Mit Vorsicht in das neue Jahr
Die Jahresergebnisse 2023/2024 von Siemens Healthineers wirken unspektakulär. Denn wer die am Donnerstagmorgen veröffentlichten Zahlen neben die Prognose legt, die der Medizintechnikkonzern im vergangenen November abgegeben hat, sieht eine Punktlandung. Der Umsatz landete in der unteren Hälfte der ursprünglich anvisierten Spanne, das Ergebnis pro Aktie in der oberen Ziel-Hälfte. Das war’s.
Wirklich? Es lohnt sich ein zweiter Blick, weil eine derartige Analyse die überraschend zurückhaltende neue Prognose 2024/2025 erklärt. Denn hinter den aufaddierten Werten des vergangenen Geschäftsjahres verbergen sich allerlei Quartalsturbulenzen.
Gegenwind in China
Der Vorstand hatte geglaubt, dass Gegenwind in China aufgrund von Sonderfaktoren schnell abflauen werde. Doch Quartal für Quartal sorgten Korruptionsermittlungen gegen Krankenhäuser & Co. für eine anhaltende Nachfrageschwäche. Die Investoren reagierten nach der dritten Revision mit Misstrauen, obwohl hohe Umsätze in anderen Regionen die Einbußen wettmachten. Am Ende senkte der China-Effekt den Umsatzanstieg 2023/2024 nicht – wie anfangs gedacht – um einen Prozentpunkt, sondern um 2,5 Punkte.
Die Ziele für das Anfang Oktober angelaufene Geschäftsjahr zeigen, dass der Vorstand seine Lektion gelernt hat. Eine angepeilte vergleichbare Umsatzsteigerung von 5 bis 6% liegt nicht nur niedriger als das früher selbstgesteckte Ziel, von 2023 bis 2025 um 6 bis 8% jährlich zuzulegen. Die Vorgabe ist auch geringer als die Analystenerwartung, die im Schnitt von 16 Schätzungen einen Anstieg 2024/2025 von 6,6% vorhersagte.
Geringer Streubesitz
Das Management will also diesmal positiv überraschen, falls die China-Nachfrage sich erholt. Letztlich zeigt die Prognose aber auch, dass die Zurückhaltung der dortigen Kunden anhaltend groß ist. Finanzvorstand Jochen Schmitz erwartet nun, dass der Umsatz sich erst in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres 2024/2025 stabilisiert – auf dann natürlich niedrigerem Niveau. Philips, GE Healthcare und der chinesische Wettbewerber United Imaging haben teils noch stärker als Healthineers gelitten. Die China-Absatzschwäche ist für die gesamte Branche keine gute Nachricht.
Dies wird die Investoren weiterhin beschäftigten. Irritierend wirkt auch, dass die Dividende nur stagniert, obwohl Siemens Healthineers das unverwässerte Ergebnis je Aktie im vergangenen Geschäftsjahr um fast ein Drittel erhöht hat. Der Free Cash-flow legte sogar um Zweidrittel zu. Allerdings kommt Siemens Healthineers damit zu einer Ausschüttungsquote von 50% bis 60% zurück. Im Vorjahr waren 70% des bereinigten Nettogewinns ausgezahlt worden. Insofern ist die Stagnation konsistent.
Der Aktienmarkt hat die Ergebnisse des vierten Quartals zur Xetra-Eröffnung mit einem Kurssprung von 8% honoriert. Der gesamte Gesundheits-Sektor ging nach oben. Mit 52 Euro liegt der Healthineers-Kurs trotzdem weit unter dem 2021er-Niveau von rund 67 Euro. Damit ignoriert der Kapitalmarkt, dass die Inflation mittlerweile über Preiserhöhungen im Griff ist, der Varian-Zukauf trotz Quartalsturbulenzen gedeiht und das Diagnostik-Geschäft schneller saniert wird als gedacht.
Belastend bleibt neben den China-Problemen der prozentual geringe Streubesitz. Selbst wenn Siemens in den nächsten Monaten fünf Prozentpunkte in den Markt gibt, hält der Großaktionär noch immer 70% an Healthineers. Extrem großvolumige Engagements verbieten sich unter diesen Umständen für Institutionelle, weil sie sich in dem dünnen Handel nicht mehr komplett von ihren Anteilen trennen könnten.