Im Blickfeld:Regulierung

Neue Regeln für Auslandsniederlassungen im Beifang von Basel III

Die Harmonisierung von Zweigniederlassungen aus Drittstaaten ist aus EU-Sicht überfällig. Im Rahmen des Bankenpakets haben die EU-Gesetzgebungsorgane auch dazu Regeln beschlossen,

Neue Regeln für Auslandsniederlassungen im Beifang von Basel III

Bankenpaket

Regeln für Auslandsbanken im Beifang von Basel III

Die Harmonisierung von Zweigniederlassungen aus Drittstaaten ist aus EU-Sicht überfällig

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Im Rahmen des Bankenpakets haben die EU-Gesetzgebungsorgane auch die Harmonisierung des Marktzugangs für Banken aus Drittstaaten beschlossen, einer der brisantesten Punkte jenseits der Eigenkapitalanforderungen. Bislang gibt es bilaterale Regeln zwischen Häusern etwa aus der Schweiz oder den USA und einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Zu unterscheiden ist dabei zwischen einer Zweigniederlassung und einer Freistellung, die einen vereinfachten Marktzugang bietet, sofern ähnliche Aufsichtsbedingungen zwischen den zwei Ländern herrschen.

Mit der Verständigung auf das EU-Bankenpaket gab es auch eine vorläufige politische Einigung zur Frage der Bankgeschäfte von Nicht-EU-Banken. In der EU sollen nun tendenziell die bilateralen Abkommen auslaufen und durch eine harmonisierte Regelung ersetzt werden. Dabei war insbesondere die Freistellung für die Kommission ein Ärgernis.

Wie ein Schlupfloch

Seit Jahren gibt es das Bestreben, dass Drittstaatenniederlassungen in der EU behandelt werden sollen wie eigenständige Institute. Das liegt auch daran, dass die EZB momentan keinen Zugriff auf große Auslandsniederlassungen hat und man daher die Institute verpflichten möchte, eine europäische Einheit zu gründen, sagt Michael Cluse von Deloitte. Mit dem Vorschlag würden Niederlassungen aufgefordert, ab einer bestimmten Größe eine eigenständige Gesellschaft zu gründen. „Das ist auch sinnvoll im Sinne der Aufsichtssystematik, sonst besteht praktisch ein Schlupfloch, der EZB-Aufsicht zu entgehen. Es widerspricht grundsätzlich der EU-Politik und der Aufsicht, dass große Auslandsniederlassungen nach lokalem Recht beaufsichtigt werden“, so Cluse. Bei den verbleibenden Drittstaatenniederlassungen soll der aufsichtsrechtliche Rahmen stärker harmonisiert werden.

Kein Teil von Basel

Die Vorschläge zur Harmonisierung von Zweigniederlassungen aus Drittstaaten sind als Marktzugangsregelungen in der EU einzuordnen. „Genauer genommen sind diese Teil der aktuellen Entwürfe zur Überarbeitung der sechsten EU-Kapitaladäquanzrichtlinie (CRD VI), welche Teil des EU-Bankenpakets ist“, sagt Niklas Germayer von der Anwaltskanzlei Allen & Overy. Die Regelungen des Regimes für eine Drittstaatenzweigniederlassung (Third Country Branch) selbst sind aber nicht Teil von Basel, sondern rein europäisch getrieben.

Einer der Hauptgründe des Vorstoßes sei es, dass die EU den Marktzugang für Institute aus Großbritannien in die EU nach dem Brexit beschränken möchte. „Man hatte vor Augen, dass sich in ein paar Jahren nach dem Brexit der Sturm legt und UK mit einzelnen EU-Staaten Abkommen schließen wird, die einen vereinfachten Marktzugang für UK-Institute zulassen. Das wollte die Kommission verhindern, und um dies effektiv zu regeln, musste dies auf EU-Ebene ‚aufgehängt‘ werden“, sagt Alexander Behrens, Partner bei Allen & Overy.

Bis zur Umsetzung einer Neuregelung wird der Zugang von Banken aus Drittstaaten weiter in Eigenregie der einzelnen Länder geregelt. „Das ist vertretbar, weil es auch kein Passporting für die Niederlassungen gibt. Wir verstehen, dass es Mindestanforderungen an Zweigniederlassungen geben sollte und dass man diese in Europa harmonisiert“, sagt Felix Krohne, Experte für Bankenaufsicht beim Bundesverband deutscher Banken (BdB).

In Deutschland gibt es zwei Normen im Bankenbereich für Drittstaatenanbieter, die deren Marktzugang regeln. § 2 Abs. 5 KWG (Freistellung von der Erlaubnispflicht „…wegen seiner Aufsicht durch die im Herkunftsstaat zuständige Behörde insoweit nicht zusätzlich der Aufsicht durch die Bundesanstalt bedarf“) und § 53 KWG („Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland“). 82 Zweigniederlassungen sind bei der BaFin registriert. Beide Regime sind eine Erleichterung für den Marktzugang von Unternehmen etwa aus der Schweiz und den USA.

