LeitartikelTesla

Musk muss neue Profitabilitätstreiber finden

Elon Musk betont seine Bereitschaft, die Profitabilität von Tesla zugunsten des Wachstums im E-Automarkt zu opfern. Doch diese Strategie kann niemals nachhaltig sein – neue Stützen für die Margen müssen her.

Musk muss neue Profitabilitätstreiber finden

Tesla

Neue Profitabilitätstreiber benötigt

Elon Musks Strategie, die Margen von Tesla dem Wachstum zu opfern, wird Anleger nie dauerhaft überzeugen.

Von Alex Wehnert

Die Rabattschlacht im E-Automarkt zieht für Initiator Tesla grundlegende langfristige Einschnitte nach sich. Wiewohl CEO Elon Musk seine Bereitschaft betonen mag, die Profitabilität zugunsten des Wachstums zu opfern, taugt diese Strategie doch keineswegs als dauerhafte Stütze für die Aktie. Die jüngsten Quartalszahlen des Autobauers waren für Anleger zwar besonders schwer zu deuten, da der den Stammaktionären zurechenbare Nettogewinn trotz der umfangreichen Preisnachlässe von Tesla stärker stieg als erwartet und die Nettomarge lediglich auf 9,6% zurückging. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutete dies zwar einen Absturz um 5 Prozentpunkte, Analysten hatten allerdings Schlimmeres befürchtet. Doch die Bruttomarge liefert einen wichtigen Fingerzeig: Mit 18,2% sackte sie nicht nur auf den niedrigsten Wert innerhalb der vergangenen 16 Quartale ab, sondern blieb auch hinter den Erwartungen an der Wall Street zurück.

Die Zeiten, in denen andere Autobauer die Entwicklung der Gewinnspannen von Tesla neidvoll betrachteten, liegen damit in nach Börsenverhältnissen ferner Vergangenheit. Allerdings kann sich der Elektro-Vorreiter seine umfangreichen Rabattaktionen bisher eben vor allem deshalb leisten, weil er die Branche in puncto Kosteneffizienz und Umsatzrentabilität anführt. Die Discounts waren wohl der ausschlaggebende Faktor dafür, dass Tesla den Absatz zwischen April und Juni um 80% auf den Rekordwert von 466.140 ausgelieferten Fahrzeugen steigerte und der um 47% angekurbelte Umsatz mit 24,93 Mrd. Dollar ebenfalls ein Allzeithoch erreichte.

Die Absatz-Messlatte für das Gesamtjahr 2023 ist zwar niedriger angesetzt als gewöhnlich und gilt nach der zuletzt starken Entwicklung als relativ locker erreichbar. Bei den Marktteilnehmern werden aber auch künftig vor allem die vierteljährlichen Absatzsteigerungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum im Fokus stehen. Und um bezüglich dieser die eigenen Ambitionen zu erfüllen, dürfte für Tesla vorerst wenig an weiteren Rabatten vorbeiführen – wenngleich eine wachsende Zahl an Analysten anderes behauptet. Schließlich hat das Unternehmen nicht nur mehr Autos ausgeliefert, sondern auch die Produktion massiv angekurbelt. Im zweiten Quartal rollten bei Tesla 479.700 Fahrzeuge vom Band und damit so viele wie noch nie. Dies trägt allerdings nicht dazu bei, das Problem wachsender Lagerbestände – die Tesla im Gegensatz zur Konkurrenz nicht in einem weitläufigen Händlernetzwerk abladen kann – zu verringern.

Hinzu kommt, dass die Konkurrenz trotz erheblicher Kostennachteile auf den von Tesla initiierten Preiskampf angesprungen ist. Ford kürzte den Einstiegspreis für seinen Elektro-Pick-up F-150 Lightning Mitte Juli effektiv um fast 10.000 Dollar. Das Modell des Traditionskonzerns aus Michigan gilt als direktes Konkurrenzprodukt zum neuen Cybertruck von Tesla. Gerade dieser gilt für das Musk-Unternehmen als Hoffnungsträger für das weitere Wachstum. Würde Tesla die Preise für den Cybertruck kurz nach Marktstart senken, um gegenüber Ford nicht im Nachteil zu sein, dürften Investoren dies als Warnsignal auffassen. Ein nennenswertes Volumenwachstum ist laut Musk ohnehin erst ab 2024 zu erwarten. Umso stärker müssen aber wohl Rabatte in der restlichen, seit Jahren nicht mehr grundlegend aufgefrischten Produktpalette ausfallen – wiederum zulasten der Margen. Für Musk wird es unterdessen zunehmend schwieriger, den Rückgang der Umsatzrentabilität noch an den Kapitalmarkt zu vermitteln.

Es müssen also neue Treiber der Profitabilität her. Einige Analysten heben diesbezüglich die Sparte Tesla Energy hervor, deren Energiespeicherinstallationen im abgelaufenen Quartal um 222% auf 3,7 Gigawattstunden in die Höhe schossen. Die Bruttomarge der Geschäftseinheit überstieg sogar erstmals die Gewinnspanne im Automobilbereich. Doch bei Anlegern steht Tesla Energy bisher kaum im Fokus. Damit sich dies ändert und die Abhängigkeit der Tesla-Aktie vom Automobilbereich reduziert, ist mehr nötig als die zuletzt oft quälend langweiligen Vorträge Musks zur Bedeutung der Sparte als Treiber der gesellschaftlichen Nachhaltigkeitswende.

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