Im BlickfeldImmobilien

Auf dem Weg aus der Nische

Institutionelle Immobilieninvestoren interessieren sich verstärkt für Nutzungsarten, die bisher in der zweiten Reihe standen. Dazu gehören Logistikimmobilien, aber auch zunehmend wieder Hotels und Gesundheitsimmobilien.

Auf dem Weg aus der Nische

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Auf dem Weg aus der Nische

Büroimmobilien waren traditionell die beliebteste Nutzungsart institutioneller Investoren. Beim Transaktionsvolumen liegt aber Logistik inzwischen vorn. Hotels sind wieder im Kommen. All das hat mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu tun.

Von Thomas List, Frankfurt

Am deutschen gewerblichen Immobilienmarkt galt es seit vielen Jahren als gesetzt, dass auf Büros das größte Transaktionsvolumen entfällt. Das hat sich inzwischen geändert. In der Analyse des ersten Quartals 2024 stimmen alle Maklerhäuser überein, dass der Wert der ge- und verkauften Logistikimmobilien den der Büros deutlich übertroffen hat. Auf weit überwiegend Lagerhallen, zu einem kleinen Teil Produktionsobjekte und Gewerbeparks entfielen Transaktionen im Wert von rund 1,5 Mrd. Euro, was bei der Mehrzahl der Maklerhäuser Platz 1 unter den Nutzungsarten bedeutete.

Gamechanger Onlinehandel

Eine der zentralen Ursachen des starken Aufschwungs der Logistikbranche liegt im Onlinehandel, der insbesondere durch die Coronakrise einen kräftigen Anschub erfahren hat. Die Nachfrage nach Lagerflächen hat so stark zugenommen, dass das Angebot bei weitem nicht mithalten konnte, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Preisentwicklung. Richtig ist allerdings auch, dass nach Ende der Covid-Pandemie eine Ernüchterung im Onlinehandel eingesetzt hat, die sich auch deutlich in den sinkenden Umsätzen des vergangenen Jahres 2023 niedergeschlagen hat. „E-Commerce hat zwar im letzten Jahr deutlich an Dynamik verloren, bleibt aber durch sein langfristiges Wachstumspotenzial weiter gefragt“, sagt Nicolas Roy, Head of Industrial & Logistics Germany bei Colliers.

Immerhin hat das Logistik-Transaktionsvolumen im vierten Quartal 2023 deutlich angezogen, erlahmte im ersten Quartal 2024 aber wieder. Hier dürften die enttäuschen Wirtschaftsdaten belastet haben. Entsprechend sind auch die Spitzenmieten für Lager- und Logistikflächen im ersten Quartal schwächer gestiegen als zuvor, meist im einstelligen Prozentbereich.

Allerdings sieht Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland, schon wieder „Silberstreifen am eingetrübten Konjunkturhimmel“. Er verweist auf den Ifo-Geschäftsklimaindex vom März, der vor allem im Dienstleistungssektor und im Wesentlichen in Transport und Logistik klare Aufwärtstendenzen gezeigt habe. Auch der Index der ZEW-Konjunkturerwartungen habe sich erneut verbessert. Die zurückgehende Inflation und der für Juni erwartete Zinsschritt der Europäischen Zentralbank dürften auch den Logistikmarkt beflügeln.

Für den weiteren Aufschwung des Logistiksegments spricht auch das verstärkte Engagement ausländischer, vor allem europäischer Adressen wie Immobilienaktiengesellschaften und Assetmanager – sie waren nach Angaben von CBRE im ersten Quartal für rund drei Viertel der Transaktionen verantwortlich – und die Dominanz der Portfoliotransaktionen. Sie dürften das etwas riskantere, sogenannte Value-add-Segment ansteuern. Auf dieses entfiel auch in den ersten drei Monaten dieses Jahres die weit überwiegende Zahl der Transaktionen. Hingegen dominierten im Vorjahr noch die sicheren Core- und Core-plus-Objekte.

Zwei Nummern kleiner stellt sich für Immobilieninvestoren der Hotelmarkt dar. Er erlebte infolge der Corona-Pandemie nicht nur einen Einbruch, sondern praktisch einen Stillstand. Das zeigte sich auch im Transaktionsvolumen, das 2020 im Vergleich zu 2019 um mehr als die Hälfte zusammenschmolz – und sich seitdem nicht mehr auf das Niveau der Boomjahre 2015 bis 2019 erholt hat.

Kaum noch Hotel-Neubauten

Eine nicht überraschende Folge der Pandemie war neben Hotelschließungen und -pleiten die drastische Reduktion von Neubauten. Sie hatten in der Vergangenheit teilweise erheblich zum Transaktionsvolumen beigetragen, wie Alexander Trobitz, Geschäftsführer und Head of Hotel Services der BNP Paribas Real Estate Deutschland, erklärte. Entsprechend betraf der Umsatz des ersten Quartals von rund 240 Mill. Euro fast ausschließlich Bestandsobjekte. Hervor stach der Verkauf des Luxus-„Hotel de Rome“ in Berlin von GIC, dem Singapurer Staatsfonds und Caleus Capital Partners, einer Berliner Immobilien-Investmentgesellschaft an den Hotelbetreiber Gruppo Statuto.