Generell gilt das deutsche Regime für den Marktzugang als eher liberal. Andere EU-Mitgliedstaaten sind strenger, etwa Frankreich oder Italien. „Diese haben mehr den Schutz der eigenen lokalen Banken vor Augen“, so Germayer.

Schweizer Banken vorn

Eine Freistellung von Banken aus Drittstaaten in Deutschland brauchte im Prinzip keine Erlaubnis, wenn in dem betreffenden Land ein vergleichbares Aufsichtsniveau herrscht und die Behörden der beiden Länder zusammenarbeiten können. Eine Freistellung nach einem vereinfachten Verfahren für den grenzüberschreitenden Zugang (Waiver) war also in Deutschland bislang relativ einfach zu bekommen.

Insgesamt wurden laut BaFin 81 Freistellungen erteilt. Den größten Anteil hatten Institute aus der Schweiz (56), den USA (13) und Kanada (7). Besonders wichtig waren diese vereinfachten Freistellungen für Schweizer Institute, die insbesondere in der Vermögensverwaltung aktiv sind. 2021 waren laut Schweizerische Bankiervereinigung 2,4 Bill. Franken von Privatkunden aus dem Ausland bei Banken in der Schweiz deponiert. Schätzungsweise ein Fünftel bis ein Viertel davon stammt aus Deutschland.

Anders die Geschäfte der US-Banken, die eher klassische Bankgeschäfte wie Kredite erbrachten. Da das Volumen dieser Geschäfte im Bereich der Freistellung nicht über die oft ebenfalls vorhandenen lokalen Einheiten abgewickelt wurde, sondern über die Bilanzen in den USA, konnten Eigenmittelanforderungen für die lokalen Zweigniederlassungen niedriger gehalten werden.

Mit der Einigung in der EU soll der vereinfachte Marktzugang zumindest für Kernbankgeschäfte wegfallen. Dann würde eine bestehende Freistellung gegen EU-Recht verstoßen. Betroffene müssten Zweigniederlassungen aufbauen bzw. bislang unter das Freistellungsregime gefasste Geschäfte über schon bestehende Niederlassungen abwickeln. Durchgesetzt in den Trilogverhandlungen hat sich eine gemäßigte Position. Der Entwurf der EU-Kommission sah ein Verbot grenzüberschreitender Dienstleistungen durch Drittstaatenfirmen (CRR Art. 21c) vor. Um die im Gesetz aufgeführten Dienstleistungen künftig zu erbringen, muss eine Zweigstelle eingerichtet werden. Davon ausgenommen wären Dienstleister, die bestimmte Mifid-Services erbringen.

Kernbankengeschäft im Visier

Der Kommissionsvorschlag war nicht nur aus Sicht des Bankenverbands weit über den nachvollziehbaren Ansatz der Harmonisierung hinausgegangen und stellte bestehende Marktzugangsregeln in Frage. Dies wäre nicht sachgerecht gewesen, sagt Krohne. Der eigeschlagene Weg sieht eine Verpflichtung nur für bestimmte Fälle wie das Kernbankengeschäft vor.

Bemängelt wurde von der Branche auch, dass es keine Auswirkungsstudie zu dem Thema gab. Gerade bei umfangreicheren Anpassungen sei dies wichtig, aber bei dieser Materie auch sehr aufwendig. Damit hätte man herausfinden können, welche Folgen eine eher laxe oder eine strenge Regulierung hätte. „Es kann nicht das Ziel sein, dass die europäischen Finanzmärkte durch die Drittstaatenregelung vom internationalen Geschäft abgekoppelt werden“, sagt Krohne vom Bankenverband. 

Zugang erschwert

So wird es ausländische Banken geben, die unter einem neuen Regime eine Niederlassung in der EU eröffnen. Ob sich das wirtschaftlich lohnt, hängt vom Umfang des Geschäfts ab. Wer nur in Einzelfällen tätig ist, etwa bei einer Syndizierung bei einer Projektfinanzierung, werde möglicherweise keine Niederlassung eröffnen. „Damit würde ohne Ausnahme der Zugang zum internationalen Markt für die EU-Banken deutlich erschwert“, sagt Krohne vom Bankenverband.

In Deutschland wäre man dem Vernehmen nach gerne bei einem liberalen Regime geblieben, doch in Berlin hatte man sich schon auf einen Kompromiss eingestellt. Bis es zu einer Umsetzung der EU-Harmonisierung im Bereich der Bankgeschäfte aus Drittstaaten kommt, wird es aber noch dauern. Nach der politischen Einigung geht es jetzt um die Detailfragen. Mit den Übergangsfristen zuzüglich der Zeit für die rechtliche Umsetzung dürfte eine neue Regelung wohl erst 2025 oder 2026 in Kraft treten.

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