern in viel bedrohlicherem Ausmaß auch von Reputationsschäden.

Die Ansiedlung der Anti-Geldwäsche-Behörde der EU schärft Frankfurts Profil als Stadt der kurzen Wege und des direkten Austauschs mit den Aufsehern. Genau deswegen verstärkt die Ansiedlung der AMLA den Sog, der von "Europas Behörden-Hauptstadt" auf Finanzdienstleister ausgeht.

Die Ansiedlung der Anti-Geldwäsche-Behörde verstärkt den Sog von "Europas Behörden-Hauptstadt" auf Banken.

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