Aktuell dominieren Ankäufe im Value-add- und opportunistischen Segment, während in den Vorjahren Core- und Core-plus-Strategien (zum Beispiel mit Konversionsprojekten) vorherrschten. Für BNP Paribas Real Estate ist dieses etwas risikoreichere Vorgehen mehrheitlich ausländischer Investoren ein klares Statement für die insgesamt positiv eingeschätzte weitere Marktentwicklung des Hotelsegments. Auch hier spielt die Aussicht auf niedrigere Zinsen und damit günstigere Finanzierungen eine Rolle. Speziell im Hotelsegment hätten sich die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern immer mehr angenähert, beobachten die Franzosen. Außerdem erhöhe sich das Angebot durch Finanzierungs- und Liquiditätszwänge einiger Bestandshalter.

Am meisten dürften dem Hotelmarkt die deutlich angestiegenen Übernachtungszahlen nutzen, die vielerorts schon wieder das Niveau von 2019 bzw. vor der Corona-Pandemie erreicht haben. Für einen zusätzlichen Schub dürfte die im Juni beginnende Fußball-Europameisterschaft in Deutschland sorgen. „Im Gegensatz zu anderen Assetklassen wie dem Büromarkt wird der Hotel-Investmentmarkt somit von guten Fundamentaldaten gestützt“, sagt BNP-Paribas-Real-Estate-Manager Trobitz. „Dies alles sorgt dafür, dass die Assetklasse Hotel bei Investoren wieder verstärkt in den Fokus rückt.“

Auch CBRE erkennt am deutschen Hotelmarkt positive Signale und Tendenzen. Helena Rickmers, Director Hotel Investment, schränkt aber ein: „Einzelne Großtransaktionen reichen nicht aus, um den Markt anzutreiben.“ Daher wird im Jahresverlauf eine Fortsetzung des positiven Trends auf niedrigem Niveau erwartet.

Mit je nach Analyse 120 bis 130 Mill. Euro Transaktionsvolumen sind Gesundheitsimmobilien ein Nischensegment auf dem deutschen gewerblichen Immobilienmarkt. Allerdings sind Pflegeheime, betreutes Wohnen und Gesundheitszentren aufgrund der demografischen Entwicklung eine stark aufstrebende Nutzungsart.

Drastischer Rückgang

Im ersten Quartal dieses Jahres war dies aus den Zahlen allerdings nicht abzulesen. Vielmehr ging das Transaktionsvolumen im Vergleich zum ersten Quartal 2023 um mehr als die Hälfte zurück. Dominiert haben jetzt Einzeltransaktionen und kleinere Portfoliotransaktionen bei Pflegeheimen und betreutem Wohnen. Nach Angaben von Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland, „agieren insbesondere institutionelle Anleger weiterhin sehr zurückhaltend, wenn es um Immobilieninvestitionen in den Pflegesektor geht. Vor allem die kosteninduzierten Insolvenzen auf der Betreiberseite, Diskussionen um Pachtminderung, der latente Fachkräftemangel und damit Risiken der Unterauslastung, falls die vorgeschriebene Quote nicht erfüllt wird, sind Risikokomponenten, die es zu meistern gilt.“ Darüber hinaus machen die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Vorschriften für Pflegeheime den Betreibern (und damit auch den Investoren) das Leben schwer.

Allerdings seien vermehrte Anfragen zu Einschätzungen möglicher Verkaufsprozesse in sämtlichen Segmenten der Gesundheitsimmobilien Grund zu Optimismus. Investoren schätzen insbesondere ambulante Gesundheitsimmobilien wie Ärztehäuser und medizinische Versorgungszentren.

Dies gelte auch für betreutes Wohnen und Rehakliniken, hat Jan-Bastian Knod, Head of Healthcare Advisory bei Cushman & Wakefield, beobachtet. Nationale und internationale Kapitalquellen verfügten über viel Liquidität, die sie in deutsche Gesundheitsimmobilien investieren wollten. „Die Zurückhaltung des Vorjahres weicht dem Wunsch, rechtzeitig in den neuen Zyklus einzusteigen und Ankäufe zu tätigen.“

Das Fünf-Sterne-Hotel de Rome in Berlin ist mit 145 Mill. Euro die mit Abstand größte Hoteltransaktion im ersten Quartal. Logistik nimmt in einem insgesamt schwachen Transaktionsmarkt eine Top-Position ein. Gesundheitsimmobilien sollten von der demografischen Entwicklung profitieren, warten aber noch auf den großen Anstoß.

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