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Private Equity lichtet den Kurszettel durch Übernahmen gelisteter Unternehmen

Häufig arten die Übernahmen börsennotierter Unternehmen durch Finanzinvestoren in Bieterkämpfe aus. Bei den Public-to-Private-Deals werden oft üppige Aufschläge auf den Aktienkurs gezahlt.

Private Equity lichtet den Kurszettel durch Übernahmen gelisteter Unternehmen

Private Equity lichtet den Kurszettel mit Public-to-Private-Deals

Häufig arten die Übernahmen durch Finanzinvestoren auch in Bieterkämpfe um die börsennotierten Unternehmen aus

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Der Finanzinvestor Bain Capital aus Boston musste gerade auf die harte Tour lernen, wie schwer es ist, im Wettlauf um den Kauf mittelgroßer europäischer Softwarekonzerne einen Deal über die Ziellinie zu bringen. Frühzeitig sprachen die Amerikaner den Vorstand der 2,6 Mrd. Euro schweren Software AG an, um das deutsche Unternehmen aus Darmstadt mit der eigenen US-Firma Rocket Software zusammenzulegen. Doch sie wurden vom Konkurrenten Silver Lake ausgebootet, der sich schneller die Unterstützung der Software-AG-Stiftung von Unternehmensgründer Peter Schnell sicherte und trotz der höheren Bain-Offerte inzwischen per öffentlicher Offerte 84% der Aktien eingesammelt hat – mit dem Ziel, die Software AG von der Börse zu nehmen.

Bain Capital hat daraus gelernt und unternimmt ihre nächste Attacke auf den Schweizer Informatikdienstleister Software One von vorneherein mit der Unterstützung der drei Firmengründer, die 29% der Anteile kontrollieren. Auch wenn der Verwaltungsrat die bereits nachgebesserte Offerte von 3,2 Mrd. sfr abermals abgelehnt hat und andere Optionen prüfen will, dürften die Chancen für Bain dieses Mal besser sein, da Board-Mitglied und Mitgründer Daniel von Stockar auf der Seite des Finanzinvestors steht.

Software AG und Software One sind bei weitem keine Einzelfälle. In Deutschland ist gerade erst die Übernahme der Vodafone-Funkturmtochter Vantage Towers durch KKR und den Infrastrukturinvestor GIP über die Bühne gegangen, und für den Laborbetreiber Synlab wird eine milliardenschwere Offerte des Finanzinvestors Cinven erwartet, der Synlab zuvor an die Börse gebracht hatte. Das Volumen unaufgeforderter Übernahmeofferten in Europa hat sich gemäß Daten, die die Investmentbanker von Goldman Sachs zusammengetragen haben, im zweiten Quartal 2023 gegenüber den vorhergehenden drei Monaten nahezu verdoppelt auf rund 60 Mrd. Dollar.

Auch global waren zahlreiche der größten M&A-Deals im ersten Halbjahr 2023 sogenannte Public-to-Private-Deals, bei denen Finanzinvestoren börsennotierte Unternehmen übernehmen und anschließend ein Delisting in die Wege leiten. Prominente Beispiele waren die Übernahme des japanischen Traditionsunternehmens Toshiba für umgerechnet 14 Mrd. Euro durch den japanischen Finanzinvestor Japan Industrial Partners (JIP) sowie der Kauf des US-Containerflottenbetreibers Triton für 13,5 Mrd. Dollar durch den kanadischen Assetmanager Brookfield und der Public-to-Private-Deal, bei dem die SAP-Tochter Qualtrics für 11,9 Mrd. Dollar an Silver Lake und den kanadischen Pensionsfonds CPP Investments ging.

“Die zunehmende Zahl unaufgeforderter Übernahmeofferten ist auch auf die Jagd der Finanzinvestoren nach Akquisitionszielen auf den öffentlichen Märkten zurückzuführen”, beobachtet Christopher Droege, Co-Head für das M&A-Geschäft von Goldman Sachs in Deutschland.

