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Darben in Boomzeiten

Die stockende Auslieferung von neuen Flugzeugen ist in ihren Auswirkungen für die Lufthansa weitreichender und nachhaltiger als die Streikfolgen.

Darben in Boomzeiten

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Darben in Boomzeiten

Von Lisa Schmelzer

Die stockende Auslieferung von neuen Flugzeugen ist in ihren Auswirkungen weitreichender und nachhaltiger als die Streiks.

Die gute Nachricht vorweg: Die Tarifauseinandersetzungen, die das Geschäft der Lufthansa im ersten Quartal belastet haben, sind weitgehend ausgestanden. Sowohl mit den Bodenmitarbeitern als auch mit den Flugbegleitern hat sich der Luftfahrtkonzern geeinigt, lediglich bei Austrian Airlines wird noch gestritten. Allerdings sind die zusammen gekommenen finanziellen Belastungen von rund 350 Mill. Euro keine Peanuts, die im Jahresverlauf einfach so ausgeglichen werden können. Folgerichtig wurde auch die Schätzung für das Ergebnis des Gesamtjahres nach unten angepasst. Zusätzlicher Wermutstropfen ist, dass mancher Passagier der Lufthansa ganz den Rücken kehrt, weil deren Mitarbeiter als gar zu streikfreudig gelten - deshalb schwappt ein Teil der Belastungen wegen ausbleibender Buchungen auch noch ins laufende Quartal.

Richtig ist aber auch, dass das eigentliche Geschäft nach wie vor brummt. Da lassen sich auch die nach den Tarifauseinandersetzungen gestiegenen Personalkosten aushalten. Für die geplanten Milliardeninvestitionen in neue Flugzeuge ist es allerdings schmerzhaft, dass angesichts der Streiks und steigender Kosten wohl weniger freier Cashflow zusammenkommt als ursprünglich geplant. Allerdings wird sich vermutlich eh manche Investition nach hinten verschieben, weil die Flugzeughersteller mit den neuen Maschinen nicht hinterherkommen.

Gerade aber die stockende Auslieferung von neuen Flugzeugen ist in ihren Auswirkungen weitreichender und nachhaltiger als die Streikfolgen. Denn das Airline-Geschäft unterliegt nicht nur in Arbeitskampf-Perioden extremen Schwankungen. Umso wichtiger wäre es, in Boomzeiten – also jetzt – möglichst hohe Gewinne abzuschöpfen, um für schlechte Zeiten Reserven aufzubauen. Weil aber neue Flugzeuge derzeit und vermutlich noch länger mit Verspätung bei den Airlines landen, können diese nicht so stark wachsen, wie sie es gerne tun würden. Diese Entwicklung dürfte sich noch durch das ganze Jahr 2024 ziehen – und darüber hinaus.

Die aktuelle Boomzeit nicht voll und ganz ausnutzen zu können, ist nicht nur schmerzhaft, weil die Nachfrage schon bald wieder abflauen könnte – angesichts zunehmender konjunktureller Schwierigkeiten und in Folge der geopolitisch angespannten Lage. Gleichzeitig wird die finanzielle Belastung der Branche stark zunehmen, wenn mehr und mehr Umweltauflagen greifen. Da zählt am Ende jeder Euro, um krisenfester zu werden.

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