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Spielcasino für Lebensmittel

Wie die jüngste Marktentwicklung bei Kakao mit ihren exorbitanten Preissprüngen zeigt, ist an den landwirtschaftlichen Terminmärkten die Rückkehr zu einer stärkeren Regulierung erforderlich.

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Lebensmittel

Von Dieter Kuckelkorn

Der Preis für Kakao an den Terminbörsen in London und New York hat eine äußerst bemerkenswerte Entwicklung hinter sich. In London ist der Preis von rund 3.300 Pfund je Tonne zum Jahresanfang bis auf mehr als 9.800 Pfund regelrecht explodiert. Inzwischen wird die Tonne Kakao wieder zu rund 7.340 Pfund gehandelt. Derart exorbitante Ausschläge an den Märkten für Lebensmittel wecken Kritik, und es wird auch wieder der Vorwurf des Spielcasinos laut. Es sollte aber nicht übersehen werden, dass es derartige Terminmärkte schon lange gibt und dass sie eingeführt wurden, um Produzenten und Abnehmern mehr Sicherheit vor den Unbilden von Klima und anderen Naturphänomenen zu geben und die Absatz- und Beschaffungspreise für die Akteure in der jeweiligen Branche längerfristig planbar zu machen. Auch ist es stets so, dass derartigen Preisausschlägen fundamentale Gegebenheiten zugrunde liegen. Aktuell sind es ungünstige Wetterlagen in Westafrika. Hinzu kommt, dass es über mehrere Jahrzehnte aufgrund der niedrigen Preise nicht genug Investitionen in die Kakaoproduktion gegeben hat.

Die fundamentalen Gegebenheiten erklären freilich nicht die Tatsache, dass sich der Kakaopreis in ganz kurzer Zeit mehr als verdreifacht hat. Ursache dafür ist der stärkste Zufluss kurzfristiger spekulativer Mittel, den der Kakaomarkt jemals gesehen hat. Gemäß den Daten der US-Terminbörsenaufsicht geht es um Größenordnungen von vielen Milliarden Dollar. Derartige Phänomene sind übrigens erst seit den Deregulierungswellen der landwirtschaftlichen Terminmärkte ab den 1990er Jahren möglich. Versuche seit der Finanzkrise von 2007/08, die Exzesse durch wieder mehr Regulierung zu stoppen, sind bislang über Ansätze nicht hinausgekommen. Aufgrund der großen volkswirtschaftlichen Schäden, die derartige Exzesse verursachen können, ist aber letztlich die Rückkehr zu den Spielregeln erforderlich, die es vor der Deregulierungswelle gab. Dies sind vor allem die Begrenzung der Aktivität pro Marktteilnehmer und die Rückkehr zur Beschränkung der Teilnahme auf branchennahe Adressen.

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