Raus aus Kaffee und rein in Haustierversicherungen
Raus aus Kaffee und rein in Haustierversicherungen
Die Milliardärsfamilie Reimann nimmt Abschied von Teilen ihres Konsumgüterimperiums. Die 12,5 Mrd. Dollar Barerlös aus dem Verkauf des Kaffeekonzerns JDE Peet's steckt die JAB Holding in den Ausbau des Geschäfts mit Versicherungen.
Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt
Vier Geschwister sind die Haupteigentümer der milliardenschweren JAB Holding in Luxemburg. Renate Reimann-Haas, Wolfgang Reimann sowie ihre Halbbrüder Matthias Reimann-Andersen und Stefan Reimann-Andersen besitzen rund 90% der Anteile der JAB Holding, die wiederum rund 40 Mrd. Dollar verwaltet. Die Geschwister bilden den Kern der Familie, die eine weit verzweigte Unternehmensgruppe kontrolliert. Seine Wurzeln hat ihr Vermögen im Chemieunternehmen Benckiser mit Sitz in Pforzheim.
Richtig reich geworden sind die Reimanns erst nach der Fusion mit dem britischen Konzern Reckitt im Jahr 1999. Über die Jahre folgte eine beispiellose Expansion. Es entstand ein umfangreiches Konsumgüterimperium mit Beteiligungen am Kosmetikkonzern Coty und dem in Amsterdam börsennotierten Kaffeeriesen JDE Peet's. Nicht überall lief es zuletzt gut: Die britische Sandwichkette Pret A Manger, die seit 2018 der JAB Holding gehört, machte 2024 einen Betriebsverlust von 452 Mill. Pfund.
Keurig Dr. Pepper als Käufer
Kürzlich hat die JAB Holding den Rückzug aus dem Kaffeegeschäft eingeleitet. JDE Peet's wird an den US-Getränkekonzern Keurig Dr. Pepper verkauft, den JAB 2018 durch Fusion von Keurig und Dr. Pepper selbst geschaffen hatte. Anschließend will der US-Konzern den Kaffee von den übrigen Getränken trennen. Für die Familien-Holding der Reimanns ist der Abschied vom Kaffee ein bedeutender Moment. Das Ziel des 15,7 Mrd. Euro schweren Deals ist nach wie vor, einen Konkurrenten für den globalen Kaffeemarktführer Nestlé zu schaffen. Dazu werden die Kaffeegeschäfte von JDE und Keurig zusammengeführt und abgespalten. Künftig wird JAB weniger stark involviert sein als zuvor. Man will nur noch einen Anteil von jeweils 5% an dem neu entstehenden globalen Kaffeeunternehmen und dem Getränkehersteller halten. JAB erklärte, der Erlös aus dem Verkauf von JDE Peet´s versetze die Holding in eine gute Position, weitere Unternehmen zu kaufen. Man erwarte einen Barerlös von mehr als 12,5 Mrd. Dollar. Das versetze „JAB in eine ideale Position, um strategische Chancen in unseren Verbraucher- und Versicherungssegmenten zu ergreifen”.
Generationswechsel im Family Office
Im April 2025 ist bei JAB eine Generationswechsel erfolgt. Der 78 Jahre alte JAB-Gründer Peter Harf hatte bis dahin mit seinen raffinierten Investments die Reimanns über 40 Jahre hinweg reich gemacht – und damit auch sich selbst und JAB-Mitgründer Olivier Goudet. So haben die beiden Männer laut dem Bloomberg Billionaires Index ein persönliches Vermögen von über 1 Mrd. Dollar aufgebaut.
Unter der neuen Führung passt JAB nun die Strategie an. Die geschäftsführenden Partner Joachim Creus und Frank Engelen leiten JAB weiterhin als Co-Chefs, wobei Creus die Rolle des Vorsitzenden und Engelen die Rolle des Stellvertreters übernimmt. Creus ist ein ausgewiesener Experte für internationales Steuerrecht. Vor seiner Tätigkeit bei JAB hatte er führende Positionen im Bereich Recht und Steuern bei Siemens, Rödl & Partner und Tiberghien Lawyers inne.
Nach Expansion nun Kurswechsel
Im Lebensmittel- und Getränkegeschäft wurden die Investitionen von JAB lange Zeit ausgebaut. Im Jahr 2020 hatte die Holding das Kaffeeunternehmen JDE Peet's an die Börse gebracht, das aus der Fusion der Jacobs Douwe Egberts Group mit dem US-Kaffeeröster Peet's hervorgegangen war. Durch den Erwerb der Anteile von Mondelez International erhöhte JAB noch 2024 den Anteil am Kaffeehersteller auf 68%.
Jetzt kommt die Ausrichtung auf einen neuen Kurs. Ein Grund: Lebensmittelfirmen kämpfen mit verschärftem Wettbewerb und steigenden Kosten. JAB signalisiert, dass man sich neuen Geschäftsfeldern zuwendet. Die Holding will auf dem Erfolg im Bereich der Haustierversicherungen aufbauen und ein globales Lebensversicherungssegment entwickeln. So soll neben den Konsumgütern ein zweites Standbein entstehen. Angefangen wurde damit schon 2021.
Lebens- und Heimtierversicherungen
JAB ist im Sektor Haustierversicherungen hauptsächlich durch die Tochterfirmen Independence Pet Holdings und die Pinnacle Pet Group aktiv. Die beiden Plattformen umfassen rund 20 Versicherungsanbieter in verschiedenen Ländern und bilden eine Gruppe, zu der auch andere Dienstleistungen der Tiergesundheit – etwa Tierkliniken – gehören. Tiergesundheit macht rund 30% des JAB-Vermögens aus.
Das Geschäft rund um Haustiere ist auch für Private-Equity-Firmen immer interessanter geworden. Sie kaufen Tierfutter-Discounter und Tierarztpraxen auf, um sie zu größeren Einheiten mit regionalem Monopol zusammenzufügen. EQT erwarb Zooplus und Cinven stieg bei Fressnapf ein. Ebenfalls EQT ist Mehrheitseigner beim Tierarztkonzern IVC Evidensia. Das Geschäft ist verlässlich, weil die meisten Menschen auch dann, wenn es ihnen finanziell schlechter geht, nicht am Haustier sparen.
„Volatilität verringern“
Im Februar kaufte JAB für einen kolportierten Preis von 3 Mrd. Dollar die New Yorker Prosperity Life Group, ein Versicherer mit einem Vermögen von mehr als 25 Mrd. Dollar, der die Basis für eine globale Plattform bilden soll. „Die inverse Korrelation zwischen dem Konsumgüter- und dem Versicherungssektor aufgrund unterschiedlicher Sensitivitäten gegenüber Faktoren wie Zinssätzen führt zu einer Absicherung, die die Volatilität unseres Portfolios verringern wird“, erklärte JAB im Jahresbericht.