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Roms gefährlicher Kurs

Die Herausforderungen Roms sind in diesem Jahr groß. Ohne die Hilfe Brüssels geht es nicht. Doch die Regierung Meloni setzt in vielem Punkten auf Konfrontation gegenüber der EU. Ein gefährlicher Kurs.

Roms gefährlicher Kurs

Italien

Gefährlicher Kurs

Von Gerhard Bläske

Nach zweiwöchiger Krankheit meldete sich Italiens Premierministerin Giorgia Meloni jetzt zurück. Mehr als drei Stunden stellte sie sich den Fragen der Journalisten. Sie gestand ein, dass Italien vor einem "komplexen Jahr" steht. Die größten Herausforderungen seien wirtschaftlicher Natur.

Vor allem im Verhältnis zu Brüssel hat es zuletzt erhebliche Friktionen gegeben. Nur zähneknirschend stimmte Rom dem deutsch-französischen Kompromiss zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu. Denn die Möglichkeiten des hoch verschuldeten Italiens, neue Schulden zu machen, sind nun erheblich eingeschränkt. Praktisch im Gegenzug lehnte das Abgeordnetenhaus die Ratifizierung der Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ab. Damit verhindert allein Italien das Inkrafttreten.

Umstrittene Liberalisierung

Meloni bestreitet jedoch, dass es sich um eine Retourkutsche handelt. Auch dass es Spannungen in der Regierung gibt, die unübersehbar sind, weist sie zurück. Doch Differenzen gibt es etwa nicht nur beim ESM und der viel zu großzügigen Förderung der ökologischen Sanierung von Gebäuden. Auch die von der EU verlangte Liberalisierung von Märkten ist intern umstritten und verursacht Probleme mit Brüssel.

Die Haltung Roms ist ein großer Fehler. Denn Italien braucht Europa. Das gestand auch Meloni unumwunden ein. Rom braucht die Mittel aus den diversen europäischen Programmen vor allem, weil das Wachstum schwächer ist als erwartet, die Zinsen wohl noch eine Weile hoch bleiben und die Regierung weiter Steuern senken will. Das wird mit den Verpflichtungen des neuen Stabilitäts- und Wachstumspakts schwieriger. Meloni will die Ausgaben senken, doch das hat schon in der Vergangenheit nicht geklappt. Die Privatisierung der Bank Monte dei Paschi soll fortgesetzt werden und auch an den Verkauf von Anteilen an der Post sowie der Staatseisenbahn denkt die Premierministerin. Doch die bis 2026 angepeilten Privatisierungserlöse von 20 Mrd. Euro sind viel zu hoch gegriffen.

Ohne eine kooperativere Haltung gegenüber Brüssel und eine Umsetzung der Reformen, die das Land auf Dauer wettbewerbsfähiger machen, kann Italien die Herausforderungen nicht meistern. Als ihre wichtigsten Vorhaben, neben der Direktwahl des Premierministers und einer Wahlrechtsreform, die die Regierungen stabiler machen soll, bezeichnet sie tiefgreifende Reformen der Bürokratie und der Justiz, die für ihre extrem langen Verfahren bekannt ist. Das schreckt Investoren ab. Doch die Widerstände in der Verwaltung, aber auch in der Regierung sind groß.

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