Finanzmarktregulierung

Umfangreiche Vorbehalte im Rat gegen Provisionsverbot

Unter den 27 nationalen Regierungen zeichnet sich bislang keine Mehrheit für ein partielles Provisionsverbot ab, wie es die EU-Kommission vorgeschlagen hat.

Umfangreiche Vorbehalte im Rat gegen Provisionsverbot

Umfangreiche Vorbehalte im Rat gegen Provisionsverbot

Nicht nur im EU-Parlament, sondern auch beim europäischen Ko-Gesetzgeber, nämlich bei den nationalen Regierungen im Rat, zeichnet sich aktuell keine Mehrheit für das von der EU-Kommission vorgeschlagene Provisionsverbot ab. Im Gegenteil: Diplomaten berichten, dass aktuell eine deutliche Mehrheit von Mitgliedstaaten in den Ratsarbeitsgruppen teilweise erhebliche Vorbehalte geäußert hat. Das gelte im Übrigen auch für Deutschland und Frankreich, heißt es in Brüssel. Insofern liegt derzeit für die Fürsprecher eines Provisionsverbots nicht allein eine Mehrheit der Zahl der Mitgliedstaaten, sondern auch eine klare Mehrheit gemessen an der Bevölkerung in weiter Ferne. Die erforderliche so genannte qualifizierte Mehrheit verlangt, dass 55% der Mitgliedstaaten, also 15 der 27 Länder, zustimmen. Und zugleich müssen die zustimmenden Regierungen mindestens 65% der 448 Millionen Europäer vertreten. Theoretisch ist deshalb eine qualifizierte Mehrheit gegen Deutschland und Frankreich möglich. Aber dann müssen sich auch tatsächlich alle anderen 25 Staaten gegen Berlin und Paris stellen.

Nachdem durch das Votum im Wirtschafts- und Währungsausschuss klar ist, dass das EU-Parlament gegen einen Bann von Zuwendungen selbst für „execution only“ ist, dürfte es für die Befürworter eines Provisionsverbots unter den nationalen Regierungen noch schwieriger sein, ihre Kollegen aus den anderen Hauptstädten zu überzeugen, das Verbot in die Verhandlungsposition aufzunehmen. Schließlich antizipieren beide Ko-Gesetzgeber bei ihren jeweiligen Positionierungen bereits, ob sie überhaupt Chancen haben, diese Positionen durch den anschließenden Trilog zu bekommen.

Die Vorbehalte einzelner Mitgliedstaaten speisen sich zum einen aus der Sorge, ein Verbot der provisionsgebundenen Beratung könne Kleinanleger mit geringem Einkommen, die sich Honorarberatung nicht leisten können, generell von Beratung ausschließen. Einige Delegationen haben, wie aus Ratsbetrichten hervorgeht, zudem auf „mögliche negative Auswirkungen auf die Angebotsseite“ hingewiesen. Dazu gehörten „ein Preisanstieg aufgrund der Verringerung der Angebotspalette und –vielfalt, störende Auswirkungen auf einige bestehende Geschäftsmodelle wie die Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen oder eine mögliche Beeinträchtigung der Entwicklung innovativer Unternehmen.“

Der belgische Ratsvorsitz hat signalisiert, dass er das Dossier während seiner Amtszeit voranbringen möchte. Die Belgier haben sich im ersten Jahresviertel auf die Gesetzgebungsverfahren konzentriert, die noch eine Chance auf Abschluss haben, die sich also bereits im Trilog befinden. Im zweiten Quartal, insbesondere nach dem letzten Plenum des EU-Parlaments, will sich die belgische EZ-Ratspräsidentschaft dann die zunächst zurückgestellten legislativen Verfahren vornehmen. Diplomaten erwarten, dass die Belgier die EU-Kleinanlegerstrategie im Juni auf die Tagesordnung von Ratssitzungen nehmen – dann mit dem Ziel, eine gemeinsame Position für den Trilog abzustimmen, im EU-Kauderwelsch „eine Allgemeine Ausrichtung“.

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