Frankfurt

Nach dem Lockdown ist vor dem Countdown

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche: Gerade mal zwei Wochen ist es her, da vergnügten sich Schlittschuhfans auf der Eisfläche des Ostparkweihers (bis die Polizei den Spaß beendete). Und nun, nach der jähen Temperaturwende zur Mo­natsmitte, trauen...

Nach dem Lockdown ist vor dem Countdown

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche: Gerade mal zwei Wochen ist es her, da vergnügten sich Schlittschuhfans auf der Eisfläche des Ostparkweihers (bis die Polizei den Spaß beendete). Und nun, nach der jähen Temperaturwende zur Mo­natsmitte, trauen sich wieder die ersten Lebenskünstler in T-Shirt und kurzer Hose zum Sonnenbad auf den Lohrberg. Als hätte irgendwer den Startschuss gegeben, strömt halb Frankfurt an die frische Luft. Am Wochenende konnte man den Grüneburgpark vor lauter Menschen fast nicht sehen. Und auf der Hohen Straße zwischen Bergen und Heldenbergen drängelten sich die Radler wie sonst nur im Peloton bei Lüttich-Bastogne-Lüttich.

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Das kurze Frühlingserwachen hat weitreichende sozialpsychologische Weiterungen: Die Freude über den ersten leichten Sonnenbrand des Jahres steigert sofort die Vorfreude auf Freibad, Open-Air-Konzert und Grillabend. Na klar! Natürlich wissen alle, dass dies in Zeiten der Pandemie – zumindest bis auf weiteres – nur Hoffnungswerte sind. Aber spätestens seit den Sonnentagen dieser Woche ist die Zuversicht zurück, dass sich der Stillstand des öffentlichen Lebens irgendwann dem Ende neigen wird. Der Lockdown wird durch den Countdown abgelöst – alle Welt zählt rückwärts bis zur Wiedereröffnung des öffentlichen Lebens.

Allem Anschein nach stellen sich auch Banken, Börsen und alle anderen Akteure am Finanzplatz darauf ein, dass schon bald wieder vieles geht, was derzeit noch unmöglich scheint. So ist es gegenwärtig beispielsweise ungemein schwer, noch einen Hotelsaal oder einen Konferenzraum für Ende Juni oder Mitte September zu buchen – fast alles ist bereits reserviert. Fachkonferenzen, Bankentage, Paneldiskussionen – der Finanzplatz möchte im Frühsommer vieles von dem aufholen, was nun monatelang ausfallen musste. Entsprechend ausgebucht ist mittlerweile übrigens auch das Spitzenpersonal von Institutionen und Instituten, denn die Nachfrage nach Keynote-Speakern in den Wochen vor und nach den Sommerferien ist lebhaft.

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Das neue Format heißt dabei: Hybrid. Einige wenige Dutzend Gäste im Saal – mit gehörigem Abstand zum Nachbarn wie bei Juraklausuren in der Messehalle. Und gleichzeitig das Gros des Publikums zugeschaltet über Zoom, Teams & Co. Dabei machen es die Smartphones im Saal möglich, dass das Publikum im Saal gemeinsam mit den Online-Zuschauern vor den Bildschirmen Fragen stellt oder an Meinungsumfragen teilnimmt. Die Zeiten, in denen die Teilnehmer vor Ort zu Beginn einer Veranstaltung gebeten wurden, die Handys doch bitte schön auszuschalten, sind Vergangenheit. Auch in dieser Hinsicht wird der coronabedingte Digitalisierungsschub Spuren hinterlassen: Wer demnächst den Veranstaltungsraum des Bankenkongresses oder des Investmentforums betritt, wird vom Moderator vielmehr aufgefordert werden: Bitte schalten Sie Ihr Handy ein!

               (Börsen-Zeitung,