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Private Equity für jedermann ab 1 Euro

Finanzinvestoren hoffen in der Fundraising-Flaute auf neue Zuflüsse aus den Portemonnaies der Privatanleger. Das Geld sammeln Eltif-Fonds mit geringem Mindestanlagebetrag.

Private Equity für jedermann ab 1 Euro

Private Equity ist alt – weitaus älter als KKR. Schon im Italien des 12. Jahrhunderts gab es die „Kommenda“, eine Partnerschaftsvereinbarung zwischen zwei Personen – dem „Kommendant“, der als Investor das Kapital bereitstellt, und dem „Traktator“, der die Expedition leitet. Der „Limited Partner“ und der „General Partner“, wie man heute sagen würde. Der Kommendant erhielt einen größeren Teil vom Gewinn, der Traktator eine Kombination aus Gewinnanteil (Carry Trade) und Lohn (Management Fee).

Private Equity für jedermann ab 1 Euro

Finanzinvestoren hoffen in der Fundraising-Flaute auf neue Zuflüsse aus den Portemonnaies der Privatanleger. Das Geld sammeln Eltif-Fonds mit geringem Mindestanlagebetrag.

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Im Mittelalter diente die „Kommenda“ zur Finanzierung einer Vielzahl von Handelsexpeditionen. Private Equity gibt es also schon lange. Aber es war nur reichen Investoren vorbehalten. Prominentes Beispiel für Verträge nach dem Kommenda-Modell war Marco Polo. Der venezianische Kaufmann nutzte 1291 die Kommenda zur Finanzierung seiner Expedition nach China. Und 1492 bedienten sich die spanischen Monarchen Ferdinand und Isabella einer Kommenda zur Finanzierung der Expedition von Christoph Kolumbus, der Amerika entdeckte. Auch die niederländische Ostindien-Kompanie wurde 1602 auf Basis einer Kommenda-ähnlichen Vereinbarung gegründet. Und 1859 wurde der Bau des Suezkanals von einem Konsortium aus öffentlichen Investoren sowie der französischen Regierung, der Familie Rothschild und vom König von Ägypten finanziert.

Dass Private Equity den Reichen vorbehalten ist, ändert sich nun spätestens Anfang 2024 mit der Einführung einer modernisierten Variante der Eltif-Fonds. Für die Private-Equity-Branche kommt das zum richtigen Zeitpunkt. Institutionelle Investoren zögern mit neuen Investments, weil sie die selbst gesetzten oder vom Gesetz vorgegebenen Obergrenzen für den Anteil von Private Equity in ihrem Portfolio schon erreicht oder überschritten haben – und weil ihnen Rückflüsse aus ihren Investments fehlen, da die Finanzinvestoren ihre Beteiligungen zurzeit bei hohen Zinsen nicht zu den in den Bilanzen verbuchten Bewertungen losbekommen.

So schrumpft das Fundraising der Private-Equity-Branche laut Unternehmensberatung Bain in diesem Jahr voraussichtlich um 30%. Apollo, Blackstone, KKR, CVC, EQT und alle anderen großen Finanzinvestoren wären also froh, wenn die entstehende Lücke nun von Privatanlegern gefüllt würde.

Das Mittel dazu sind die Eltif-Fonds. Ein Eltif (European Long-Term Investment Fund) ist eine illiquide Langfristanlage mit einer Anfangslaufzeit von acht Jahren ab dem Final Closing. Seit 2015 bietet das Finanzinstrument auch für Privatanleger die Möglichkeit, in Infrastruktur und andere langfristig orientierte Sachwerte zu investieren. Nach der jüngsten Modernisierung fällt für den Eltif 2 auch der Mindestanlagebetrag von 10.000 Euro als Untergrenze weg, die für den Eltif 1 noch galt. Zudem dürfen dann bis zu 20% des Volumens in eine einzige Beteiligung gesteckt werden.