Das Geld wird knapper

Ob Finanzinvestoren weiterhin viele Public-to-Private-Deals machen, daran gibt es Zweifel: „Die Kurse sind jetzt etwas günstiger. Aber das Geld ist teurer“, sagt Julian Schulze De la Cruz, Co-Leiter der Praxisgruppe Kapitalmarktrecht bei Noerr in Frankfurt. Einer Analyse der Unternehmensberatung Bain & Co vom Juni zufolge wird das Fundraising-Volumen für Private Equity 2023 im Vergleich zu 2022 um fast 30% zurückgehen.

In den vergangenen Jahren waren Bieterkämpfe unter Beteiligung von Private-Equity-Investoren regelmäßig zu sehen – Stada, Osram, Zooplus und jüngst Software AG. “Der Anlagedruck der Private-Equity-Investoren wird absehbar zu noch mehr Bieterkämpfen führen, sprich: Private-Equity-Investoren werden auch in Zukunft eine entscheidende Rolle im Bereich Public-to-Private spielen”, sagt Transaktionsanwalt Felix Ganzer, der kürzlich als Partner von Weil Gotshal & Manges zu McDermott Will & Emery in Frankfurt gewechselt ist. “Die Investoren verfolgen ähnliche Strategien, beobachten einander genau und sind kompetitive Prozesse gewohnt.” Es sei für Unternehmen wichtig, die Möglichkeit eines plötzlichen Übernahmeangebots immer mitzudenken, meint Ganzer. So lohne sich eine selbstkritische Analyse, um Schwachstellen zu identifizieren. Dies gelte gerade dort, wo der Aktienkurs trotz starker Fundamentaldaten und Equity Story schwächelt.

Prominentes Beispiel für einen Bieterkampf war in diesem Jahr auch das Wettrennen um den in London gelisteten und 2,4 Mrd. Euro schweren Kreditkartenabwickler Network International aus dem Mittleren Osten. CVC und Francisco Partners taten sich zusammen und boten 3,87 Pfund je Aktie. Kurz darauf machte Brookfield eine Offerte von 4 Pfund je Aktie.

Bei öffentlichen Übernahmen werden in Deutschland üppige Prämien auf den Aktienkurs gezahlt, wie die Kanzlei Noerr ermittelt hat. “Im Jahr 2022 betrug die Prämie auf den volumengewichteten Durchschnittskurs der Aktien der Zielgesellschaften in den drei Monaten (bzw. sechs Monaten bei Delisting-Angeboten) vor Bekanntgabe des Angebots durch den Bieter durchschnittlich 30,9%”, heißt es im Public M&A Report der Kanzlei.

Hohe Prämien gang und gäbe

Dass bei Public-to-Private-Deals viel Geld obendrauf gezahlt wird, ist gang und gäbe. Es gibt aber außergewöhnliche Ausreißer: Der Aufschlag von 98%, den EQT, Mubadala und Cinven beim Dämmstoffhersteller Va-Q-Tec zahlen, ist beispielsweise enorm hoch. Um das Wachstum anzukurbeln, soll nach der Übernahme die Pharmasparte der Firma mit einem Portfoliounternehmen von EQT für temperaturempfindliche Transporte fusioniert werden.

Private-Equity-Häuser stehen unter Anlagedruck, weil sie über 1 Bill. Dollar an Kapitalzusagen ihrer Investoren für Buy-out-Deals verfügen. Auch dadurch bleiben die Public-to-Private-Deals mit hohen Aufschlägen auf den Aktienkurs in Mode. Bei der Aareal Bank bot Centerbridge einen Aufschlag von 35% auf den volumengewichteten durchschnittlichen Kurs während der letzten drei Monate. Morgan Stanley legte 37,5% bei Tele Columbus drauf und Carlyle 44% bei Schaltbau. Spitzenreiter ist jedoch EQT. Die Schweden boten bei Zooplus einen Aufschlag von 69%. Das ist viel: Im Durchschnitt werden bei Public-to-Private-Deals laut Refinitiv nur 42% obendrauf gezahlt.