Monopolkommission im Elfenbeinturm
Monopolkommission im Elfenbeinturm
Glasfaserausbau
Monopolkommission im Elfenbeinturm
Eifriger Infrastrukturwettbewerb kann für teure Digitalnetze nicht die Lösung sein. Das lehrt die überzogene Anzahl unrentabler Mobilfunknetze in Europa.
Von Heidi Rohde
In einer kritischen Phase der Modernisierung unserer Telekommunikationsnetze durch den Übergang von Kupfer- zu Glasfasertechnologie wächst bei den Wettbewerbern der Deutschen Telekom und auch bei der Monopolkommission die Sorge vor einer steigenden Dominanz des ehemaligen Staatsmonopolisten. Die Empfehlungen des Beratergremiums an die Bundesregierung zum Gegensteuern in dieser unwillkommenen Entwicklung muten allerdings in wesentlichen Punkten wie Ideen aus dem Elfenbeinturm an.
Nicht refinanzierbare Netze
So ist es der Kommission ein zentrales Anliegen, den Infrastrukturwettbewerb beim Glasfaserausbau sicherzustellen, der nach reiner ökonomischer Lehre am besten geeignet ist, Innovation zu fördern und zugleich die Interessen der Verbraucher zu gewährleisten. Die Realität zeichnet allerdings ein etwas anderes Bild. Das lehrt ein Blick auf die europäische Mobilfunkbranche, wo dieser Wettbewerb zwar sowohl den Investitions- als auch den Preisdruck hochhält, allerdings auch dazu führt, dass jenseits des jeweiligen Marktführers kein Anbieter die Kapitalkosten verdient. Die Folge ist ein seit Jahren anhaltendes zähes Ringen um Konsolidierung innerhalb einzelner Länder, wo drei oder vier Mobilfunknetze parallel existieren, die praktisch kaum refinanziert werden können. Was schon im Mobilfunk nicht gelingt, ist bei Glasfasernetzen noch aussichtsloser, denn angesichts der teuren Erdbauarbeiten, besonders in der Fläche, ist Skalierung und Auslastung unverzichtbar. Die Vorstellung, dass zwei oder mehr Anbieter parallel liegende Netze auslasten und refinanzieren können, dürfte in den meisten Orten abwegig sein.
Bizarre Idee
Reichlich bizarr mutet auch die Empfehlung klarer und entschlossener Vorgaben zur Abschaltung alter Kupfernetze an. Tatsächlich haben zahlreiche Glasfaserunternehmen in ihrem Geschäftsplan die Abschaltung von Kupfernetzen fest einkalkuliert, in der Annahme, dass die Telekom dann im Rahmen einer Open-Access-Vereinbarung auch Anschlüsse der Wettbewerber nutzen würde. Aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht kann auch kein Zweifel bestehen, dass die gegenseitige Anmietung von Glasfasernetzen teure Redundanzen vermeidet, die Finanzierbarkeit des Ausbaus erleichtert sowie damit auch eine flächendeckende Versorgung beschleunigen kann. Gegenwärtig ist die für 2030 angepeilte Vollversorgung kaum zu erreichen.
Fragwürdige Zwangsbeglückung
Auf der anderen Seite erscheint es allerdings reichlich fragwürdig, eine gewünschte Marktstruktur mittels einer Zwangsbeglückung von Unternehmen und Haushalten zu erzwingen, die nach einer Abschaltung ihres örtlichen Kupfernetzes gegebenenfalls genötigt wären, auf ein neu vorhandenes Glasfasernetz zu wechseln. Zweifellos ist die kümmerliche Take-up-Rate, die aus „Homes passed“ dann „Homes connected“ macht, der wesentliche Grund, warum die Geschäftspläne so vieler Glasfaseranbieter nicht aufgehen. Die Unternehmen sind in der Regel mit einer bestimmten Vorvermarktungsrate von mindestens 40% in den Ausbau gegangen, in der Hoffnung, die Aktivierungen im Anschluss noch hochzupflegen. Die Strategie wird durch die von der Telekom praktisch flächendeckend angebotene Vectoring-Technik, die auch auf dem Kupferkabel Internetzugangsgeschwindigkeiten von bis zu 200 Megabyte ermöglicht, vielfach zunichte gemacht. Sie ermöglicht der Telekom, ihr altes Netz weiterhin finanziell auszubeuten, so dass sie wenig Interesse an einer zügigen weitreichenden Abschaltung haben kann, die sie zwingen würde, ihre Investitionen in den Glasfaserausbau deutlich auszuweiten oder Marktanteilsverluste in Kauf zu nehmen.
Allerdings bewegt sich die Monopolkommission auch hier an einem geistigen Ort wahrhafter Abgeschiedenheit. Denn der Grund, warum die Kunden letztlich mit aufpolierten Kupfernetzen zufrieden sind und von einem Upgrade absehen, liegt auch darin, dass Anwendungen, die wirklich Glasfaser benötigen, noch rar sind. Mit teuren Netzen, die aufgrund fehlender Applikationen für den Kunden uninteressant sind und deshalb leer blieben, hat die gesamte Telekombranche Erfahrung genug. Das ist der Hebel, der bewegt werden muss.