Die Zahl der Eltifs ist allein im Jahr 2022 von 23 auf 77 gestiegen, und eine Vielzahl von Eltifs warten in den Startlöchern. Seit April 2023 können Eltifs nach den neuen Vorschriften aufgelegt werden, die ab Januar 2024 verbindlich in Kraft treten.

Einer der Anbieter, die die Reform nutzen, um neuerdings selbst einen Private-Equity-Eltif anzubieten, ist Oddo BHF Private Assets. Die französisch-deutsche Privatbank bietet ihren Kunden den Fonds vom kommenden Jahr an zur Zeichnung an. Anders als bei institutionellen Anlegern kommt das Fondsvehikel mit einem einzigen Kapitalabruf zu Beginn aus. Über die Gebührenstruktur ist noch nichts bekannt. Bei Private-Equity-Fonds für Institutionelle sind 2% Verwaltungsgebühr und 20% Gewinnbeteiligung üblich.

Investiert wird das Geld aus dem auf Umweltschutz ausgerichteten Oddo-BHF-Fonds über Beteiligungen an anderen Fonds wie dem KKR Global Impact Fund und über direkte Co-Investments in grüne Unternehmen, die die Energiewende voranbringen. Beispiele aus dem KKR-Fonds sind die kanadische Wasserbehandlungsfirma Nexus Water Platform oder das britische Abfallentsorgungsunternehmen Viridor. „Mein Lieblingsbeispiel für die Co-Investments ist die Baumschule Project Forest aus Norddeutschland“, sagt Oddo-BHF-Fondsmanager Ferdinand Dalhuisen, Co-Head des Geschäfts mit Private Equity Fund of Funds. Project Forest wächst stark und profitiert vom zunehmenden Aufforstungsbedarf.

Im Zusammenhang mit Eltifs wird oft von der „Demokratisierung“ des Private-Equity-Marktes gesprochen. Ge­meint ist die Eröffnung des Zugangs zur Anlageklasse Private Equity für jedermann durch Assetmanager wie Moonfare aus ­Berlin. Moonfare hat 2,7 Mrd. Euro von mehr als 3.200 Investoren mit einem Mindestanlagebetrag von 50.000 Euro eingesammelt. Auch das Fintech Nao aus Berlin will Privatanlegern den Zugang zu einem Private-Equity-Fonds der UBS eröffnen – mit einer Mindestanlage von 1.000 Euro.

Doch der elitärere Assetmanager Circle Eleven aus Hamburg hat in einer Analyse die „Demokratisierung“ hinterfragt. Das Ergebnis: Zugang zu „echtem“ Private Equity werde meist erst ab 50.000 Euro angeboten, konstatiert Kevin Gruber, Partner bei Circle Eleven. Damit dies kein Klumpenrisiko darstellt, werde de facto ein liquides Vermögen von mindestens 1 Mill. Euro benötigt. Über entsprechende Vermögen verfügten weniger als 1% der Deutschen.

Circle Eleven fühlt sich naturgemäß dadurch gestört, dass Private Equity zur einfach verfügbaren Anlageklasse für jedermann wird. Die Hamburger poolen schon seit 2014 das Geld von Family Offices und vermögenden Privatanlegern und investieren die Mittel gemeinsam in Private-Equity-Fonds weltweit. Inzwischen verwalten sie so knapp 600 Mill. Euro für rund 300 Kunden – also im Durchschnitt 2 Mill. Euro pro Kunde. Verdient wird an einer Gewinnbeteiligung.

Die Kritik von Circle Eleven an der „Demokratisierung“ richtet sich auch auf die Ertragsschwäche: „Alternative Zugangswege, die kleinere Beteiligungsbeträge erlauben, sind mit exorbitanten Gebühren belastet“, meint Gruber. „Diese Kosten fressen die erwartete Überrendite im Vergleich zu Aktien komplett auf.“ Als Beispiele nennt er neben Eltif-Fonds auch tokenisierte Fondsanteile – also Assets, die mit Hilfe der Blockchain-Technologie digital abgebildet werden.